Kreuzfahrten sind im deutschen Reisemarkt längst eines der wichtigsten Segmente. Das zeigen auch dieses Jahr wieder die Wachstumszahlen, die der Weltverband der Branche, die Cruise Lines International Association (Clia), und der Verband der Deutschen Reisewirtschaft DRV vergangene Woche auf der Tourismusmesse ITB präsentiert haben. Das Umwelt-Image der Kreuzfahrtbranche schwimmt hingegen nicht auf dieser Erfolgswelle.
Nun aber soll die Branche sauberer werden - das zumindest hat Helge Grammerstorf, Deutschlanddirektor der Clia, auf der ITB angekündigt. Bis zum Jahr 2030 soll der CO₂-Ausstoß der weltweiten Kreuzfahrtflotte um 40 Prozent reduziert werden. Referenzgröße ist dabei das Jahr 2008. Der Schadstoffausstoß der Schiffe sei gut dokumentiert und diene als Grundlage dafür, die Emissionen zu senken.
Erreicht werden soll das Ziel durch eine kontinuierliche Effizienzsteigerung der Motoren. Schon heute sei der Treibstoffverbrauch dank permanenter Effizienzsteigerung um 70 Prozent geringer als noch vor 20 Jahren, sagt Grammerstorf. Und das, obwohl die Passagierkapazität in diesem Zeitraum beträchtlich gestiegen ist: Gab es vor zwanzig Jahren 370 000 Betten, sind es nun 440 000 auf der weltweiten Kreuzfahrtflotte. So paradox es klingen mag: Der Pro-Kopf-Ausstoß an Schadstoffen verringert sich, je größer ein Schiff ist. Auch neuartige Schiffsanstriche mit Nanopartikeln, oder Air Lubrication, Sauerstoffbläschen am Schiffsrumpf, die den Widerstand minimieren, sollen dazu beitragen, den Treibstoffverbrauch weiter zu senken. "Die umweltfreundlichste Tonne Treibstoff ist immer die, die wir nicht benötigen", sagt der Verbandschef.
Eine weitere Maßnahme zur Schadstoffreduzierung sei die Nachrüstung älterer Schiffe mit Abgasreinigern oder Scrubbern. Von den 253 Schiffen der Clia-Mitglieder waren 2018 erst 111 mit einem Abgasnachbehandlungssystem ausgestattet. Im Vorjahr waren es 99. "Die Systeme zur Abgasnachbehandlung bringen eine Schadstoffreduktion um bis zu 90 Prozent", sagt Grammerstorf. Vor allem aber drei Buchstaben sollen Abhilfe bringen: LNG, Flüssiggas, ist laut Grammerstorf die zur Zeit beste Technik. Allerdings fährt mit der Aidanova, die vergangenen Dezember in Dienst gestellt wurde, weltweit erst ein Kreuzfahrtschiff damit. Bis 2027 sollen es 26 LNG-Schiffe sein.
Für Sönke Diesener, Verkehrspolitischer Sprecher beim Nabu, sind weder LNG und schon gar nicht Abgasnachbehandlungssysteme wirklich "zielführend", denn sie brächten wenig bis gar nichts, um das klimaschädliche Treibhausgas CO₂ zu reduzieren. "Es wird weiterhin auf fossile Brennstoffe gesetzt" - und somit weiter CO₂ freigesetzt, so Diesener. Der große Wurf sei das nicht. Der Weg zur CO₂-Neutralität führe nur über neue Technologien.
Schiffsbauingenieure, allen voran in der Meyer Werft in Papenburg, forschen intensiv an neuen Antrieben, etwa mit Wasserstoff und Brennstoffzellen. Noch aber sind sie eine Zukunftsvision - wie auch die emissionsfreie Kreuzfahrt. LNG allein führt da nicht hin, doch es ist immerhin der derzeit sauberste Brennstoff, das bestätigen auch Umweltschützer.
Ungeachtet aller Kritik zeigen die Indikatoren auf weiteres Wachstum. Die Clia schätzt, dass 2019 circa 30 Millionen Passagiere weltweit eine Kreuzfahrt machen werden. In Deutschland waren es vergangenes Jahr vorläufig geschätzte 2,26 Millionen Passagiere - eine Steigerung von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Erstmals wurde die Zahl von 20 Millionen Passagiernächten überschritten. Deutschland ist nun wichtigster Quellmarkt für Kreuzfahrten in Europa. Ein Grund mehr, weshalb besonders die deutschen Anbieter jubeln: Deutsche Passagiere fahren am liebsten auf deutschsprachigen Schiffen, etwa mit Aida, Tui Cruises, Hapag-Lloyd Cruises, aber auch mit MSC oder Costa. Und auch wenn eine Kreuzfahrtstudie 2018 zum Ergebnis kam, dass Verbraucher Kreuzfahrten entweder lieben oder hassen: Drei von vier Kreuzfahrtgästen planen nach ihrem Urlaub, wieder an Bord zu gehen.