Süddeutsche Zeitung

Reiserecht:Was der Krieg in der Ukraine für den Urlaub bedeutet

Lesezeit: 2 Min.

Wann darf eine Reise kostenlos storniert werden? Und was gilt, wenn der Flug annulliert wird? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Eva Dignös

Kann man, wenn gar nicht weit weg in Europa Krieg geführt wird und Menschen sterben, über Urlaub nachdenken? Es sind moralische Fragen, die gerade abgewogen werden müssen. Aber auch ganz praktische. Was gilt, ...

  • wenn man aus Angst lieber zu Hause bleiben möchte?

Eine Pauschalreise darf kostenlos storniert werden, wenn "unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände" deren Durchführung oder die Beförderung zum Urlaubsort "erheblich beeinträchtigen". Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts ist dafür ein Indiz. Für die Ukraine wurde sie ausgesprochen, für Russland jedoch nur für die Grenzregionen im Süden, für andere osteuropäische Staaten gar nicht. Wer dort einen Urlaub gebucht hatte und ihn nun lieber nicht antreten möchte, kann zwar zurücktreten, muss aber mit Stornokosten rechnen. Je näher die Abreise rückt, umso höher fallen sie in der Regel aus. Auch eine Reiserücktrittskostenversicherung hilft in diesem Fall nicht. Sie springt nur ein, wenn man beispielsweise vor der Abreise krank wird. Angst hingegen wird nicht als Rücktrittsgrund akzeptiert.

Wer noch nicht gebucht hat, kann sich - meist gegen Aufpreis - mit den Flex-Tarifen der Reiseveranstalter und Airlines etwas mehr Spielraum verschaffen. Solche Reisen können in der Regel kurzfristig noch abgesagt oder umgebucht werden. Auch viele Hotels kommen ihren Gästen entgegen, manche Häuser akzeptieren eine Absage noch am Anreisetag, ohne Geld zu verlangen. Blind auf Kulanz verlassen sollte man sich allerdings nicht: Die Lektüre des Kleingedruckten ist vor der endgültigen Buchung wichtiger denn je.

  • wenn der Flug gestrichen wird?

Die Sperrung des russischen Luftraums zwingt Airlines, Flugrouten zu ändern. Sollte eine Verbindung deshalb annulliert werden, muss die Fluggesellschaft entweder einen Ersatzflug anbieten oder innerhalb von sieben Tagen die Ticketkosten erstatten, so ist es in der EU-Fluggastrechteverordnung geregelt. Eine zusätzliche Entschädigung gibt es nicht, weil die Fluggesellschaft für die Situation nicht verantwortlich ist.

  • wenn die Reederei die Kreuzfahrtroute ändert?

Keine Ostsee-Kreuzfahrt ohne einen Stopp in St. Petersburg - normalerweise. Die zweitgrößte russische Stadt mit Sehenswürdigkeiten wie der Eremitage oder der Peter-Paul-Festung wird von vielen Reedereien angelaufen. Einige große Anbieter wie MSC Cruises, Tui Cruises oder Aida Cruises haben den Stopp in St. Petersburg allerdings jetzt für die Sommersaison aus dem Programm gestrichen. Stattdessen werden die Häfen von Riga, Oslo, Kopenhagen oder die schwedische Insel Gotland mit dem Städtchen Visby angesteuert.

Das ist nach Ansicht des Reiserechtsexperten Paul Degott eine "erhebliche Leistungsänderung" und gibt Passagieren das Recht, die Reise kostenlos zu stornieren. "St. Petersburg ist ein Schwerpunkt so einer Kreuzfahrt. Visby beispielsweise ist sicherlich keine wertgleiche Alternative dazu", sagte der Anwalt der Nachrichtenagentur dpa.

Reagieren müssen Kunden, sobald die Reederei sie über die neue Route informiert. "Schweigen ist in dem Fall eine Einverständniserklärung mit den Änderungen", betont Degott. Wird das Programm geändert, wenn man schon an Bord ist, kann man versuchen, einen Teil des Reisepreises zurückzufordern. Sonderlich hoch fallen die Erstattungen in der Regel allerdings nicht aus, so die Erfahrung von Degott: Bei Kreuzfahrten werde davon ausgegangen, "dass schon der Aufenthalt auf dem Schiff selbst Erholungswert hat, den man sich als Reisender anrechnen lassen muss".

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