Kommentar:Clooney und der Sultan

Die Macht des Kunden: Wo man sein Geld hinträgt fürs Übernachten und Essengehen, ob man eine große Hotelkette wählt oder bei einer Familie wohnt, einen sozial eingestellten Reiseveranstalter wählt oder nicht - das macht den Unterschied.

Von Monika Maier-Albang

George Clooney, der ja längst mehr ist als ein Schauspieler, hat seine Popularität genutzt und eine Menschenrechtskampagne angestoßen: Er ruft auf zum Boykott von Luxushotels, die sich im Besitz des Sultans von Brunei befinden. Dieser, Hassanal Bolkiah, 72 Jahre alt, seit 1967 im Amt und als solcher oberster Hüter der islamischen Staatsreligion, hatte Anfang April eine Verschärfung des Scharia-Rechts in seinem Sultanat verordnet. Homosexuellen droht nun die Todesstrafe durch Steinigung.

Nun war Brunei, der Kleinstaat auf der Insel Borneo, schon früher kein Ort, an den man mal nett gereist wäre, um die goldene Kuppel der Sultan-Omar-Ali-Saifuddin-Moschee zu sehen oder Nasenaffen im Regenwald zu beobachten. Touristinnen müssen hier Knie und Schultern bedecken, niemand darf in der Öffentlichkeit rauchen, Alkohol trinken oder Zärtlichkeiten austauschen. Und, so empfiehlt das Auswärtige Amt, auch auf gelbe Kleidung sollte man verzichten. Die ist dem Sultan vorbehalten. Brunei gehört zu jenen Ländern, bei denen das Auswärtige Amt Urlauber darum bittet, sich in eine Krisenvorsorgeliste einzutragen, damit die Behörde im Zweifelsfall rasch helfen kann.

Clooney hat eine gute Boykott-Variante gewählt: Denn dieser richtet sich nicht gegen die Menschen im Land, die ja bestraft genug sind. Er richtet sich gegen die Herrscherfamilie, die still und bislang weitgehend unbemerkt am Tourismus verdient hat über eine internationale Hotelkette. Die neun Hotels der Brunei Investment Agency firmieren unter dem Namen Dorchester Collection, man kann, wenn man viel Geld hat, in England, Frankreich und Italien dort übernachten. Die Kette beeilte sich, darauf hinzuweisen, dass man für "Inklusion, Diversität und Gleichheit" stehe und nichts zu tun habe mit dem, was in Brunei vor sich gehe. Das sei ein religiöses und politisches Thema. Also eine andere Sphäre als die der schönen Tage am Pool.

Aus Sicht des Unternehmens ist die Reaktion verständlich, inhaltlich ist sie trotzdem falsch. Weil Reisen eben nie unpolitisch ist. Wo man die Euros hinträgt fürs Übernachten und Essengehen, ob man eine große Hotelkette wählt oder einer Familie Geld zukommen lässt, ob man einen sozial eingestellten Reiseveranstalter wählt oder nicht - das macht nun mal einen Unterschied. Das Problem ist eher, dass auch bewusst Reisende sich schwertun herauszufinden, bei welchen Hotels in Ägypten, Thailand oder Kambodscha das Militär mitverdient. Man googelt doch eher selten stundenlang vor einer Reise. Umso besser, wenn es jemanden wie Clooney gibt, der solche Verbindungen offenlegt.

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