Kreuzfahrt:Unter Quarantäne

Immer mehr Länder verweigern Kreuzfahrtschiffen die Einfahrt in ihre Häfen, Kreuzfahrt-Gäste werden mit Steinen beworfen, ein Deutscher infiziert sich auf dem Nil: Auf die Branche kommen harte Zeiten zu.

Von Ingrid Brunner

COVID-19 epidemic caused by new coronavirus

Und wieder ein Kreuzfahrtschiff unter Quarantäne: Die ´Grand Princess´ lag mehrere Tage vor der Küste bei San Francisco, weil sich Passagiere und Crew-Mitglieder mit dem Corona-Virus infiziert hatten.

(Foto: AFP)

Corona hat das bislang erfolgsverwöhnte Kreuzfahrtgeschäft erschüttert. Naturkatastrophen? Kriege? Solche Probleme umschiffte die Branche stets elegant durch Umleiten der Dampfer. Doch das Virus bereitet den Reedereien nun ernsthafte Probleme: Feste Routen werden Makulatur, weil immer mehr Häfen die Einfahrt verweigern.

So verboten einige Karibikstaaten Schiffen von Costa und MSC das Anlegen, weil Italiener an Bord waren. Auch die Reise eines Aida-Schiffes wurde zur Odyssee, nachdem sie der Hafen St. Lucia abgewiesen hatte. Nach langem Hin und Her und acht anstelle von fünf Seetagen machte der Kapitän schließlich in Fort de France, Martinique, fest. Hinzu kommt, dass die Stimmung in den Zielländern kippt.

Soziale Medien berichten von Protesten auf Martinique. Im Indischen Ozean wurde die Sun Princess erst in Madagaskar und Mauritius abgewiesen und fuhr dann weiter zur Insel La Réunion, wo wütende Einheimische das Schiff mit Steinwürfen empfingen. Tatsächlich ist die Lage ernst, denn es werden immer neue Infektionen bekannt.

Diese Woche starb der erste deutsche Patient am Virus: Ein 60 Jahre alter Feuerwehrmann aus Hamburg war auf Nilkreuzfahrt positiv getestet worden und starb wenig später in einer Klinik in Hurghada. Die indische Regierung ergreift nun drastische Maßnahmen und verweigert seit dieser Woche allen Kreuzfahrtschiffen die Einfahrt in indische Häfen. Einen ähnlichen Schritt erwägt Malaysia. Auch die Seychellen und die Vereinigten Arabischen Emirate sperren ihre Häfen für Kreuzfahrtschiffe.

Das Auswärtige Amt macht seit 4. März in einem Reisehinweis darauf aufmerksam, dass auf Kreuzfahrtschiffen ein "erhöhtes Quarantäne-Risiko besteht". Der Börsenwert der Kreuzfahrtkonzerne Royal Caribbean Cruises, NCL und Carnival ist zuletzt um bis zu 27 Prozent geschrumpft.

Doch NCL-Deutschlandchef Kevin Bubolz schwärmt lieber vom Rekordjahr 2019. Zwar gebe es derzeit eine deutliche Zurückhaltung bei Neubuchungen. Stornos hagele es aber nicht, betont er. Aber dass momentan alles vorläufig ist, alle geplanten Routen unter Vorbehalt stehen, räumt auch er ein.

Christian Hein, Geschäftsführer von MSC Deutschland, erklärt, die Nachfrage nach Kreuzfahrten sei gedämpft, "wir verzeichnen etwas weniger Neubuchungen als im Vorjahreszeitraum". Er kündigt Kulanz bei Umbuchungen und Stornierungen an. Das tun aktuell fast alle Anbieter. Doch statt Geld zurück gibt es Gutscheine für die nächste Kreuzfahrt.

Die Pressestellen von Aida, Tui Cruises und Costa lassen fast unisono lediglich verlauten, der Umgang mit Krankheitsfällen an Bord sei Alltagsgeschäft und die Gesundheit der Passagiere habe oberste Priorität. Zum Buchungsverhalten äußern sie sich ausweichend. Doch nachdem die italienische Regierung das ganze Land zur Sperrzone erklärt hat, wächst die Sorge um die bevorstehende Mittelmeersaison. Costa Cruises fährt zunächst bis 3. April keine italienischen Häfen mehr an.

Thomas Tibroni, Geschäftsführer des kleinen Kreuzfahrtportals Meravando, verzeichnet Buchungsrückgänge bis zu 50 Prozent. Er hält es für möglich, dass das Kreuzfahrtgeschäft - zumindest für kurze Zeit - ganz zum Erliegen kommt und hat Buchungen zunächst für den März ganz ausgesetzt. Er folge damit dem Rat von Gesundheitsminister Jens Spahn, Menschenansammlungen von mehr als 1000 Personen zu meiden.

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