Süddeutsche Zeitung

Hurrikan "Sandy":Das sollten Passagiere und Touristen jetzt wissen

Hurrikan "Sandy" beeinträchtigt den transatlantischen Flugverkehr, aber auch Reisen innerhalb der USA. Worauf Fluggäste und Touristen sich in den kommenden Tagen einrichten müssen

Wegen des Wirbelsturms Sandy sind an deutschen Flughäfen am Dienstag erneut mehrere Flüge in die USA gestrichen worden. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt wurden neun Abflüge verschiedener Fluggesellschaften abgesagt, wie ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport sagte. Außerdem seien zwölf Flüge von der amerikanischen Ostküste nach Frankfurt gestrichen worden. Betroffen seien die Flughäfen in New York, Washington, Boston und Philadelphia.

Schon in den Vortagen waren wegen des Wirbelsturms Verbindungen abgesagt worden. Auch an anderen deutschen Airports wurden Flüge wegen der Auswirkungen von "Sandy" gestrichen, unter anderem in Düsseldorf, München und Hamburg.

Fälle von gestrandeten Passagieren am größten deutschen Flughafen seien ihm nicht bekannt, sagte der Sprecher in Frankfurt. Fraport sei jedoch darauf vorbereitet gewesen und habe Feldbetten bereitgestellt. Wie viele Passagiere insgesamt von den Behinderungen durch "Sandy" betroffen waren, konnte der Flughafenbetreiber nicht beziffern.

Keine Ausgleichszahlungen für annullierte Flüge

Wer am Montag oder Dienstag Flüge in oder aus den USA geplant hat, sollte sich auf den Webseiten der jeweiligen Fluggesellschaften nach dem aktuellen Stand erkundigen. Ausgleichszahlungen für die annullierten Flüge können Passagiere laut EU-Richtlinie nicht verlangen. Wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die nicht im Einflussbereich der Airline liegen, sind Fluggesellschaften nicht zur Entschädigung verpflichtet - und extreme Wetterverhältnisse wie Hurrikan Sandy gehören definitiv dazu.

Auch für das verpasste Anschlussprogramm können keinen Schadenersatz von der Airline fordern. Für ungenutzte Anschlussflüge, Zugreisen oder Hotelübernachtungen müssen Urlauber selbst aufkommen. Allerdings haben Betroffene Anspruch auf die Rückzahlung des Ticketpreises. Alternativ können sie sich für einen kostenlosen Ersatzflug auf der gleichen Strecke entscheiden. Dabei müssen sie eventuell aber eine längere Wartezeit hinnehmen, bis der Flughafen am gebuchten Reiseziel wieder geöffnet ist.

Wer etwa statt nach New York nach Miami fliegen möchte, um dem Sturm auszuweichen, muss verhandeln: Einen Anspruch auf kostenloses Umbuchen zu einem anderen Ziel gibt es nicht.

Reiseveranstalter bieten kostenlose Stornierung an

Wegen der durch "Sandy" zu erwartenden Einschränkungen bieten mehrere Reiseveranstalter kostenloses Stornieren von betroffenen Reisen an. Bei der Tui etwa können Kunden gebuchte Reisen in betroffene Regionen gebührenfrei umbuchen oder von ihnen zurücktreten, sagte Sprecherin Alexa Hüner. Das gelte für Anreisen bis zum 1. November.

Auch Dertour gewährt für alle Leistungen wie Hotels und Ausflüge in Philadelphia, Washington, Boston und New York kostenlose Umbuchungen und Stornierungen, erklärte Sprecherin Angela de Sando. Dies gelte für Anreisen bis zum 31. Oktober.

Wer derzeit an die Ostküste der USA reist, muss bei Rundreisen mit Änderungen rechnen. Bei der Tui würden einige Rundreisen umgeroutet, erklärte Alexa Hüner. Bei Dertour finden die Rundreisen zwar wie geplant statt, laut Sprecherin de Sando teilweise aber ebenfalls mit neuen Routen.

Wenn sich der Sturm erheblich auf eine gebuchte Rundreise auswirkt, bekommen Pauschalurlauber Geld vom Veranstalter zurück,. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mehrere Stationen nicht wie geplant angefahren werden können. Dann dürfen Urlauber den Reisepreis mindern, erklärt Rechtsanwalt Paul Degott aus Hannover. Fällt eine Pauschalreise komplett ins Wasser, weil der Zubringerflug annulliert wird, erhalten Betroffene den kompletten Reisepreis zurück.

Nach bisherigen Informationen sei keiner der Urlauber ums Leben gekommen, die mit deutschen Veranstaltern in den Osten der USA gereist sind, sagte Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbandes. Aber auch, nachdem "Sandy" zum Tropensturm herabgestuft wurde, ist in vielen Städten noch längst nicht alles wie vorher. In New York etwa, dem mit Abstand wichtigsten Städtereisenziel für deutsche USA-Urlauber, sei bei Besichtigungen noch mit Einschränkungen zu rechnen, sagte Schäfer. Viele Gäste blieben heute noch im Hotel. Für den morgigen Mittwoch sei zu hoffen, dass sich die Lage entspannt. Es sei davon auszugehen, dass sich auch die Flugpläne ab Mittwoch normalisieren. "Wir reden hier allerdings auch nicht über Tausende deutsche Urlauber", sagte Schäfer. "Das bekommt man geregelt."

Rückflug von einem anderen Flughafen

Notfalls müssten die Veranstalter für ihre Kunden einen Rückflug ab einem anderen Flughafen organisieren, falls das notwendig ist. Die Veranstalter seien auch gefordert, wenn beispielsweise bei Rundreisen oder beim Ausflugsprogramm Änderungen nötig werden. "Das passiert in Absprache mit den Gästen", sagte Schäfer. Die jeweiligen Reiseleiter seien in der Regel ohnehin am besten darüber informiert, welche Sehenswürdigkeiten noch nicht wieder besichtigt werden können oder wo Busse und U-Bahnen noch nicht wieder im Einsatz sind.

Mit dem größten deutschen Reiseveranstalter Tui sind momentan 800 Gäste in der betroffenen Region rund um Washington, Philadelphia, Boston und New York. Sie mussten nicht evakuiert werden, sondern konnten in ihren Hotels bleiben, sagte Hüner. Auch den Dertour-Gästen vor Ort gehe es gut, sagte Sprecherin de Sando. Alle seien sicher in ihrem Hotel untergebracht.

Eine Gruppe des Reiseveranstalters Studiosus ist derzeit in New York - sie wohnt in einem Hotel am Times Square. "Alle 22 Gäste sind wohlauf", sagte Edwin Doldi, der Sicherheitsmanager des Unternehmens. "Wir haben allerdings schon gestern das Programm geändert." Ab mittags habe die Gruppe das Hotel nicht mehr verlassen - Referate im Konferenzraum statt Rundgang durch die Stadt lautete die Devise. Die Studienreise dauert bis kommenden Donnerstag. "Ob der Rückflug ab New York möglich ist, müssen wir sehen", sagte Doldi. Doldi ging am Dienstag aber davon aus, dass es bereits im Tagesverlauf wieder möglich sein werde, für Besichtigungen nach draußen zu gehen. Einschränkungen beim Programm seien jedoch denkbar, weil nicht sicher sei, ob beispielsweise die Museen wie gewohnt geöffnet sind.

Zahl der USA-Buchungen wird nicht zurückgehen

Dass es zu einem "Sandy"-Schock kommt und viele Deutsche statt in die USA nun lieber anderswohin fliegen, wo es keine Hurrikans gibt, hält der Deutsche Reiseverband für unwahrscheinlich. Er glaube nicht, dass die Zahl der Buchungen für USA-Reisen zurückgeht, sagte DRV-Sprecher Torsten Schäfer. "Das wird man gar nicht bemerken." Wer vorhabe, zum Weihnachtsshopping nach New York zu reisen, werde sich auch von den Fernsehbildern, die die Zerstörungen an der US-Ostküste zeigen, nicht davon abhalten lassen.

Im vergangenen Jahr reisten rund 1,824 Millionen Deutsche in die Vereinigten Staaten, 6 Prozent mehr als im Jahr davor. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es bereits 715 978, noch einmal ein Zuwachs von 11,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die USA sei als Reiseland im Trend, sagte Schäfer. Daran werde "Sandy" nichts ändern.

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