Böse Ruinen Hashima, wo Bonds Gegner haust Für eine Apokalypse der Moderne kann man sich kaum eine bessere Filmkulisse vorstellen als die Insel Hashima vor der Bucht von Nagasaki. Hier ist die Welt bereits untergegangen. Jedenfalls jene Welt, die von Menschen auf 6,3 Hektar Insel gebaut wurde. Einst lebten hier 5000 Kohlekumpel zusammengepfercht in neunstöckigen Betonkasernen, die Stollen waren unter dem Meeresboden. Aber seit 1974 verfällt die winzige, verdichtete Stadt, ein Albtraum der Industrialisierung. Bis vor vier Jahren war sie für Besucher gesperrt. Im James-Bond-Film Skyfall verschanzt sich der Bösewicht Raoul Silva hier (hier sehen Sie den Drehort in Bildern). Seither darf man die Insel besuchen, per Bootsausflug von Nagasaki aus. Von Bond keine Spur, man gelangt gar nicht in die Nähe der Ruinen, sondern muss auf einem Touristenpfad bleiben. Statt Spannung wie im Film herrscht hier Trostlosigkeit. Und die kann man auch von zu Hause aus besichtigen: per Google Street View. Skyfall übrigens wurde nicht in dieser realen Apokalypse gedreht, das war den Produzenten zu gefährlich. Sie bauten Hashima in den Pinewood-Filmstudios bei London nach. Christoph Neidhart
Ohne Leo "The Beach" in Thailand Maya Bay liegt versteckt hinter einem Ring aus Felsen auf der Insel Koh Phi Phi Leh in der Andamanensee. Das Wasser der Bucht ist seicht und warm, türkis ist seine Farbe, halbmondförmig der Streifen feinen Sandes, der es säumt. Kurz: Maya Bay ist exakt der Ort, von dem Touristen träumen, wenn sie sich eine einsame Insel vorstellen mit einem paradiesischen Strand, dem Strand schlechthin. Das dachte sich auch Danny Boyle, der hier "The Beach" mit Leonardo DiCaprio verfilmte. Er fügte der perfekten Kulisse nur noch ein paar Palmen hinzu, die er auf den Strand pflanzen ließ und die hinterher wieder ausgebuddelt wurden. In dem Film nach einem Roman von Alex Garland geht es um das klassische Backpacker-Sujet vom magischen Ort, den man ganz für sich alleine entdeckt, einen Ort der Freiheit, unverdorben durch den Massentourismus. Im Film scheitert dieser Traum an Verrat und Gewalt. In Realität platzt er wegen des Films. Denn vom türkisfarbenen Wasser ist nicht mehr viel zu sehen, wenn Dutzende Long-Tail-Boote laut knatternd in die Bucht einfallen und Hunderte Urlauber abladen. Das Einzige, was man hier noch entdecken kann, ist einer der Orte, die Hans Magnus Enzensberger gemeint haben muss, als er formulierte: "Der Tourist zerstört das, was er sucht, indem er es findet." Jochen Temsch
Zu cool Die "Oh Boy"-Bar in Berlin Das Berlin, durch das sich Tom Schilling in Jan-Ole Gersters großartigem Schwarz-Weiß-Film Oh Boy einen Tag und eine Nacht lang treiben lässt, hat wenig mit dem gemein, wie diese Stadt sich sonst so oft gibt. In Oh Boy ist Berlin traurig, poetisch, melancholisch, schweigsam, ein bisschen angestaubt sogar. So ist auch die Kneipe auf der Friedrichstraße, in der Tom Schilling strandet. Außer ihm sitzt in der Bar nur ein weiterer Gast, gespielt von Michael Gwisdek: ein älterer Trinker, der von seiner Kindheit im Nazi-Berlin erzählt. Bei der Kneipe, in der die Szene gedreht wurde, handelt sich um die King Size Bar, und auch sie hat im echten Leben wenig bis gar nichts mit dem gemein, wie sie im Film dargestellt wird. Denn die King Size Bar ist niemals, wirklich niemals so leer, normalerweise quetschen sich in dem kleinen, schlauchartigen Raum die schönen, coolen Berlin-Mitte-Menschen aneinander - wenn sie den Ansprüchen des Türstehers genügen. Nur die Whisky-Tumbler, in denen hier alle Getränke serviert werden, sind dieselben wie im Film. Fragt man den Barkeeper, ob Oh Boy bei den Gästen ein Thema ist, antwortet er: "Manchmal sagt schon einer, dass er die Bar aus dem Film kennt." Für weitere Reaktionen wäre sich das typische King-Size-Publikum vielleicht auch zu cool. Judith Liere Weitere Tipps fürs Nachtleben in der Haupstadt finden Sie hier.
Boah am Burj Tom Cruises Kletterturm Im vierten Teil der Filmreihe Mission: Impossible - Phantom Protokoll sind einige Produkte zu Werbezwecken platziert. Autos und Brillen werden ins rechte Licht gerückt, technische Geräte und Getränke. Aber die zweite Hauptrolle neben Tom Cruise als Geheimagent Ethan Hunt spielt ein Gebäude: das höchste der Welt, der Burj Khalifa in Dubai. 830 Meter hoch ragt er in den Himmel über der Wüste, schlank und silbern glänzend wie eine gigantische Funkantenne. Im Film klettert Tom Cruise an der Außenfassade hoch - nur mit Hilfe von haftenden Handschuhen. Touristen gelangen etwas bequemer per Aufzug empor, die meisten bis zu einer Aussichtsplattform auf 450 Höhenmetern. Sie stehen lange Schlange, rufen "Boah!" wegen der Aussicht im heulenden, heißen Wind und kaufen Souvenirs. Im Angebot sind unter anderem Kühlschrankmagnete und Kamelmilchschokolade - und ein Foto im Mission: Impossible-Stil. Die Besucher lassen sich in einer Blue Box in Kletterpose knipsen, am Computer werden sie dann agentenmäßig auf die Fassade montiert. Wie Tom Cruise, sollte man meinen. Aber der hing bei den Dreharbeiten tatsächlich außen am Turm, an Seilen, die retuschiert wurden. Die Making-of-Videos, die davon im Internet kursieren, sind aufregender als der Film. Jochen Temsch
Alles Fassade Hobbingen in Neuseeland Eigentlich dürfte Hobbingen, das neuseeländische Auenland, nicht mehr existieren: Nach Beendigung der Dreharbeiten zur Der Herr der Ringe-Trilogie im März 2000 sollten alle 37 Hobbit-Höhlen abgerissen werden. Darauf hatten sich Regisseur Peter Jackson und die Familie, der das Gelände zwei Stunden südlich von Auckland gehört, geeinigt. Planierraupen waren angerückt und hatten bereits 20 Hobbit-Wohnungen dem Erdboden gleichgemacht. Dann kam der Regen. Ein heftiger, wochenlanger Regen, der die Böden aufweichte und die Weidelandschaft, auf der einst mehr als 13.500 Schafe grasten, in einen schlammigen Morast verwandelte. Die Abrissarbeiten wurden eingestellt, 17 Hobbit-Behausungen blieben so bestehen. Heute ist Hobbingen, englisch Hobbiton, die einzige erhaltene Kulisse aus Der Herr der Ringe und das größte begehbare Filmset der Welt. Für den Hobbit (hier der offizielle Trailer) wurde das fiktive Dorf 2011 wiederaufgebaut - doch nicht aus Styropor und Fiberglas wie 1999, sondern aus echtem Holz und Stein. Nur die Hobbits fehlen. Dafür kommen an manchen Tagen bis zu 2000 Touristen, die für rund 45 Euro an einer zweistündigen Tour teilnehmen. In die Höhlen hinein dürfen sie nicht. Das wäre auch nicht besonders reizvoll, denn das idyllische Hobbingen ist reinste Fassade. Melanie Maier Wie Air New Zealand den Tolkien-Hype für sich nutzt (und andere lustige Safety-Videos), erfahren Sie hier.
Heiße Dusche Alméria, Winnetouchs Wüste Das Licht, der Staub, der Wind - eine Wüste ist ein herrlicher Drehort. Andererseits: kein fließendes Wasser, keine gemütliche Kantine. Und wo, bitte, stellt man die Horden von Schauspielern nach Drehschluss unter die Dusche? Da ist die Desierto de Tabernas in Andalusien, Spanien, ein herrlicher Kompromiss. Die einzige natürliche Wüste Europas beginnt nur ein paar Kilometer hinter der Stadt Almería - direkt hinter dem Kreisverkehr. Die Straßen sind gut, die Wege zu den Supermärkten und Hotelduschen gar nicht weit. Das wusste schon David Lean zu schätzen, als er hier Lawrence von Arabien die Zelte aufschlagen ließ. Ebenso Steven Spielberg, der im Staub einige Indiana Jones-Szenen drehte. Und Stanley Kubrick fand hier seine Mondlandschaft für 2001: Odyssee im Weltraum. In der Wüste von Tabernas findet sich heute sogar noch der Originalgalgen aus Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod. Und die Häuser drumherum kennt man aus Filmen mit Terence Hill und Bud Spencer - und aus Bully Herbigs Der Schuh des Manitu. Vor ein paar Wochen erst hat der Regisseur Ridley Scott für seinen Monumentalfilm Exodus hier Moses zusammen mit Pharao und 3000 Sklavenstatisten aufmarschieren lassen. Abends gab's in Almería keine einzige freie Dusche mehr. Martin Zips
Liebe & Beton Die "Mamma Mia!"-Insel In der Liebe wird ja generell gern ein wenig geschwindelt. Spielt sich das Ganze auf der Leinwand ab, nimmt man es auch liebend gern hin. Da sieht man dann schon mal da-rüber hinweg, wenn ein griechisches Felsenkirchlein eine ganze Hochzeitsgesellschaft fasst. Das Geheimnis: ein Kleid aus Pappmaschee für das Gotteshaus. Inzwischen ist Agios Ioannis auf "Mamma Mia Island" wieder nackt. Skopelos aber umwirbt mit der Kulisse des Abba-Film-Musicals heiratswillige Pärchen. Die Insel der Nördlichen Sporaden war lange Zeit ein verschlafenes Traumziel: grün wie kaum ein zweites Eiland der Ägäis, mit vielen einsamen Buchten. Abba-Fans lockt vor allem der Kastrani-Strand, an dem sich im Film Amanda Seyfried als Sophie und Dominic Cooper als Sky in die Arme fallen. Der Strand liegt in der Nähe des Hauptortes, der auch Skopelos heißt. Dort kann man sich in labyrinthischen Gassen verlieren, denn so bekannt die Insel nun auch ist, der Ansturm hält sich in Grenzen. Das benachbarte Skiathos ist die elegantere Schwesterinsel geblieben. Der Felsen, auf dem das Hochzeitskirchlein steht, hat den Filmemachern nicht gefallen, jedenfalls nicht das Betonplateau dort. Ein paar Kunstfelsen mussten her. Die sieht man im Film aber gar nicht. Die Kamera blickt lieber aufs Meer hinaus. Christiane Schlötzer