Süddeutsche Zeitung

Kolosseum in Rom:Krieg der Gladiatoren

Vor dem Kolosseum in Rom verkleiden sich Männer als antike Kämpfer. Zwar stirbt hier keiner mehr wie vor 2000 Jahren, aber der Job ist immer noch hart: Kriminelle wollen das Terrain für sich - wer nicht spurt, findet schon mal sein Moped verbrannt. Die Polizei greift zu kuriosen Tricks.

Andrea Bachstein, Rom

Manchmal greift Mauro auch zur Waffe, um Kunden zu überzeugen. Mit grimmiger Miene hält er den arglos Vorbeischlendernden dann das Kurzschwert vor den Bauch. Das macht er aber eigentlich nur bei Jungen und Männern, die finden so etwas lustig - ein kleines Rencontre mit einem Gladiator vor Roms Kolosseum.

Wirklich bedrohlich wirkt Mauro nicht, obwohl der magere Kerl über dem roten Kurzkleid eine abgewetzte Lederbrust nach antikem Vorbild trägt und auf dem Kopf einen Helm. Meist ruft er nur: "Foto? Foto!" Das versteht jeder. Außerdem hat Mauro in zig Sprachen genug drauf, um Touristen von Souvenirbildern mit ihm oder seinem als Julius Cäsar verkleideten Kumpel zu überzeugen - gegen einen Obolus, versteht sich.

Dutzende Männer in mehr oder weniger authentischen Kostümen verdingen sich so zwischen Kolosseum, Kaiserforen und Piazza Venezia. Zwar stirbt hier keiner mehr wie vor 2000 Jahren, aber der Job kann immer noch hart sein, nicht nur wegen der Hitze. Wie nun herausgekommen ist, haben sich Kriminelle ins Geschäft gemischt. Vor ein paar Tagen hat die Polizei zugeschlagen. 20 Leute wurden festgenommen.

Sie hatten versucht, handfest zu bestimmen, wer als Gladiator auftreten darf. Und wer den Drohungen nicht folgte, fand schon mal sein Moped verbrannt. Um die Kriminellen zu überführen, verkleideten sich die Polizisten selbst als Gladiatoren - und als sie angegriffen wurden, folgte der Zugriff. "Mit uns hier hat das nichts zu tun", sagt Darsteller Mauro. Bei ihm kassiere keiner mit, vom befreundeten Cäsar mal abgesehen. 28 Kollegen seien sie hier, die antike Kämpfer spielen, und sie alle hätten miteinander keine Probleme.

Längst hätten sie bei der Stadt beantragt, formal anerkannt zu werden, bisher vergeblich. Schließlich hätten sie diesen Beruf vor etwa 20 Jahren erst erfunden. Mauro selbst legt seit mehr als 15 Jahren Riemchensandalen an. Früher sei er Musiker gewesen, habe in Rom und Salzburg Klavier studiert. Der Job als Gladiator erwies sich dann aber als sicherer.

"Wir spüren die Krise auch"

Bei der Arbeit legen sich er und sein Freund, der Cäsar spielt, gesten- und mimikreich ins Zeug. Wie bei der fünfköpfige Familie aus Frankreich, die für ihre Fotos ausgestattet wird mit Requisiten: Helme, Stola, Schwerter oder Lorbeerkrone schmücken Kinder, Mutter und Vater. Fast eine Viertelstunde dauert das.

Am Ende steckt der Vater Julius Cäsar zehn Euro zu. Damit sind die beiden Darsteller ganz zufrieden. "Wir verlangen keinen bestimmten Betrag", sagt Mauro, "die Leute entscheiden wie viel." Wenigstens fünf Euro fänden sie allerdings angemessen. Doch so läuft es nicht immer. Zwei Russinnen geben schließlich zwei Euro. Und nur 1,50 Euro ist zwei Südamerikanerinnen ihr Shooting wert. Da sind Gladiator und Cäsar doch geschockt. "Aber was sollen wir machen", sagt Mauro. "Wir spüren die Krise auch."

Falls sie nun - wegen ein paar schwarzer Schafe - alle aufhören müssten mit dem Kostümspiel, wäre das unfair, findet Mauro. Er wüsste auch gar nicht, was er stattdessen machen soll. Mit Mitte vierzig ist man kein junger Kämpfer mehr.

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Quelle:
SZ vom 18.08.2011/dd
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