Im Schweizer Hoch-Tessin:Gotthard, König der Pässe

Das Alto Ticino wird von vielen Urlaubern nur durchfahren. Dabei entgeht ihnen ein Weg durch das Gotthard-Massiv, der die Quellen von Rhein, Rhone, Reuss und Ticino verbindet. Und ein Schinken, der beim Reifen vor Dieben geschützt werden muss.

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Unterwegs im Herzen der Alpen -Italienisches Flair im Alto Ticino

Quelle: www.ritom.ch/Werner Morelli/dpa-tmn

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Das Alto Ticino wird von vielen Urlaubern nur durchfahren. Dabei entgeht ihnen ein Weg durch das Gotthard-Massiv, der die Quellen von Rhein, Rhone, Reuss und Ticino verbindet. Und ein Schinken, der beim Reifen vor Dieben geschützt werden muss.

Sie sieht aus wie ein schief gezogener Londoner Doppelstockbus auf Schienen. Die leuchtend rote Ritombahn ist mit 87,8 Prozent Steigung auf knapp 800 Metern eine der steilsten Standseilbahnen der Welt. Schnell gewinnt sie von Piotta aus an Höhe, hinauf zum Lago Ritom. Die Fahrzeuge unten auf der Gotthard-Autobahn A2 wirken winzig. Ob die Insassen ahnen, was ihnen entgeht, wenn sie das Alto Ticino, das Hoch-Tessin, auf dem Weg von und zu den oberitalienischen Seen durchrasen?

Von jeher war der nordöstliche Teil des Kantons Tessin ein Transitland. Doch ein Aufenthalt links und rechts der rund 60 Kilometer langen Strecke zwischen der Gotthardpasshöhe im Herzen der Alpen und der malerischen Burgenstadt Bellinzona, auch Schlüssel und Tor zu Italien genannt und Hauptstadt des Kantons, lohnt: Wer sich Zeit lässt, entdeckt anspruchsvolle Skipisten weiter oben, stille Almen, glasklare Bergseen, romanische Baudenkmäler sowie die leicht zu erwandernden grünen Täler Leventina, Blenio und Riviera.

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Quelle: Leventina Turismo/dpa-tmn

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Eine Attraktion der Gegend ist die wunderbare regionale Küche. Dazu gehört der Prosciutto dell'Alpe Piora - ein luftgetrockneter Schinken, der dem berühmteren Verwandten aus Parma in nichts nachsteht. Von der Bergstation der Ritombahn führt ein 1,5 Kilometer langer Wanderweg zur Alpe (Alm) Piora am Lago Ritom.

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Hier reifen in einem gut durchlüfteten alten Holzbau einige Hundert Piora-Schinken. Von fachkundigen Händen massiert und eingerieben mit Meersalz, hängen sie fast ein Jahr ab - gesichert durch eine schwere Tür mit aufwendigen Schlössern. "Immerhin reift hier ein Verkaufswert von insgesamt mehr als einer Million Schweizer Franken", sagt Filippo Bronner, Lebensmittelfachmann und Gästebetreuer der Alpe Piora. "Da könnte manch einer auf dumme Gedanken kommen."

Gleich nebenan ist ein Keller zu besichtigen, in dem eines der teuersten Milchprodukte der Schweiz bis zur Verzehrreife gelagert wird. "Dass der Piora-Käse so begehrt ist, liegt am Gras unserer Hochweiden", erzählt Filippo.

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Quelle: Bellinzona Turismo/dpa-tmn

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Was die Bergbauern auf der Alpe Piora und anderen Almen der Region produzieren, können Urlauber und Einheimische auch auf dem Samstagsmarkt in den Gassen der Altstadt von Bellinzona kaufen. Oder sie probieren es in aller Gemütlichkeit bei einem Fläschchen Tessiner Merlot in einem Grotto, wie man hier die traditionellen Berg- oder Gartenlokale nennt.

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Quelle: dpa-tmn

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"Willkommen auf dem Gotthard, dem König der Pässe, im Herzen der Schweiz und im Wasserschloss Europas", sagt Paul Dubacher. Dass in der Gotthardregion vier große Flüsse entspringen - Rhein, Rhone, Reuss und Ticino - hat den Architekten und passionierten Bergsportler einst auf den Gedanken gebracht, eine Wanderroute einzurichten, die alle vier Quellen verbindet.

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Quelle: Sasso San Gottardo/Patrik Kummer/dpa-tmn

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Das Höhenprofil des Vier-Quellen-Weges im Gotthardmassiv reicht von 1400 Metern über dem Meer in Obergoms bis zu 2700 Metern auf dem Sellapass. "Es gibt auf der Welt nur wenige Wanderwege in solchen Höhen, die von Familien bewältigt werden können", sagt Dubacher.Seine Tipps für die schönsten Stellen am Weg: "Die Rheinquelle, die Aussicht vom Piz Giübin, der Lucendropass und der Blick auf das Eismeer des Rhonegletschers."

Ganz in der Nähe bietet tief im Inneren des Gotthardmassivs die Themenwelt Sasso San Gottardo eine Schlechtwetter-Alternative zum Vier-Quellen-Weg.

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Quelle: Sasso San Gottardo/Patrik Kummer/dpa-tmn

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In den Stollen und Felskavernen der einstigen Artilleriefestung "Sasso da Pigna" wird der Mythos des Gotthards teils künstlerisch, teils mit moderner Technik mit großen Themen unserer Zeit verbunden: Wasser, Wetter und Klima, Mobilität und Lebensraum, Energie und Sicherheit. Initiator der Gotthard-Themenwelt war Martin Immenhauser, der letzte Kommandant der 1998 außer Dienst gestellten Bergfestung. Er könnte stundenlang erzählen: Anekdoten von versehentlich bei Übungen in Italien gelandeten Artilleriegeschossen oder über den Soldatenalltag im Berg.

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Quelle: dpa-tmn

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Informationen: San Gottardo, Alto Ticino, Bellinzona

Anreise: Mit Bahn oder Flugzeug bis Zürich und weiter mit der Bahn bis Airolo oder Bellinzona. Mit dem Auto über die A5 nach Basel und weiter über Luzern auf der A2 oder über die A81 und die A4 vorbei an Zürich zur A2 Richtung Bellinzona.

Reisezeit: Die Monate Mai bis Oktober sind ideal zum Wandern. Im Winter locken Skipisten, die Gotthardpass-Route ist aber gesperrt.

Ausflüge: Von Piotta aus mit der Standseilbahn zum Lago Ritom und zur Alpe Piora. Mit dem Auto oder Motorrad über die Tremolastraße zur Gotthardpasshöhe. Mit Bahn oder Bus nach Bellinzona zum Markt sowie mit Bus oder Auto ins alte Dorf Giornico.

Im Bild: die Tremolastraße zur Gotthardpasshöhe

© Süddeutsche.de/Thomas Burmeister, dpa_tmn/kaeb
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