Nachhaltigkeit bei Kreuzfahrten:Der lange Weg zum klimaneutralen Schiff

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Eine schwierige Aufgabe: So große Schiffe wie die "Freedom of the Seas", hier im Hafen von Miami, klimaneutral zu betreiben, ist das große Ziel. Wie man dorthin kommt, ist noch nicht ausgemacht. (Foto: Joe Raedle/Getty Images via AFP)

Immerhin: Die Reedereien haben sich ambitionierte Ziele gesteckt. Die Frage ist, wie sie diese erreichen können.

Von Ingrid Brunner

Normalerweise veröffentlicht der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) jeden September sein Kreuzfahrtranking. Ein medienwirksames Mittel, um den Kreuzfahrtgesellschaften Zeugnisse auszustellen. Meist waren die Zensuren für Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit wenigen Ausnahmen wenig zufriedenstellend. Dieses Jahr verzichtet der Nabu auf sein Ranking und hat stattdessen die wichtigsten Teilnehmer auf dem deutschen Markt - Aida, MSC, Tui Cruises - zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Thema: "Die Zukunft der Kreuzschifffahrt in Zeiten von Pandemie und Klimakrise." Herrscht nun plötzlich Harmonie zwischen einstigen Gegnern?

"Nein, wir sind und bleiben kritische Begleiter, doch die Branche ist durch die Pandemie maximal gebeutelt und deswegen sind auch kaum neue Schiffe auf den Markt gekommen", sagt Malte Siegert vom Nabu Hamburg. Anstelle des Rankings stellt der Nabu einen ehrgeizigen Zeitplan auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2050 vor. So fordert er unter anderem den sofortigen Stopp der Schwerölnutzung, den uneingeschränkten Einbau von Stickoxidkatalysatoren und Rußpartikelfiltern - bis 2023.

Beim Verzicht auf Schweröl wurden die Versprechungen der Reedereien nicht eingehalten

Was das Ziel angeht, demonstrieren die Reedereien Einigkeit. Strittig ist dagegen der Zeitplan. Und das Wie, sagt Christian Hein, Deutschland-Geschäftsführer der Reederei MSC. "2050 werden wir klimaneutral. So viel steht fest. Wir wissen heute nur noch nicht, wie es geht." Man beteilige sich jedenfalls an den aktuellen Entwicklungen. Die Branche hat die Zeichen der Zeit erkannt, die europäischen Anbieter bekennen sich zum Pariser Klimaschutzabkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen sowie zum Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Wie ernst dies gemeint ist, werde die Zeit zeigen, sagt Malte Siegert, er erkennt aber an, dass die Anbieter auf dem europäischen Markt für das Thema sensibilisiert sind. Siegerts Nabu-Kollege Sönke Diesener ist vorsichtig optimistisch; der Ton sei konstruktiver geworden zwischen den Parteien, doch er sagt auch, dass die Kreuzfahrtindustrie etwa bei der Nutzung von Schweröl schon viele Versprechungen gegeben habe, die sich im Nachhinein als Lippenbekenntnisse herausgestellt hätten.

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In Deutschland macht der zum weltgrößten Kreuzfahrtkonzern Carnival gehörende Marktführer Aida vor, wie der Weg zur Klimaneutralität aussehen könnte. So sei man bei den LNG-Schiffen, die mit Flüssiggas angetrieben werden, vorangegangen, sagt Hansjörg Kunze, Kommunikationschef von Aida - mit Signalwirkung für die Branche: Seit der Inbetriebnahme des ersten LNG-Schiffes Aida Nova im Dezember 2018 kommen nun vermehrt LNG-Schiffe auf den Markt. In der Aida-Flotte fährt aber erst eines der 13 Schiffe mit LNG. Ein weiteres LNG-Schiff, die Aida Cosma, soll im Dezember in Dienst gestellt werden.

2030 soll es Null-Emissionsschiffe geben. Ob der Termin aber realistisch ist?

Nabu-Mann Siegert sieht die LNG-Schiffe ohnehin nur als Brückentechnologie. Das Gas verbrennt zwar nahezu schadstofffrei, doch es bleibt die Tatsache, dass es ein fossiler Brennstoff ist und CO2 emittiert. In Zukunft könnten diese Schiffe auch mit synthetischem Flüssiggas betankt werden, falls dieses in so großen Mengen mit erneuerbaren Energien hergestellt werden kann.

2030 will Aida das erste Null-Emissionsschiff in Betrieb nehmen, kündigt Kunze an. Der Wettlauf hat begonnen, jeder will der erste sein. "Race to the top" nennt das Lucienne Damm. Sie ist Umweltmanagerin bei Tui Cruises, war früher für den Nabu tätig und arbeitet nun daran mit, Tui Cruises auf das Post-Karbon-Zeitalter vorzubereiten. 2030 will Tui Cruises klimaneutrales Reisen anbieten, kündigt Damm an.

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Zunächst gelte es aber, das Machbare zu tun, nämlich die Bestandsflotte umzurüsten. Die Motoren müssen fit gemacht werden für neue Antriebsstoffe, das setzt das Einverständnis der Motorenhersteller voraus. Zudem müssten die Energieeffizienz auf den vorhandenen Schiffen gesteigert, Einsparpotenziale beim Kraftstoffverbrauch genutzt werden. "Das klingt vielleicht nicht so sexy", sagt Lucienne Damm, aber so werden bereits heute mehr als 20 Prozent Energie eingespart - ein beträchtlicher Beitrag zum Klimaschutz. Generell langsameres Fahren und Smart Routing - Streckenoptimierung und das Umfahren von Stürmen, verringerten den Spritverbrauch erheblich.

MSC entwickelt mit der italienischen Werft Fincantieri ein Hochseeschiff mit Wasserstoffantrieb. Aber ob dies bis 2030 einsatzbereit ist? Es gebe einfach zu viele Unbekannte, erklärt MSC-Mann Hein: Verfügbarkeit alternativer Brennstoffe, Machbarkeit, Infrastruktur und der künftige technische Standard seien noch völlig unklar.

Synthetische Kraftstoffe sind ein hehres Ziel. Schneller erreichbar sind Landstromanlagen in den Häfen

Bei Aida arbeitet man an riesigen Batterien an Bord, die je nach Fahrsituation Energie abgeben und speichern können. Aida Nova wird noch in diesem Jahr die bisher größte Brennstoffzelle an Bord eines Passagierschiffes mit einer Leistung von 200 Kilowatt erhalten. Woher all der Strom kommen soll, um die Dekarbonisierung hinzubekommen, ist unbekannt. Klar ist hingegen, dass Deutschland nicht in der Lage sein wird, diesen in ausreichender Menge herzustellen. Um alternative, grüne Brennstoffe wie Wasserstoff oder synthetische Produkte wie Methanol oder Ammoniak zeichnet sich bereits jetzt ein Verteilungskampf zwischen Industrie, Luftfahrt und der vergleichsweise kleinen Kreuzfahrtbranche ab. Malte Siegert hält dies für den Knackpunkt der Energiewende in der Kreuzfahrt. "Der Strom für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen muss aus Ländern kommen, die viel Potenzial für Wind- und Solarstrom haben", erklärt Siegert. Kapazitäten, die erst aufgebaut werden, Stromleitungen, die erst verlegt werden müssen.

Es ist also noch ein weiter Weg zur Klimaneutralität. In deutschen Häfen hingegen dürfte es bald Verbesserungen geben: Rostock-Warnemünde hat seit kurzem Landstrom, ebenso wurde in Kiel eine Anlage eingeweiht. In Bremerhaven ist die Anlage beschlossen. Und in Hamburg, das bislang nur in Altona eine kaum genutzte Landstromanlage hat, wird es von 2023 an an allen Kreuzfahrtterminals Landstrom geben. Auch wenn dies nur ein winziger Beitrag zum globalen Klimaschutz ist: Die Einwohner der deutschen Hafenstädte dürften bald deutlich bessere Luft atmen. "Alle Schiffe ab Baujahr 2007 sind landstromfähig, viele sind bereits ausgerüstet", sagt Sönke Diesener. "Nun müssen die Schiffe aber auch ans Kabel."

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