Als der Bundespräsident zur Besichtigung kam, da war seine erste Assoziation: Castel del Monte. Wie die mittelalterliche Festung in Süditalien erschienen ihm die sechs Backsteintürme in der Lausitz, die früher einmal zur Klärung der Kokerei-Abwasser dienten und nun als "Biotürme" Industriedenkmal, Konzert- und Theaterort sowie Aussichtspunkt sind.
Bevor es so weit kam, fanden die Einheimischen, weit bodenständiger als der Bundespräsident: "Hier hat's immer so gestunken." "Wir mussten da immer wieder aufs Neue kämpfen, damit der Schalter umgelegt wurde", sagt Rolf Kuhn. Er ist Chef der Internationalen Bauausstellung "Fürst Pückler Land" (IBA).
Diese transformiert seit dem Jahr 2000 und noch bis 2010 die ehemalige Braunkohleregion der Lausitz in ein Seengebiet, das für Menschen, speziell für die urlaubende Sorte, wieder attraktiv sein soll. Ein Kernstück ist die Flutung der Braunkohlegruben mit Wasser, auf dass bis zum Jahr 2015 zehn größere, durch Kanäle verbundene Seen entstehen mit einer Gesamtfläche von 7000 Hektar.
Insgesamt wird das Seengebiet, das zum Teil in Brandenburg und zum Teil in Sachsen liegt und von der staatlichen Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft saniert wird, einmal 14.000 Hektar haben, das ist etwas mehr als Starnberger See und Chiemsee zusammen.
In der Lausitz ist die Krise nicht nur ein Wort
Man ist hier in einer Region, in der Krise nicht nur ein Wort ist, das seit ein paar Monaten unentwegt aus Radio und Fernseher tönt. Nein, hier ist die Krise auch richtig zu spüren. Hier hat man die Landschaft bis in die 1990er Jahre mit riesigen Schaufelradbaggern umgewühlt, sodass es aussah wie auf einem anderen Planeten. Seit die Braunkohle erschöpft ist, wurden viele Menschen arbeitslos, es gab und gibt eine Abwanderung vor allem junger Menschen, weil sie hier keine Zukunft sehen.
Ziel der ersten Phase des Strukturwandels musste es sein, das negative Bild aus den Köpfen zu bringen, vor allem aus denen der Einheimischen, sagt IBA-Geschäftsführer und Landschaftsarchitekt Rolf Kuhn. "Das ist uns weitgehend gelungen. Die Leute spüren, dass sie eine Chance haben und wieder stolz sein können auf etwas." 25 Projekte hat er mit seinen 15 Mitarbeitern angeschoben, geschätzte 20 Millionen Euro wurden investiert.
Bergbaurelikte als Attraktionen
Dazu zählt auch die Bewahrung und touristische Weiterverwendung von Bergbaurelikten wie etwa der Abraumförderbrücke F60 bei Lichterfelde, ein 500 Meter langes und bis zu 78 Meter hohes Ungetüm aus Stahl. Zunächst konnte sich niemand vorstellen, dass sich Touristen für so etwas interessieren.
Mit langem Atem gelang es den Leuten von der IBA, die Menschen zu überzeugen, es wurde ein Erfolgsprojekt daraus. 70000zahlende Besucher kamen im vergangenen Jahr, um sich von ehemaligen Kumpels durch die Konstruktion führen zu lassen, unter anderem auch nachts, denn ein Künstler hat aus der Maschine eine Licht- und Klanginstallation gemacht. Alleinstellungsmerkmal - so nennen die Touristiker so etwas.
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