Das Reisen, es nimmt wieder Fahrt auf. Überall fallen die Corona-Hürden und -Hüllen, die Menschen wittern Frühlingsluft. Das ist eigentlich schön. Nur: Die Antwort auf die große Frage kann einem niemand abnehmen. Diese Frage lautet: Wohin?
Mittelmeer, ja, wäre schön, Griechenland zum Beispiel. Aber möchte man in ein Land, für das allein der Reiseveranstalter Tui in diesem Sommer ein Ziel von drei Millionen Gästen anpeilt? Da kann man ja gleich zu Hause bleiben. Japan wäre sicher weniger voll und auch mal wieder eine Reise wert - allein das Essen! Die Tempel in Kyoto! Die Kirschblüte! Aber: Europäer werden wegen Corona noch nicht reingelassen. Und die weite Flugreise wäre eh ein CO₂-Frevel, mal ganz abgesehen vom Kniefrevel in der Economyclass. Aber jetzt, wo der russische Luftraum nicht geöffnet ist für westliche Flugzeuge, muss auch noch ein weiter Umweg geflogen werden. Noch mehr CO₂, noch mehr Knieprobleme!
Billig ist es auch nicht. Also lieber wieder nach Deutschland? Schönes Land, nette Leute; die Sprache versteht man auch, beim Essen muss man sich auf keine Experimente einlassen. Und falls die Grenzen wieder geschlossen werden, wäre man schon da.
Günstig ist es allerdings nicht, im eigenen Land Urlaub zu machen. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes war Deutschland im Monat Februar eines der teuersten Reiseländer in Europa, was die Preise in Hotels und Restaurants anbelangt. Demnach zahlten Urlauber in Italien drei Prozent weniger als hierzulande, in Griechenland 21 Prozent und in der Türkei satte 64 Prozent weniger!
Das würde für einen ausgedehnten Türkeiurlaub sprechen - wenn da nicht Erdoğan wäre. Auf den Bergen in der Türkei liegt übrigens auch noch viel Schnee, es gab dort einen sehr kalten Frühling.
Deshalb lohnt sich ein Blick ins milde Rheinland: Bonn statt Bosporus. Die ehemalige Bundeshauptstadt wartet zurzeit mit etwas auf, wofür eigentlich Japan berühmt ist, mit der Kirschblüte. Allein in der Breite Straße steht eine Allee von mehr als 100 blühenden Kirschbäumen, die sich zu einem rosaroten Tunnel geformt haben. Ganze Busladungen von in Düsseldorf lebenden Japanern und Koreanern sollen schon unterwegs sein, heißt es, um ganz nach japanischer Tradition Hanami zu machen, wie das gemeinsame Betrachten des rosa Zaubers in Japan heißt. Wenn das mal nicht eine Steilvorlage für fast CO₂-freien Urlaub ist: Mit dem Zug nach Bonn, zu Fuß in die Altstadt gehen und sich unter all den Kirschblüten-knipsenden Düsseldorfer Japanern wie in Kyoto fühlen. Und danach in eines der ungewöhnlich vielen Bonner japanischen Restaurants essen gehen - es kann so leicht sein, exotischen Urlaub zu machen!