Kolumne: Hin und weg:Einmal um den Mond schwimmen

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Eine Runde um den Vollmond schwimmen – kein Problem, zumindest am 20. Juli im Grünwaldsee. (Foto: TVB Obertauern)

In Österreich gelten Vollmond und Sonnwende inzwischen als Lichterspektakel der Spitzenklasse, ob zu Wasser oder in den Bergen. Aber was, wenn beide Termine auf einen Tag fallen?

Glosse von Dominik Prantl

Die Österreicher an sich tun ja so ziemlich alles, um ihr Land an den Mann und die Frau zu bringen, so rein touristisch betrachtet. Dass dort im Winter ständig künstlicher Schnee durch die Lüfte flattert, ist längst bekannt, doch auch im Sommer wird längst auf Teufel komm raus genutzt, was Sonne, Mond und Brauchtum so hergeben. So wurden in Tirol erst vor wenigen Wochen quasi im Namen des Herrn die sogenannten Herz-Jesu-Feuer entfacht, wo doch jeder noch nicht gänzlich vom Lagerfeuerrauch umnebelte Geist wittern muss, dass dies vielleicht nicht im Auftrag, aber doch mit dem Segen der örtlichen Marketingbüros geschieht. Nun, nur zwei Wochen später, sollen die Alpen im Schein der sogenannten Sonnwendfeuer leuchten. Von denen hat sich sogar die Unesco anstecken lassen. Sie zählt die Bergfeuer der Tiroler Zugspitz-Region seit 2010 zum immateriellen Weltkulturerbe.

Weiter östlich in Österreich, wo es zwar keine echten Berge gibt, aber nicht nur der Frühling sein blaues Band namens Donau durchs Land ziehen lässt, kann man wiederum an Sommersonnwendschifffahrten teilnehmen. Alleine durch die bloße Silbenansammlung stellen diese jeden schwedischen Midsommar weit in den Schatten. Auf diversen Seiten verspricht das Internet, dass sich am längsten Tag des Jahres die „Wachauufer zu brennenden Lichtermeeren“ verwandeln. Unzählige kleine und große Schiffe legen dann „zu einem Spektakel aus Feuer und Licht“ ab. In der gleichen Gegend bietet die MS Mariandl im Juli und damit weit jenseits der Sonnwende auch noch eine „Sunset Cruise mit Feuerwerk“.

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Mit dieser Aussicht weiter nach Obertauern, wo es naturgemäß zwar keine Donau gibt, aber einen Grünwaldsee auf fast 2000 Metern. Am 20. Juli findet dort ein Vollmondschwimmen statt, bei dem – kein Witz – ein im See verankerter, leuchtender Vollmond zu umrunden ist. Die Strecke ist zwar nur 100 Meter lang, doch hat das Bergwasser selbst im Juli bei Mondlicht üblicherweise nur zehn bis 15 Grad Celsius. Der Mondkalender rät am selbigen Tag übrigens zu einem anregenden Bad sowie zum Pflanzen von Wurzel- und Wintergemüse. Geplant ist in der Hochalm anschließend trotzdem nur eine Vollmond-Party mit Biertrinken.

Am heurigen Sonnwende-Feier-Samstag (die Sonnwende an sich findet genau genommen etwas früher statt), wenn das immaterielle Kulturerbe mithilfe der Alpen-Pyromanen über die Bergbühne geht, hat es übrigens ebenfalls Vollmond. Unten läuten wir also die schon kürzer werdenden Tage ein, und oben leuchtet der Erdtrabant. Es ist eine Konstellation, die es so ähnlich schon 2027 wieder geben wird. Stellt sich die Frage, ob sich Mond und Sonnwende damit touristisch kannibalisieren – oder ob es demnächst irgendjemand zwischen Bodensee und MS Mariandl wagt, beim ersten Vollmond-Sonnwend-Spektakel durchs brennende Lichtermeer zu neuen Ufern aufzubrechen. Aber das steht noch in den Sternen.

Der Autor kann sich eher für Bergfeuer als fürs Baden in Bergseen erwärmen. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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