Eine neue Runde, eine neue Wahnsinnsfahrt: Auch am zweiten Tag der großen Umzüge der Sambaschulen durch den Sambódromo in Rio de Janeiro bieten die karnevalsverrückten Brasilianer Spektakuläres. Nachdem gestern die ersten sechs Umzüge durch das riesige Stadion gezogen sind, folgen am späten Abend des Rosenmontags weitere sechs Paraden.
Zehntausende Tänzerinnen, Trommler und Samba-Queens ziehen über die etwa 750 Meter lange Karnevalspiste und präsentieren ihre aufwändigen Kostüme und eine Choreographie, für die monatelang geübt wurde.
Den Auftakt macht dieses Mal die Schule São Clemente, die in ihrem Umzug eine alte Hexenlegende inszeniert.
Auch mehrere Zebras scheinen in der Geschichte eine wichtige Rolle zu spielen.
Die Portela-Schule schickt ein ganzes Heer Kronleuchter ins Rennen um den ersten Platz. 40 Punktrichter bewerten den 80-minütigen Umzug jeder Gruppe im Hinblick auf zahlreiche Kriterien wie Tanz und künstlerische Umsetzung des Mottos.
Auch kleine Narren bekommen in den Paraden große Kostüme.
Die Umzugswagen sind unglaublich aufwendig gestaltet, wie dieses Foto zeigt. Die Portela-Schule setzt in diesem Jahr Bilder des Künstlers Salvador Dalí in Szene.
Doch nicht nur die Wagen begeistern, vor allem auch die detailreichen Kostüme und der Enthusiasmus der Umzugsteilnehmer lassen staunen.
Besonders viel Aufmerksamkeit (zumindest der männlichen Zuschauer) bekommen jedes Jahr die Sambaköniginnen in ihren knappen Kostümen.
Und dabei wird nicht nur das Dekolleté, sondern auch die Rückpartie hüftwackelnd in Schwung gebracht.
"Pure Schönheit?" - unter diesem Slogan präsentiert sich die Schule Uniao da Ilha, durchaus mit einem gesellschaftskritischen Augenzwinkern.
Der Karnevalsverein nimmt auch die typische Miss-Wahl auf die Schippe.
Martialische Krieger führen ein paar Schrumpfköpfe spazieren.
Die Schule Beija-Flor bringt exotischen Flair auf den Paradeboulevard. Die Show wird jedoch von Vorwürfen überschattet. Einem Bericht der Zeitung O Globo zufolge soll der autokratische Präsident von Äquatorialguinea, Teodoro Obiang, den diesjährigen Auftritt der Sambaschule zu dem Motto "starkes, fröhliches und buntes Afrika" mit umgerechnet knapp 4,4 Millionen Euro unterstützt haben - was der Leiter von Beija-Flor jedoch entschieden zurückwies. Ein Sprecher sagte, die Gruppe habe von Äquatorialguinea lediglich "kulturelle Unterstützung" erhalten und Stoffe importiert. Frankreich ermittelt gegen Obiang und seinen Sohn Teodorin wegen des Verdachts der Geldwäsche und Korruption. Der Sohn soll nach einem Bericht des Fernsehsenders Globo für die Karnevalstage sieben Luxussuiten im berühmten Copacabana Palace Hotel reserviert haben.
Die psychedelischen Farbakzente der Schule Imperatriz entfalten sich für den Betrachter erst mit einigem Abstand.
Die Schule setzt außerdem noch einmal Südafrikas verstorbenem Nationalheld Nelson Mandela ein Denkmal.
Nachdem auch noch eine Parade schlüpfender Küken durch den Sambódromo marschiert ist, warten die Zuschauer nun gespannt auf den Auftritt des Vorjahressiegers, der Sambaschule Unidos da Tijuca.
Der Verein hat sich für 2015 die Schweiz als Motto gegeben und will Publikum und Punktrichter offenbar mit rot-weißer Alpen-Folklore für sich einnehmen.
Soll das Outfit der Sambakönigin etwa an ein Edelweiß erinnern?
Bücher, Bernhardiner, Holzfurnier und Karo-Pullunder: Schon interessant, was die Brasilianer mit der Schweiz verbinden.
Der Titelverteidiger zieht eine eigene Eisbahn samt Schlittschuhläuferin auf einem der Umzugswagen durchs Stadion.
Ob sich diese junge Dame wohl mit einem weiteren Küsschen für die "Karnevalskrone 2015" bedanken darf? Am Aschermittwoch wird bekannt gegeben, wer 2015 als beste Sambagruppe ausgezeichnet wird. Die sechs Bestplatzierten dürfen am Samstag noch einmal durch das von Oscar Niemeyer entworfene Samba-Stadion ziehen.