Image-Kampagne für die Türkei:Der Papst soll's richten

Angesichts sinkender Urlauberzahlen greifen türkische Marketing-Spezialisten tief in die Trickkiste und wollen in ihrer Kampagne neben Benedikt XVI. noch eine weitere Reizfigur präsentieren.

Auch Orhan Pamuk, türkischer Literatur-Nobelpreisträger, soll gemeinsam mit Papst Benedikt XVI. dafür sorgen, dass wieder mehr Touristen in die Türkei kommen.

Pamuk könne als Werbeträger das Image der Türkei im Ausland verbessern, zitierte die Zeitung Referans das Tourismusministerium in Ankara. In Werbefilmen sollen demnach auch Bilder vom Papst-Besuch in der Türkei auftauchen.

Pamuk gehört zu den Erzfeinden der Nationalisten; nach dem Mord an dem armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink im Januar hatte er aus Angst um seine Sicherheit sogar eine Lesereise in Deutschland abgesagt.

Die Papst-Visite vom vergangenen November war im Vorfeld stark umstritten, wurde dann jedoch unerwartet zu einem großen Erfolg. Im vergangenen Jahr war die Besucherzahl in der Türkei auf unter 20 Millionen gesunken.

Gravierende Fehler im Marketing und der strategischen Planung haben nach Ansicht der Stiftung Zentrum für Türkeiforschung (ZfT) für die Stagnation im türkischen Tourismus gesorgt. Nach einem Rückgang der Gästezahlen im vergangenen Jahr sei auch für 2007 nicht mit einem durchgreifenden Plus zu rechnen, sagte die Stiftung in Essen voraus.

Das gelte auch, obwohl die Branche nicht mit besonderen "Hypotheken" wie Irak-Krieg oder Vogelgrippe rechnen müsse. Als schwerwiegend stuften die Essener dabei den Rückgang der Gäste aus Deutschland als das wichtigste Herkunftsland der Türkei-Besucher ein.

Starker Rückgang bei deutschen Urlaubern

Nach stets zweistelligen Zuwachsraten seit Beginn der Erhebungen bei Reisebüros und Reiseveranstaltern im Jahr 2001 gingen im vergangenen Jahr erstmals die Besucherzahlen zurück. Gut 19,8 Millionen Gäste entsprachen laut ZfT-Statistik einem Rückgang um 6,2 Prozent.

Die Zahl der Urlauber aus Deutschland nahm sogar um 11,3 Prozent auf knapp 3,8 Millionen ab. Für diesen besonders starken Rückgang machte das ZfT die Fußball-WM im eigenen Land verantwortlich.

Mit einem auch längerfristigen Ausbleiben der Deutschen drohe der türkischen Branche ein Verlust an Kaufkraft, weil diese Besucher zu den kaufkräftigsten zählten, warnte das Zentrum.

Nach seiner Einschätzung gibt es auch strukturelle Wachstumshemmnisse für den Türkei-Tourismus. Sie lägen vor allem im steigenden Angebot anderer günstiger Ziele für den klassischen Badeurlaub sowie "eventuell in sich verfestigenden Vorbehalten gegenüber muslimisch geprägten Reisezielen", sagte ZfT-Direktor Faruk Sen.

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