Verkehrswende:Bitte draußen bleiben

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In Kopenhagen fehlt eine funktionierende Opposition gegen den Umweltschutz - deshalb läuft's für Radfahrer. (Foto: Jochen Tack/imago images)

Kopenhagen will Verbrenner-Autos aus der Innenstadt verbannen. Das lässt München ziemlich alt aussehen.

Glosse von Joachim Becker

Aus Sicht eines Münchners liegt Kopenhagen ziemlich weit oben auf der Landkarte. Die Nordlichter kommen auf allerhand komische Ideen. In Kopenhagens rebellischem Stadtteil Christiania wurde das Lastenfahrrad erfunden, und die Ringstraßen am Hafen mussten zum großen Teil neuen Radwegen und Fußgängerzonen weichen. Jetzt will die dänische Hauptstadt auch noch Verbrennerautos von 2030 an aussperren. Das wird in Hinblick auf die soziale Verträglichkeit und den Ausbau der Lademöglichkeiten konkret geprüft. Meinen die das tatsächlich ernst mit dem Klimaschutz?

In München wäre so etwas undenkbar. Um es klar sagen: In Kopenhagen fehlt eine funktionierende Opposition gegen den Umweltschutz. Alle Parteien im Stadtrat unterstützten die sogenannten "Null-Emissions-Zonen". Selbst der Verband der Automobilimporteure spricht sich dafür aus. Die Importeure? Das muss man sich einmal vorstellen: Das sind nicht zuletzt die hiesigen Automobilhersteller, die sich in Kopenhagen bereits auf eine elektrifizierte Zukunft eingestellt haben. Das ist so, als ob BMW eine "Null-Emissions-Zone" innerhalb des Münchner Altstadtrings fordern würde.

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Klar, für die Autohersteller ist es ein glänzendes Geschäft, wenn die Leute auf neue Elektroautos umsteigen. Aber in München wäre das trotzdem unvorstellbar, weil in der Stadt lieber über Euro-5-Diesel diskutiert wird. Kapiert denn niemand in Kopenhagen, dass viele Münchnerinnen und Münchner ihr Gewohnheitsrecht einklagen wollen, die Innenstadt weiterhin mit hohen Mengen an Stickoxiden zu verpesten? Und dass sie dabei natürlich von der CSU unterstützt werden - jener Partei, aus der die Verkehrsminister stammen, die den Dieselskandal nie richtig aufgearbeitet haben?

Was die Kopenhagener von hiesigen Autofahrerparteien lernen könnten: wie man Klagen gegen geplante Verbrennerverbote vorbereitet. Auf gerichtlichem Weg ließe sich das sicherlich noch ein paar Jahre hinauszögern. Worin die Deutschen aber wirklich unübertroffen sind: mit Zweidrittelmehrheit gegen ein Verbrennerverbot ab 2035 zu sein und gleichzeitig mit Zweidrittelmehrheit einen hohen Stellenwert für den Umweltschutz zu fordern, wie es eine Veröffentlichung des Umweltbundesamtes mit dem schönen Titel "25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort" aktuell zeigt.

Umweltschutz ist in Deutschland eine Art von Jo-Jo-Spiel. Aufwärts geht es mit der Besorgnis immer dann, wenn die menschengemachten Katastrophen akut werden. Das war bei den nuklearen Super-GAUs in Tschernobyl und in Fukushima der Fall, aber auch kurz nach der deutschen Wiedervereinigung, als die Altlasten der DDR publik wurden. Zwischenzeitlich klingt die Alarmstimmung dann wieder etwas ab, der Puls und das Gefühl der Umweltgefährdung sinken. Und der alte Diesel tut es noch ein paar Jährchen.

Der Autor hatte eigentlich gar keine Zeit, diese Kolumne zu schreiben: Er wurde (wie alle anderen) vom Frühling überrascht. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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