Interview:Zwei Esel und drei Hühner

Herr Kienzl

"Zurzeit werden in Südtirol strengere Regeln für Urlaub auf dem Bauernhof diskutiert." Hans J. Kienzl ist beim Südtiroler Bauernbund, zu dem der "Rote Hahn" gehört, verantwortlich fürs Marketing.

(Foto: Roter Hahn)

Wie viel Luxus verträgt Urlaub auf dem Bauernhof? Hans J. Kienzl, zuständig für die Südtiroler Marke "Roter Hahn", über Erfolg und Missbrauch einer Urlaubsform.

Interview von Hans Gasser

Hans J. Kienzl, zuständig für die Südtiroler Marke "Roter Hahn", über Erfolg und Missbrauch einer Urlaubsform.

SZ: Ist der Tourismus für viele Bauern in Südtirol das Haupteinkommen?

Hans J. Kienzl: Nein. Aber es ist auch nicht entscheidend, wie viel Prozent des Einkommens aus dem Tourismus kommen. Laut italienischem Gesetz zum Urlaub auf dem Bauernhof muss der Zeitaufwand für die Landwirtschaft überwiegen gegenüber jenem für das touristische Angebot.

Zwei Esel und ein paar Hühner würden also nicht reichen, um bei Ihnen aufgenommen zu werden?

Bei uns sowieso nicht, wir haben ganz klare Kriterien. Aber nicht alle Betriebe gehören zum Roten Hahn. Es gibt ja insgesamt 2800 Betriebe, und nur knapp 1700 gehören zu unserer Marke. Und da gibt es schon einige wenige Schlaumeier, die denken, sie können ein touristisches Angebot mit zwei Pferden als Urlaub auf dem Bauernhof vermarkten.

Und was tun Sie dagegen?

Zurzeit wird in Südtirol darüber diskutiert, etwas strengere Kriterien für die Vergabe der Lizenz für Urlaub auf dem Bauernhof zu erlassen. Zum Beispiel, dass ein Viehbetrieb mindestens 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar haben muss. Dazu zählen Schafe oder Rinder, nicht aber Esel oder Alpakas.

Müssen Bauern nachweisen, dass sie überhaupt Bauern sind?

Bei der Unterzeichnung des Markennutzungsvertrags müssen sie uns drei wichtige Kriterien zusichern: Es muss ein aktiver Bauernhof sein. Er muss selbst bewirtschaftet werden. Und sie müssen den Gästen mindestens ein hofeigenes Produkt anbieten. Wir schaffen aber Anreize, deutlich mehr zu bieten. Wer von uns vier oder fünf Blumen bekommen möchte, muss Frühstück anbieten mit mindestens vier bis sechs eigenen Produkten. Das hat dazu geführt, dass fast jeder zweite Hof Frühstück anbietet, und 300 sogar eine Produktecke haben.

Das Konzept boomt, es gibt Pools und moderne Architektur auf den Höfen, ist das noch stimmig?

Wie das Haus aussieht, müssen Eigentümer, Architekten und Baukommission entscheiden. Ob es jetzt ein Pool mit Chlorwasser sein muss, ist die andere Frage. Wir empfehlen eher Naturbadeteiche. Andererseits hat fast jeder Agriturismo in der Toskana auch einen Pool. Uns geht es aber mehr um den Inhalt: um die eigenen Produkte. Bei der Einrichtung sollen möglichst natürliche und zeitlose Materialien eingesetzt werden, keine Hoteleinrichtung. Wir beraten die Bauern und bieten viele Fortbildungen an.

Wie groß darf ein Betrieb sein?

Das ist gesetzlich klar vorgegeben. Fünf Ferienwohnungen oder acht Zimmer darf man haben, mehr nicht.

Fünf Wohnungen hört sich ziemlich groß an.

Es gibt aber eine Grenze bei der verbaubaren Kubatur. Die meisten haben eh weniger. Die Bauernhöfe in Südtirol sind im Vergleich zu anderen Regionen klein.

Also sehen Sie keine Gefahr, dass die Höfe immer mehr zu Hotels werden?

Nein. Wir müssen natürlich aufpassen, dass das Konzept nicht verwässert wird. Aber so viel Bauernhof wie heute war in dem Produkt noch nie drin. Und während in vielen Regionen Italiens der ländliche Raum entvölkert wird, schaffen wir es auch dank Urlaub auf dem Bauernhof, dass die Leute die Höfe weiter bewirtschaften.

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