Istanbul-Tipps vom SZ-Korrespondenten:1001 schöner Ausblick

Wohin in Istanbul zum Essen und Feiern, was muss man gesehen haben und was nicht? Die besten Tipps für eine so vielfältige Metropole stehen in keinem Reiseführer und in keiner App. Sie kommen von jemandem, der dort lebt - dem Korrespondenten der SZ.

Kai Strittmatter

Essen, Ausgehen, Sehenswürdigkeiten: Städtereisende wollen vieles erleben, am besten aber Orte entdecken, die nicht in jedem Reiseführer oder jeder App zu finden sind. Wer könnte besser durch die Stadt führen, als jemand, der dort wohnt oder zumindest eine ganze Weile gelebt hat? Süddeutsche.de hat SZ-Korrespondenten in europäischen Metropolen gebeten, "ihre" Stadt anhand eines Fragebogens zu präsentieren. Den Anfang macht Kai Strittmatter, Korrespondent für Türkei und Griechenland, er wohnt in Istanbul.

Istanbul-Tipps vom SZ-Korrespondenten: Nicht verpassen: die Hagia Sophia!

Nicht verpassen: die Hagia Sophia!

(Foto: Artur Bogacki - Fotolia)

Was macht Istanbul als Stadt aus?

Istanbul ist die vergessene Schöne unter den europäischen Städten. Eine Stadt, die lange im Dornröschenschlaf lag. Nun ist sie wieder wach - und holt sich den Platz zurück, der ihr zusteht.

Und was unterscheidet sie von anderen Städten?

Der Bosporus, von dem die Stadt ihre Schönheit nur geliehen hat

Diese Sehenswürdigkeit dürfen Sie nicht verpassen:

Hagia Sophia. Chora-Kirche. Der Große Bazar. Ein historisches Hamam.

Was ist noch sehenswerter - doch nur wenige Urlauber wissen davon?

Der Bosporus vom "Vapur", von der historischen Bosporusfähre aus. Am besten im April, wenn die Judasbäume blühen und die Hänge am Bosporus rosa leuchten. Dafür können Sie alle Palast- und Moschee-Touren sausen lassen

Welches Viertel sollte man unbedingt besuchen?

[] Beyoglu (die Gegend um den Galataturm und den Tünel- Platz, hier geht auch das junge Istanbul aus)

[] die Bosporusvororte zum Wochenendfrühstück in einem der unzähligen Frühstückslokale am Wasser (zum Beispiel Lokma in Rumeli Hisari oder Sütis in Emirgan)

[] Wer mehr Zeit hat und die multikulturelle Vergangenheit der Stadt schnuppern will: die Prinzeninseln (Hier wurde mir nach einem Interview dieser unvergessliche Abschiedssatz zuteil: "Warten Sie, mein Gärtner ruft Ihnen eine Kutsche.")

Den schönsten Blick auf die Stadt ...

... haben Sie an 1001 Orten. Istanbul ist die Stadt des "Manzara", des schönen Ausblicks, der hier immer und ausschließlich den Blick auf den Bosporus meint. Weil die Stadt auf Hügeln gebaut ist, ist sie reich an Orten, die einem diesen Blick bescheren. (zum Beispiel abends für Drinks & Sonnenuntergang & Nachtblick auf Wasser und Altstadt im "Leb-y-derya" oder auf der Dachterrasse des Marmara-Pera-Hotels.

Das kann man sich in Istanbul sparen:

Den Topkapi-Palast - außer Sie interessieren sich für den Bart des Propheten, der wird hier nämlich Barthaar für Barthaar ausgestellt.

Transport, Essen und Trinken

Hier finden Sie Kai Strittmatters Empfehlungen für Essen und Trinken, für den kleinen Imbiss zwischendurch und für Ihren Weg durch die Stadt.

EU-Gipfeltreffen soll über Verhandlungen mit Türkei entscheiden

Imbiss-Stand im Ägyptischen Bazar

(Foto: dpa/dpaweb)

So kommen Sie am besten durch die Stadt:

In der Altstadt und in Beyoglu: zu Fuß

Damit sollten Sie unbedingt fahren:

Mit einem Dolmus. Die Minibusse des Volkes, die "fahren, wenn sie voll sind" (das heißt 'Dolmus' übersetzt) und halten, wo sie wollen. Einfach die Hand ausstrecken und reinspringen. Anarchisch, lustig, gut. Und bald abgeschafft, der Bürgermeister mag sie nicht, also schnell.

Steigen Sie bloß nicht in ...

... einen Dolmus, wenn sie a) ängstlich sind, b) Rechtsüberholen für eine Verkehrswidrigkeit halten und wenn ihnen c) das Auf- und Abspringen bei rollendem Fahrzeug Sorgen bereitet.

Wenn Sie hungrig und durstig sind, probieren Sie unbedingt:

[] Meze, die türkischen Tapas: köstliche kleine kalte und warme Vorspeisen, die der Kellner in der Meyhane ("Trinkhalle" - so heißen die typischen Istanbuler Meze- und Raki-Lokale) auf einem großen Tablett an den Tisch brinkt. Bohnen oder Artischocken in Olivenöl, tscherkessisches Huhn in Walnusspaste, Makrele in Dill, Shrimps im Tontopf ... Man nimmt sich einfach, was einem gefällt.

[] Raki, den türkischen Anisschnaps, man trinkt ihn zum großen Mezebankett.

[] den starken türkischen Tee im Tulpenglas. Bloß nicht Apfeltee bestellen (außer Sie haben fürchterliche Halsschmerzen), den trinken wirklich nur Touristen. Wer ihn schwächer mag, sagt "acik, lütfen" ("durchsichtig, bitte")

[] türkische Süßspeisen. Die Türken sind Weltmeister im Dessertkochen und leben ihre Lust am Süßen in wahren Nachtischpalästen aus (zum Beispiel im vierstöckigen "Saray" in der Fußgängerzone İstiklal Caddesi), außerdem in gleich mehreren Pudding-Ketten mit unzähligen Filialen (Sütis, Mado, Özsüt). Keine Bange: Mit den bei uns bekannten pappsüßen Zahnziehern Baklava und Lokum haben die dort servierten Nachtische nichts zu tun.

Das schönste Café?

Plastikstühle, grimmige Bedienung, Hausmannskost - und dazu den besten Blick am ganzen Bosporus gibt's im Spor Kulübü im Bosporusvorort Yeniköy (Adresse Yeniköy Mh., Köybaşı Caddesi 174; seit Jahren die inoffizielle SZ-Kantine).

Das beste Restaurant ...

... für originelle anatolische Küche ist das Ciya in Kadiköy auf der asiatischen Seite.

Der Imbiss für unterwegs?

Balik Ekmek, "Fischbrot" - die Istanbuler Currywurst, bloß besser und gesünder: gegrillte Makrele oder Palamut mit Grünzeug, Zitrone und Chilli in frisches Weißbrot gepackt. Macht süchtig.

Nachtleben und Kniggefragen

Istanbul ist berühmt für sein Nachtleben. Wo Sie den Abend beginnen, wie es weitergeht und welche Frage Sie im Gespräch besser nicht stellen.

Istanbul-Tipps vom SZ-Korrespondenten: Dämmerung über der Blauen Moschee

Dämmerung über der Blauen Moschee

(Foto: Circumnavigation - Fotolia)

Typisch für das Nachtleben in dieser Stadt ist:

Spät essen, dann tanzen und im Morgengrauen mit einer Kuttelsuppe (iskembe) dem Kater vorbeugen

Hier beginnt der Abend:

In einer Meyhane, einem Raki- und Mezelokal rund um die Asmali-Mescit-Straße beim Tünel-Platz (Beyoglu)

Dann ziehen Sie weiter ins:

"Leb-y-Deria" (Kumbaracı yokuşu 57/6, Beyoglu +90-212-293 4989) für Drinks & Blick über die Stadt

Hier wollen alle rein:

"Reina", Protzer-Disco unter der Bosporusbrücke in Ortaköy mit eigener Yachtanlegestelle

Dabei ist es hier viel besser:

"Babylon", Istanbuls bester Musikclub, in der Asmali-Mescit-Straße. Konzerte & Tanzen

Dies ist der schönste Platz für den Sonnenaufgang:

Ein oberes Stockwerk auf der Galata-Seite von Beyoglu, von dem aus man dann die einfahrenden Kreuzfahrtschiffe und die Skyline der Altstadt (Topkapi, Hagia Sophia, Blaue Moschee, Süleymaniye-Moschee) aufleuchten sieht.

Mit diesem Satz kommen Sie überall zurecht:

"Kolay gelsin", das bedeutet "Möge es Ihnen leicht fallen". Kann man zu jedem sagen, der gerade den Anschein erweckt, irgendeine Arbeit zu verrichten. Eigentlich zu jedem, der nicht gerade im Tiefschlaf liegt.

Darüber spricht man in Istanbul:

Über das letzte Derby zwischen Fenerbahce und Galatasaray

Das sagen Sie besser nicht:

"Hat sich Fenerbahce wirklich alle seine Tore zusammengekauft?"

Näheres zum Autor der Istanbul-Tipps:

Kai Strittmatter, geboren 1965, wuchs im Allgäu auf. Studium der Sinologie in München, Xi'an (VR China) und Taipei (Taiwan). Den Journalismus erlernte er an der Deutschen Journalistenschule in München und probierte ihn zuerst aus in der außenpolitischen Redaktion der Süddeutschen Zeitung. 1997 ging Strittmatter als Korrespondent nach Peking und berichtete bis 2005 aus China, Taiwan und anderen Ländern der Region. Seit 2005 ist Kai Strittmatter Korrespondent in Istanbul, zuständig für die Türkei und Griechenland. Er ist der Autor mehrerer Bücher über China, Hongkong und Istanbul.

Mit Istanbul startet eine wöchentliche Serie auf Süddeutsche.de, in der SZ-Korrespondenten ihre Tipps für Städtereisen verraten - am 21.März für Paris.

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