Weinanbau in Israel:Mission Grün

Weinanbau in Israel

Das Anbaugebiet des Yatir-Weingutes erstreckt sich zwischen Wüste und Wald.

(Foto: Yatir Winery)

In Israel wird sogar in der trockenen Negev-Wüste koscherer Wein angebaut, von Rabbinern streng überwacht. Selbst der Önologe darf nicht einfach so kosten.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Sicher ist sicher: Wie Bodyguards weichen einem die zwei Rabbiner nicht von der Seite. Dabei sorgen schon rote Kordeln dafür, dass Besucher mindestens zwei Meter Abstand von den Weinfässern halten. Denn in der Weinkellerei Yatir in Tel Arad wird koscherer Wein hergestellt. Und die Kaschrut-Gesetze, die religionsgesetzlichen Vorschriften für Juden zur Zubereitung und zum Verzehr von Speisen und Getränken, werden hier eingehalten.

Eine dieser Regeln besagt, dass ein Mensch, der sich selbst als nicht religiös bezeichnet oder von Rabbinern so eingestuft wird, mit dem Wein vor der Abfüllung nicht in Berührung kommen darf. Schwierig für den Önologen der Kellerei, Eran Goldwasser. Der Israeli sagt von sich selbst, dass er nicht religiös ist. "Ich kann also nicht einfach hingehen und den Wein kosten." Allerdings darf der Rabbi eine Probe nehmen und sie weiterreichen - der Wein bleibt dann trotzdem koscher. Ansonsten sehe er beim Prozess der Weinherstellung keine größeren Unterschiede, sagt Goldwasser, der sein Handwerk in Australien gelernt hat und dann in seine Heimat zurückgekehrt ist. "Außer dass wir keine tierischen Produkte wie Gelatine zufügen dürfen."

Dass es dann doch eine Reihe von Vorschriften zu beachten gibt, ehe die Trauben in die Kellerei gelangen, wird bei einer Tour durch das Anbaugebiet mit dem Chef der Weinkellerei Yatir deutlich. Ya'acov Ben Dor zeigt auf junge Rebstöcke: "Trauben dürfen erst ab dem vierten Jahr geerntet werden. Und im siebten Jahr dürfen wir auch nicht ernten. Die Rebstöcke dürfen sich im Sabbatjahr ausruhen, so wie wir Menschen am Sabbat." Zwei Monate vor jeder Ernte dürfe außerdem nicht mehr gedüngt werden. Was in anderen Regionen der Welt durchaus üblich ist - auch andere Pflanzen neben Rebstöcken anzubauen -, ist den Produzenten von koscherem Wein nicht erlaubt. Verschiedene Pflanzenarten dürfen auch im Anbau nicht vermischt werden.

Ein Rabbiner kontrolliert Weinfässer in Israel.

Die Produktion des koscheren Weins überwachen Rabbiner.

(Foto: Alexandra Föderl-Schmid)

In Israel ist es keine Besonderheit, koscheren Wein herzustellen. Aber Wein in der Wüste anzubauen, gilt auch hier als ungewöhnliches Unterfangen. Deshalb beschreibt der Yatir-Chef seine Weine so: "Wir stellen Wüstenwein her, der auch koscher ist." Im Jahr 2000 wagten einige Weinliebhaber aus der Gegend dieses Abenteuer. Unterstützt wurden sie von der erfahrenen Carmel-Weinkellerei aus dem Norden Israels. Ben Dor, der zuvor dreißig Jahre in der Elektronikbranche gearbeitet hatte, gehörte von Anfang an zum Team. Inzwischen lebt er in einem Kibbuz in der Nähe des Weinguts, sein Enthusiasmus ist groß. "Wir haben das umgesetzt, was unser Staatsgründer David Ben Gurion als Vision bezeichnet hat: die Wüste grün machen."

Rund um die drei Gebäude der Weinkellerei in der Nähe der Stadt Arad im Süden des Landes breitet sich die braune, steinige Negev-Wüste aus. Da und dort gibt es grüne Flecken. Zwischen Plantagen mit Dattelpalmen taucht ein riesiges Feld mit Rebstöcken auf. Bewässert wird über Pipelines. Nur wer genau hinsieht, dem fallen die violetten und blauen Rohre auf, die in regelmäßigen Abständen aus dem Wüstensand ragen. Es sind Anschlussstellen: In den blau gekennzeichneten Pipelines ist Trinkwasser, die violetten enthalten aufbereitetes Nutzwasser für die Landwirtschaft, das aus der etwa zehn Kilometer entfernt liegenden Stadt Arad kommt.

Einige Kilometer weiter im Norden wird das Grün dichter: Der Yatirwald ist auf einer Fläche von etwa 40 Quadratkilometern der größte Wald Israels, er wurde in den Sechzigerjahren angepflanzt. Zwischen den Bäumen gibt es immer wieder freie Flächen für die Landwirtschaft. In Lagen zwischen 400 und 859 Metern befinden sich hier die Weinberge.

Das trockene Klima hat auch Vorteile: Es schützt vor Pilzerkrankungen

Konstante Anstrengungen, Experimentierbereitschaft und ein ausgeklügeltes System der Wasserversorgung sind der Grund dafür, dass man sich hier als Weinbauregion etablieren konnte. Das Klima, das auf den ersten Blick ungeeignet für Weinbau erscheint, hat auch Vorteile, erläutert Ben Dor. Die extreme Trockenheit in der Negev-Wüste bietet den Rebstöcken Schutz vor Pilzkrankheiten, die sich häufig in feuchtem Klima ausbreiten. In der Nacht kann es sehr kühl werden, was einen sehr guten Säureaufbau in den Weintrauben ermöglicht.

Gelegentlich fällt Regen, manchmal sogar Schnee. Bis zu 350 Millimeter Niederschlag pro Jahr haben sie hier, dazu kalkhaltige Böden. Auf 55 Hektar wird der Yatir-Wein angebaut; es gibt 70 Felder, die mit verschiedenen Rebstöcken bepflanzt sind. "Wir probieren viel aus. Manche Sorten gedeihen gut, andere müssen wir aufgeben", erklärt Ben Dor. Wichtige Sorten sind vor allem die roten Reben Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Syrah, Petit Verdot und Grenache. Außerdem werden die weißen Viognier-Reben angebaut.

Der Stolz des Hauses ist der Rotwein "Yatir Forest", eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Petit Verdot und Cabernet Franc. Als erster Wein in Israel hat laut Ben Dor "Yatir Forest" über 90 Punkte im Wine Advocate, dem Magazin des renommierten Weinkritikers Robert Parker, erhalten - und das neun Jahre in Folge.

Der Großteil des Weines, den Yatir produziert, ist Rotwein, zehn Prozent beträgt der Anteil der Weißweine, fünf Prozent jener der Roséweine. Die meisten Flaschen werden in Israel verkauft, rund 20 Prozent gehen in den Export - davon zwei Prozent nach Deutschland. "Wir sind in einem Wachstumsprozess", erklärt Daniel Fried, der fürs Marketing zuständig ist. Mit der Ernte 2018 ist Ben Dor zufrieden. "Die Menge war zwar gering, aber die Qualität ist hoch." Der Klimawandel mache sich auch in Israel bemerkbar, auch hier wurde unüblich früh mit der Lese begonnen.

Dass in dieser Gegend schon seit langer Zeit Wein hergestellt wurde, davon zeugen zwei steinerne Becken, die aus dem siebten Jahrhundert stammen sollen und 1987 im Yatirwald gefunden wurden. In ihnen sollen einst Trauben gepresst und der Saft gesammelt worden sein. Der Weinanbau in dieser einst viel fruchtbareren Region soll sogar 2500 Jahre zurückreichen. Nicht weit von den alten Becken entfernt sind auch die Ruinen einer Synagoge freigelegt worden. Bevor er das archäologische Gelände zwischen Wald und Weinbergen betritt, setzt Ben Dor seine Kippa auf. "Wir setzen mit dem Weinbau in dieser Gegend eine biblische Mission fort."

Später, bei der Verkostung des Weines, zeigt er ein Buch zum Thema Juden und Wein mit historischen Bezügen. Darin wird erläutert, dass Juden insbesondere in der Frankfurter Gegend häufig im Weinbau aktiv waren. "Deshalb haben auch viele deutsche Juden Familiennamen wie Weinstock oder Keller, als Hinweis auf ihre damalige Tätigkeit", erklärt Ben Dor. "Die deutschen Juden waren bekannt dafür, dass sie die jüdischen Gesetze besonders streng eingehalten haben."

Im Yatir-Weingut beaufsichtigen die Rabbiner nicht nur die Weinfässer, sondern überwachen auch die Reinigung der Geräte, die zur Ernte und Verarbeitung der Trauben verwendet werden. Auch die Silos dürfen nur unter ihrer Aufsicht gesäubert werden. Die Qualitätskontrolle übernehmen die Rabbiner offenbar gerne selbst: Im Keller holt der ältere der beiden Rabbiner, die hier beschäftigt sind, ein Glas hervor, hockt sich vor ein Fass, öffnet den Hahn und schenkt sich, ungerührt von der frühen Uhrzeit am Vormittag, im Beisein der auf Abstand gehaltenen Besucher ordentlich ein.

Wein in Israel

Israel ist der weltweit größte Produzent und Exporteur von koscherem Wein. Damit ein Wein als koscher gilt, muss die Erzeugung unter Aufsicht eines Rabbiners erfolgen und es müssen eine Reihe weiterer Vorschriften berücksichtigt werden. 95 Prozent der in Israel hergestellten Weine sind koscher. Schon zu biblischen Zeiten wurde in der Region Wein angebaut. Die Rebfläche in Israel umfasst rund 7000 Hektar. Die Weingüter sind über das Land verstreut, viele haben Besucherzentren und einige haben sich auch in der Wüste angesiedelt wie Yatir (www.yatirwinery.com). Zwischen deutschen und israelischen Weingütern haben sich auch Partnerschaften gebildet: www.twinwineries.net; koschere Weine in Deutschland u.a. bei www.IsraelWein.de

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