Bedrohte Sehenswürdigkeit:Venedigs Häuser

The MSC Divina cruise ship is seen in Venice lagoon

Der Tourismus hat Venedig verändert.

(Foto: Stefano Rellandini/Reuters)

Meer und Massentourismus schleifen die Fundamente der Lagunenstadt.

Von Thomas Steinfeld

Wenn Italiener über den Verfall ihrer historischen Innenstädte sprechen, benutzen sie oft das Wort "degrado". Es bedeutet "Verfall" und wird meist mit dem Tourismus assoziiert. Denn dieser scheint ihnen mehr Schäden an den historischen Stätten zu verursachen als die Zeit, das Wetter oder die Umweltverschmutzung. Das gilt in besonderem Maße für Venedig, des inselhaften Charakters der Stadt wegen.

Gewiss, die stark wechselnden Wasserpegel bewirken, dass sich die tieferen Teile der Häuser, die einst frei lagen, in der Regel im Wasser befinden - was zur Folge hat, dass die Fundamente der Gebäude oft aussehen, als hätten sie Parodontitis. Der Schiffs- und Bootsverkehr hat zur Folge, dass der Mörtel ausgespült und die Ziegel porös werden, wodurch die Häuser ins Kippen geraten. Und repariert werden müssen, unter feuchten Verhältnissen, hinzu kommen die Fassaden, Tragwerke und Terrazzo-Böden.

Doch lassen sich die meisten dieser Schäden noch beheben, irgendwie. Anders ist es mit dem Tourismus, dessentwegen die Stadt unaufhaltsam in ein gigantisches Disneyland verwandelt wird, unter besonderer Berücksichtigung des Hotelgewerbes, der Gastronomie und des gehobenen Einzelhandels. Maßstabsetzend waren in dieser Hinsicht die Verwandlung der ehemaligen Niederlassung der deutschen Kaufleute, des "Fondaco dei Tedeschi" am Rialto, in eine Mall und die Restaurierung der "Misericordia", eines früheren Zunftgebäudes, in eine Event-Location. Geschichte ist darin Kulisse, mehr nicht.

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