Kalifornien: Huntington Beach:Welle auf der Stelle

Lesezeit: 4 min

Im harten Wettbewerb um die an Strand und Wellen interessierten Touristen zehrt Huntington Beach in Kalifornien vom Ruhm alter Zeiten, denn Profi-Surfer kommen schon lange nicht mehr. Doch die kleine Stadt kämpft.

Katharina Riehl

Die gewisse Tragik der kalifornischen Küste wurde schon deutlich, als der Dokumentarfilmer Bruce Brown Anfang der sechziger Jahre zwei Surfbretter um die Welt verfolgte. Sein Film "The Endless Summer" erzählt die Geschichte der beiden Surfer Mike Hynson und Robert August, die dem endlosen Sommer ein Jahr lang um den Globus nachjagen. Denn dem echten Surfer, für den Wellenreiten mehr ist als eine Urlaubsbeschäftigung, können Kaliforniens Küsten kaum alles bieten, was er sucht: die perfekte Welle und das immer warme Wasser.

Surfen im Süden Kaliforniens
:Der Weg zur Welle

Mehr Sonne, mehr Strand, mehr Spaß: Für Surfer lohnt sich die Reise nach Southern California - und für alle anderen auch. Eine Tour in Bildern.

In Huntington Beach, einem Badeort südlich von Los Angeles, besaß der Surfer Robert August einst einen kleinen Laden, natürlich für Surfbretter. Heute gehört der Bretter-Shop einem von der Sonne gegerbten Typen mit dem knappen Namen "Fig", seinen schwarzen Strubbelkopf hat er unter einer Kappe versteckt.

Er ist 54, sagt er, weist aber gleich darauf hin, dass er natürlich deutlich jünger aussieht. Was er, auch klar, diesem ziemlich entspannten Lifestyle zuschreibt, über den in Huntington Beach überhaupt sehr gerne gesprochen wird.

Huntington Beach ist ein Ort, der hart an seiner eigenen Legendenbildung arbeitet. Hier, an den Stränden der Sonnenregion Orange County, ist das stressfreie Leben mit und auf dem Surfbrett eine Art touristischer Topos, den die Urlauber für ihre Aufenthalte gleich mitbuchen können. Und Huntington Beach, eine Stadt mit rund 200.000 Einwohnern, die außer ihren Wellen und ihrem gleichnamigen, breiten Streifen Sand kaum Attraktionen zu bieten hat, kämpft um ihren Status als Surfer-Hauptstadt.

Weshalb man sich den vielversprechenden Namen "Surf City" verpasst hat und Fig auch gleich den "Endless Summer" erwähnt. Stolz erzählt er, dass noch heute in Huntington Beach jedes Jahr die US-Open of Surfing stattfinden.

Zwischen der recht schmucklosen Strandpromenade und dem aufgewühlten Wasser wird gerade ein rot-schwarzes Zirkuszelt aufgebaut: In diesen Tagen gibt es in Huntington die Pier Classics, den Surf-Contest eines Schuh-Produzenten. Und auf der Hauptstraße haben sich die lokalen Wellen-Größen auf einem Surfing Walk of Fame verewigt.

Huntington Beach, im Jahr 1909 aus einer Häusersiedlung im Besitz des Immobilienhändlers Henry Huntington entstanden, lebt neben dem Tourismus und dem Surfsport vor allem vom Erdöl. Noch vor ein paar Jahrzehnten, so erzählt es zumindest Fig, gab es in der Stadt eine fest eingeschworene Beach-Community. Damals, in seinen jungen Jahren, stand der Strand voller kleiner Hütten, die Surfer billig mieten konnten.

In dieser Zeit, sagt er, kamen die Surfer aus ganz Amerika an seinen Strand. "Sie sahen, wie wir hier lebten, und blieben. Jeder hat es hier geliebt." Seit dieser Zeit hat sich Huntington Beach ziemlich verändert.

Reise-Knigge USA
:Die spinnen, die Amis

Blickkontakt im Lift, die simple Frage nach der Toilette - alles Möglichkeiten, sich im USA-Urlaub danebenzubenehmen. Das glauben Sie nicht? Ist aber so.

In den vergangenen 20 Jahren haben die ersten großen Hotels eröffnet, das riesige Hilton Waterfront Beach Resort zum Beispiel, oder zuletzt 2009 das Shorebreak Hotel in Fußnähe zum Strand. Eine noblere Adresse, nicht ganz billig, und sicher nicht der richtige Anlaufpunkt für junge Surfer, die einen Sommer lang mit ihrem Brett am Strand bleiben möchten.

Paradies für Surfer, die gerne nostalgisch werden: Huntington Beach. (Foto: AFP)

Fig beschreibt das Ende der ruhigen Zeiten an seinem Strand so: "Dann sind - boom - die Preise plötzlich total in die Höhe geschossen. Die Baufirmen kamen und haben unsere ganzen Hütten umgemäht."

Es sind, ganz fraglos, andere Menschen als damals, die heute, mit Neoprenanzügen gegen die Kälte gewappnet, in Huntington Beach auf die Wellen zupaddeln. Unten am Strand, barfuß im Sand, steht ein blonder, nicht ganz schlanker Typ, auf einem Stab hat er eine Kamera mit gigantischem Objektiv befestigt.

Er verdient seinen Lebensunterhalt damit, Surfer auf ihren Brettern zu fotografieren und die Bilder an Agenturen und Zeitschriften zu verkaufen. Wer hier surft, sei auch hier aufgewachsen, sagt er. Surf-Nomaden auf der Suche nach der Welle habe er hier noch nie getroffen.

Die Touristen, die man trifft, gehören zum Beispiel zu einer Gruppe aus Ohio, die gerade Semesterferien haben. Spring Break nennen sie das in den USA. Man fährt in diesen Wochen irgendwo hin, wo das Wetter gut und das Bier günstig ist. Die Jungs aus Ohio machen Badeurlaub. Mit dem Surfen haben sie wenig zu tun.

Im harten Wettbewerb um die an Strand und Wellen interessierten Touristen zehrt die kleine Stadt vom Ruhm der alten Zeiten. Nur wenige Meilen weiter südlich, an den Stränden von San Diego, hat man neben Salzwasser und Sand auch eine hübsche Stadt mit Nachtleben, mit besonderen Bars und guten Restaurants zu bieten.

Der Santa Monica Beach oder der berühmte Venice Beach gehen wegen ihrer Nähe zu Los Angeles fast noch als Stadtstrand durch und sind deshalb im Vorteil. Huntington Beach ist, je nach Verkehr, eine gute Stunde von Los Angeles und dem Stadtleben entfernt. Hier hat man vor allem die Geschichte, weshalb auch Fig am liebsten seine alten Fotos zeigt.

USA-Reisen: San Francisco
:Willkommen in den 80ern!

Einst das Mekka von Hippies und Beat-Literaten, ist San Francisco mittlerweile das weltweit größte Freilichtmuseum der achtziger Jahre.

Martin Amanshauser

Von ihm, von berühmten Surfern und großen, bunten Brettern. Und wenn man bedenkt, dass Kelly Slater, der wahrscheinlich berühmteste Surfer dieser Tage, in Cocoa Beach, Florida, zur Welt kam, ist bemerkenswert, wie oft Kelly Slater in all den Geschichten auftaucht, die man hier erzählt bekommt. Auch hier im Ort war er natürlich schon. Zum Surfen, wozu sonst.

(Foto: SZ-Grafik)

Huntington Beach als Ganzes ist eine Art Surf-Museum geworden, in einem Gebäude an der Olive Avenue gibt es auch ein richtiges. Dort findet man diverse Surfbretter, hört Surfer-Musik, sieht einschlägige Filme und viele Erinnerungsstücke an große alte Zeiten. Auch in den Restaurants und den Läden hängen Bilder von Surfer-Legenden an den Wänden. Zum Beispiel von Duke Kahanamoku, dem Hawaiianer, der das Surfen überhaupt erst nach Kalifornien gebracht hat und nach dem auch ein Strandrestaurant benannt ist.

Im Surferfilm "The Endless Summer", der wie kein anderer als Standardwerk zum wellenreitenden Lebensgefühl gilt, treibt die Suche nach den idealen Bedingungen zwei Surfer aus Kalifornien hinaus, erst nach Südafrika und dann einmal um die Welt. Auch wer heute als Surfer wirklich etwas werden will, also davon leben möchte, muss sein Brett und sein Talent einpacken und auf die sogenannte World Tour gehen. Es gebe gerade wieder so einen Jungen hier im Ort, erzählt Fig, der sei einfach wahnsinnig begabt. Und bald wird auch er von hier verschwinden, der perfekten Welle und den Wettbewerben hinterher.

Huntington Beach kann in Zeiten immer günstigerer Flugpreise die großen Surfer nicht an der eigenen Küste halten. So hat die Stadt die Erinnerung an ihre wilden Strandjahre zu einer Art Touristenattraktion gemacht.

Im sehr neuen und sehr modernen Hotel Shorebreak hängt an der Rezeption ein riesiger Bildschirm. Darauf flimmern, in Dauerschleife, Bilder von Wellen und den Surfern, die sich darauf entlang bewegen. Die Aufnahmen stammen nicht aus Huntington Beach. Sie sind aus Hawaii.

Informationen

Anreise: Nach Los Angeles hin und zurück mit Lufthansa ab 764 Euro, www.lufthansa.com

Reisearrangement: Eine einwöchige Mietwagen-Rundreise "Southern California Lifestyle" vom Veranstalter FTI führt von Los Angeles, San Diego und Palm Springs nach Huntington Beach, ab 789 Euro im Doppelzimmer, www.fti.com

Übernachtung: Shorebreakhotel, 500 Pacific Coast Highway, Huntington Beach, ab 72 Euro pro Person im Doppelzimmer, www.shorebreakhotel.com

Surfing-Musuem: www.surfingmuseum.org

© SZ vom 30.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Die schönsten Strände der USA 2011
:Hier will man eine Welle sein

Jedes Jahr kürt der Wissenschaftler Stephen Leatherman - besser bekannt als Dr. Beach - anhand von 50 Kriterien die schönsten Strände der Vereinigten Staaten: Wo man wirklich einmal baden gehen möchte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: