Jubiläum der "Imponierkeule":Berliner Fernsehturm wird 40

Die DDR-Größen wollten, dass der Volksmund den Fernsehturm am Alexanderplatz "Telespargel" nennt - doch das Volk machte da nicht mit.

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Seine Turmkugel war ein Riesenfußball zur Weltmeisterschaft, auf seinem Schaft waren jüngst Liebesbotschaften zu lesen und ein begehrtes Foto-Objekt ist er zu jeder Jahreszeit. Zu seinem 40. Geburtstag am 3. Oktober hat der Berliner Fernsehturm etwas geschafft, das anderen DDR-Bauten verwehrt blieb: Er ist ein gesamtdeutscher Liebling.

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Neben dem Brandenburger Tor und der Reichstagskuppel ist der 368 Meter hohe Turm mit seiner silbrig glänzenden Kugel ein Wahrzeichen der Hauptstadt - verewigt auf T- Shirts, Tassen und kitschigen Souvenirs. An den Warteschlangen vor den Aufzügen, die Besucher sekundenschnell auf den höchsten Aussichtspunkt Berlins katapultieren, hat sich nach 40 Jahren auch nicht viel geändert.

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Es ist ein Witz der Geschichte, dass dieser Turm, mit einer Mischung aus Ingenieurkunst und Größenwahn im Sozialismus erbaut, nun am Tag der deutschen Einheit sein rundes Jubiläum feiert. 1969 hatte der 3. Oktober eine andere Bedeutung. Die Eröffnung des Turms nach vier Jahren Bauzeit war der Auftakt zu den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der DDR - am 7. Oktober. Älter als 40 wurde diese Republik dann nicht mehr.

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"Nu, Genossen, da sieht man es ganz genau: Da gehört er hin", soll DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht im September 1964 gesagt haben. Dazu tippte er, glaubt man Berichten, auf einem Ostberliner Stadtmodell mitten auf den Alexanderplatz.

Das Foto aus dem Archiv von Bauingenieur Horst Oehlrich zeigt die Baustelle mit dem Turmsockel. Oehlrich war als einer von vier Bauleitern an der Errichtung des Turmes von 1965 bis 1969 beteiligt. Repro: ddp

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Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine zehn Jahre währende Diskussion um den Turm-Standort ins Land gegangen. Schlossplatz? Müggelberge? Nein, am Ende entschieden sich Ulbricht und das Planungskollektiv doch für den zentralen Platz im Herzen der DDR-Hauptstadt.

Bau des Sockels, Repro: ddp

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Über den wahren Architekten des Turms entbrannte später ein bizarrer Streit, den die Witwen der Planer bis heute fortsetzen. Die Wahrheit mag in der Mitte liegen - der Fernsehturm: ein Gemeinschaftswerk.

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Beteiligt an den Planungen war unter anderem der Architekt Hermann Henselmann. Auch der damalige Präsident der Bauakademie, Gerhard Konsel, lieferte Ideen zur Gestaltung. Aus der Summe der Pläne entstand ein beeindruckendes Bauwerk: Auf dem sich nach oben verjüngenden 200 Meter hohen Turmschaft ruht eine 4,8 Tonnen schwere Stahlkugel mit 32 Metern Durchmesser.

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Seine Gestalt spiegelt in jedem Fall Zeit- und Technikgeschichte der frühen 60er-Jahre wider. Die Kugel auf dem elegant-schmalen Betonschaft, die bis heute Aussichtsplattform und ein drehbares Restaurant beherbergt, erinnert an den Triumph der sowjetischen Sputnik-Satelliten.

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Auch der Querschnitt des Turms hat etwas von Raketen-Romantik. Es gab sogar frühe Pläne, die Turmkugel im Rot des Sozialismus erstrahlen zu lassen. Der Spott ließ trotz der großen Ingenieurleistung beim Bauen nicht auf sich warten.

Bauarbeiten an der Kugel des Fernsehturms in Berlin. Foto: dpa

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Während die SED-Oberen vom "Weltniveau" sprachen, beobachteten Berliner aus Ost und West einen seltsamen Lichtreflex auf der Edelstahlhaut der nagelneuen Turmkugel. Strahlt die Sonne, zeigt die runde Hülle bis heute weithin sichtbar ein Kreuz. Das sei die Rache Gottes, hieß es damals in Anspielung auf die atheistischen DDR-Machthaber. Aus dieser Zeit soll auch der Turm-Spitzname "Sankt Walter" stammen - ein Seitenhieb auf Ulbricht. Mit den Jahren bekam der Turm neue Namen.

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"Protzkeule", sagten die Westberliner, "Tele- Spargel" schrieb das damalige SED-Zentralorgan Neues Deutschland - doch der von den DDR-Größen bevorzugte Spitzname setzte sich beim Volk nicht durch.

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Der Turm machte seinen Erbauern aber auch jenen Ärger, der Berliner Großbauprojekten so eigen ist: Mit 200 Millionen DDR-Mark geriet er rund sechsmal so teuer wie geplant.

Bauarbeiter zementieren den Berliner Fernsehturm. Foto: dpa

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Der Bau war ein unglaublicher Devisenschlucker. Die Thermofenster mussten in Belgien bestellt werden, Fahrstühle und Klimaanlagen in Schweden. Die Edelstahlhaut lieferte Krupp. Heute erinnern sich die damaligen Kranführer, wie sie sich mit ihren nagelneuen Funkgeräten nicht nur über Lasten, sondern auch über Bananenlieferungen informierten.

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Der Streit ums Geld war schnell vergessen, als vor 40 Jahren das "Tele-Café" in rund 200 Metern Höhe öffnete. Das Drehrestaurant mit dem unverfänglichen Blick gen Westen zählte bald zu den beliebtesten Cafés Ostberlins. Auf der Speisekarte des Jahres 1969 wünscht das "Jugendkollektiv", ausstaffiert im Stewardess-Look und mit weißen Häubchen auf toupiertem Haar, einen angenehmen Aufenthalt. Zum Beispiel bei echter Schildkrötensuppe für 2,55, Ragout fin für 6,35 und Club-Cola für 1,65 DDR-Mark. Eine Stunde durften die Gäste sitzen bleiben.

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Einen Witz erzählten sich die Ostdeutschen in Schwindel erregender Höhe besonders gern: "Wenn der Fernsehturm umfällt, sind wir wenigstens im Westen."

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Bis heute ist das Berliner Wahrzeichen mit seinen 368 Metern der höchste Fernsehturm Deutschlands. An Attraktion hat er nichts eingebüßt: Mehr als eine Million Besucher wollen jedes Jahr hoch - am allerliebsten die Berliner selbst, sagen die Gäste-Statistiken.

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Der Besitzer, eine Telekom-Tochter, nennt den Turm stolz das höchste, öffentlich zugängliche Gebäude in Europa. Noch immer ist der Turm auch Arbeitsplatz für fünf Rundfunk-Techniker. Mehr als 60 Programme laufen über seine 118 Meter lange rot-weiße Antenne.

Fernsehturm während des "Festival of Lights" Foto: AP

(sueddeutsche.de/dpa/AP/kaeb)

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