Klagen von Reisenden:Von Pommes bis Packeis

Pommes Frites

"Im Ausland kann man an das Essen nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie zu Hause": Eine Garantie auf Pommes gibt es also nicht.

(Foto: dpa)

Das Buffet nicht üppig genug oder das Urlaubsziel falsch beworben? Die kommende Reisesaison wird auch die Aktenordner der Justiz füllen. Denn viele Urlauber ziehen mit skurrilen Beschwerden vor Gericht.

Von Andreas Jalsovec

Die Händler auf der indonesischen Insel Bali können sehr aufdringlich sein. Das musste ein Reisender erfahren, der dort auf einen Vulkan stieg. Ein fliegender Verkäufer bedrängte den Urlauber derart, dass dieser stolperte und sich verletzte. Zu Hause zog der Mann vor Gericht und forderte vom Reiseveranstalter 2000 Euro zurück. Die Richter lehnten das ab: Fliegende Händler seien auf Bali etwas Alltägliches (Az. 2/24 S 218/08).

"Reisende haben oft hohe Erwartungen an den Urlaub - und an den Veranstalter", sagt der Berliner Reiserechtsanwalt Jan Bartholl. Nicht immer sei das angemessen. Auf landestypische Besonderheiten müssen sich Urlauber einstellen. Das gilt in Indonesien - dem Partnerland der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse - ebenso wie anderswo. Manchen Reisenden hält das aber nicht davon ab, wegen skurriler Beschwerden vor Gericht zu ziehen.

Fritten am Buffet

Das Buffet war ihm zu fad. Deswegen forderte der Teilnehmer einer Nilkreuzfahrt Geld vom Veranstalter zurück. Täglich wurden Nudeln und Reis gereicht. Gemüse und Fisch gab es dagegen ebenso wenig wie Pommes und Kartoffeln. Darauf jedoch müssten Reisende in der Ferne auch einmal verzichten können, urteilte das Amtsgericht Hamburg (Az. 8B C 419/09). "Im Ausland kann man an das Essen nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie zu Hause", meint Anwalt Bartholl. Zu eintönig jedoch dürfe ein Buffet auch nicht ausfallen. "Jeden Tag nur Frikadellen - das geht natürlich nicht." Was man verlangen könne, hänge vor allem vom Zuschnitt der Reise ab. "Wer im Fünf-Sterne-Hotel wohnt, darf ein anderes Essen erwarten als der Zwei-Sterne-Urlauber auf Mallorca", sagt der Anwalt. Sekt am Buffet ist jedoch auch in sehr guten Hotels nicht Pflicht.

Schnarcher im Nebensitz

Der Fluggast neben ihr schnarchte anhaltend - und das in der Business-Class. Deshalb fand eine Urlauberin auf der Rückreise von Südafrika keinen Schlaf. Sie forderte den Aufpreis für die bessere Klasse vom Reiseveranstalter zurück. Ohne Erfolg: Schnarchen sei klassenunabhängig, es finde in allen Abteilen statt, urteilte das Amtsgericht Frankfurt (Az. 31 C 842/01-83). "Schnarchende Mitreisende muss man ertragen", erläutert Ernst Führich, Professor für Reiserecht an der Hochschule Kempten. Das gilt auch für den Zimmernachbarn im Hotel oder auf dem Kreuzfahrtschiff, dessen Sägetöne durch die Wand zu hören sind. Ein Abschlag vom Reisepreis ist dagegen möglich, wenn nebenan etwa ein Ehepaar die ganze Nacht lauthals einen Streit austrägt. "Das muss man als Mitreisender nicht dulden", meint Führich. Entscheidend, so der Reiserechtler, sei die "Intensität des störenden Lärms".

Jeden Tag Frikadellen? Bloß nicht!

Packeis im Angebot

Wer Packeis verspricht, muss Packeis liefern. Diese Erfahrung machte ein Reiseanbieter, der seine Kreuzfahrt durchs Polarmeer mit der Aussicht auf meterdicke Eisschichten bewarb. Als es das nicht zu sehen gab, zogen Urlauber vor Gericht. Das Oberlandesgericht Hamburg entschied: Der Veranstalter hätte das Versprechen halten müssen (Az. 9 U 92/08). "Werden solche Zusicherungen nicht eingehalten, ist das bei Pauschalreisen ein Mangel", sagt Reiserechts-Professor Führich. Das gilt für Ziele, die im Prospekt versprochen, dann aber nicht angefahren werden ebenso wie für eine angekündigte Hotelkategorie. Naturereignisse allerdings lassen sich nicht garantieren. Regnet es auf der vermeintlichen "Sonneninsel" 14 Tage lang, ist das kein Grund, den Reisepreis zu mindern.

Staubflusen im Zimmer

Die Betten neun Tage nicht gemacht, unter der Matratze eine stattliche Ansammlung von Staub - dafür wollte ein Reisender vom Veranstalter Geld zurück. Das Amtsgericht Baden-Baden lehnte das ab (Az. 16 C 42/11). Der Schmutz stelle keinen erheblichen Mangel dar, so die Richter. "Staubflusen alleine sind kein Minderungsgrund", meint auch Anwalt Bartholl. Unhygienische Zustände - insbesondere im Bad - hält er aber durchaus für einen Grund, Geld zurück zu verlangen. Ein eindeutiger Mangel sei Ungeziefer wie etwa Bettwanzen, ergänzt Ernst Führich. Seiner Auffassung nach muss man es auch nicht hinnehmen, wenn Betten nicht gemacht werden.

Russen im Hotel

Mitreisende kann man sich nicht aussuchen. Dass 80 Prozent der Gäste in einem Hotel in der Türkei Russen waren, das wollte ein deutscher Urlauber dann aber doch nicht hinnehmen. Zumal diese sich "rüpelhaft" und "unmöglich" benommen hätten. Das Landgericht Düsseldorf wies das als Begründung für einen Abschlag vom Reisepreis zurück (Az. 22 S 93/09). "Mit anderen Nationalitäten im Hotel muss ein Reisender grundsätzlich rechnen", stellten die Richter trocken fest. Selbst wenn im Prospekt versprochen wird, das Hotel werde "von Deutschen bevorzugt", ist ein hoher Anteil an Gästen anderer Nationalitäten kein Mangel. "Damit muss man im Massentourismus leben", erläutert Ernst Führich. Rüpelhaftes Benehmen werteten die Richter bei Durchschnittsreisen in der Regel ebenfalls als "hinzunehmende Unannehmlichkeit", so der Reiserechtler. Dazu gehöre auch, wenn Mitreisende zum Essen in Badehose und Schlappen erscheinen oder deren Handy ständig klingelt.

Abflug im Privatjet

Das haben viele Urlauber schon erlebt: Der Zubringerflug zur Kreuzfahrt verspätet sich. Die Reise droht ins Wasser zu fallen, wenn man die Abfahrt verpasst. Einen Privatjet dürfen die Kreuzfahrtgäste in diesem Fall aber dennoch nicht mieten, entschied das Landgericht Köln (Az. 15 O 365/07). Was verrückt klingt, ist gar nicht so abwegig. "Im Grunde haben die Reisenden in diesem Fall das Richtige getan", sagt Anwalt Bartholl. Ist der Flug in der Pauschalreise inbegriffen, haben Urlauber das Recht auf Selbstabhilfe. Das heißt: Kann der Veranstalter nicht für einen passenden Anschluss sorgen, dürfen Reisende den frühestmöglichen Alternativflieger buchen. Gibt es mehrere Möglichkeiten, müssen sie den günstigeren Flug wählen. Der Privatjet war das aus Sicht der Richter offenbar nicht.

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