Hotels für Homosexuelle:Coming In

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Statt der Bibel liegen Kondome im Nachttisch: In Berlin hat das erste Design-Hotel für Schwule eröffnet.

Antje Wewer

Weiße Muskelshirts mit dem Aufdruck "Heterofriendly" liegen im Schaukasten an der Rezeption. Der Gast wird von hübschen, jungen Männern in schwarzen Anzügen und pinker Krawatte begrüßt. Und ja, sie sind freundlich, obwohl wir ein Heteropärchen sind.

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Das Berliner Axel Hotel ist nach Barcelona und Buenos Aires das dritte Gayhotel, das der spanische Besitzer Juan P. Juliá in dieser Woche mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und spanischen Drag-Queens in Berlin eröffnet hat.

Gayhotel heißt: ein Hotel, zugeschnitten auf die Ansprüche und Bedürfnisse von Schwulen. Und das sieht so aus: Ein schwarzer Neubau mit 86 Zimmern und verwinkelten, wieder schwarz getünchten Fluren. Eher maskulin als feminin in seiner Wirkung. Der Architekt des Hauses, der Spanier Íñigo Hernández Tofé, sieht das anders: Die Kombination von Schwarz und Gold sei für ihn sehr elegant und weiblich.

Das Zimmer 408 für 129 Euro die Nacht hat ein großes Kingsize-Bett und ein offenes Bad. Die Wanne ist durch eine rote durchsichtige Scheibe vom Flur getrennt. Liegt man in der großzügig geschnittenen Massage-Badewanne, kann man sich dabei im gegenüberliegenden Spiegel beobachten. Und in der Nachttischschublade liegt keine Bibel, sondern eine Kondompackung.

Hotelinhaber Juliá ist zur Eröffnung aus Barcelona angereist, und sitzt jetzt auf dem beigefarbenen Sofa in der Lounge. Der 39-jährige Spanier trägt gebräunten Teint, blaues Hemd unter seinem Kaschmirpullover und gepflegte Lederschuhe. "Nachdem mein Freund und ich in einem schicken Hotel in London schräg angemacht wurden, weil wir ein Doppelbett reserviert hatten, dachte ich: Die Zeit ist reif für ein Hotel, in dem sich Schwule willkommen und ohne Einschränkungen wohlfühlen."

Was unterscheidet ein Designhotel für Homosexuelle von einem Designhotel für Heterosexuelle? "Die tolerante Atmosphäre, die Nähe zum schwulen Viertel und der Wellnessbereich sind besonders wichtig", erklärt Juliá.

Der studierte Betriebswirt hat in Spanien und den USA studiert und ist nicht der Typ, der sich eine Regenbogenflagge vors Haus hängt oder Sexspielzeug neben dem Bett platziert. Und er hat seine Hotelkette sicher nicht aus reiner Nächstenliebe eröffnet, sondern weil er weiß, dass die schwule Zielgruppe eine sehr lukrative ist.

Schwulenfreundliche Reisen, Frisöre oder Yoga-Klassen gibt es schon seit Jahren. In Deutschland gibt es ein Dutzend Kinder- und Golfhotels, aber um ein Designhotel für Schwule in Berlin-Schöneberg zu eröffnen, muss erst ein Spanier kommen.

Flirtchancen im Wellnessbereich

Nun aber zum besagten Wellnessbereich, der im sechsten Stock liegt, mit Whirlpool unter freiem Himmel. Damit niemand auf die Lietzenburger Straße stürzt, steckt er unter einem gelben Gerüst, das an einen Kanarienvogelkäfig erinnert. Das Pärchen, das mit Shorts in der Sauna sitzt, schwärmt, dass man vom Dach bis zur Goldelse blicken kann.

Die Duschen sind mitten im Raum arrangiert und animieren förmlich zum Posieren. "Sicher wird in der Sauna geflirtet, aber das passiert doch in allen Hotels der Welt", sagt Juan P. Juliá. "Frauen mögen es vielleicht geschützter beim Duschen - dafür haben sie ansonsten aber bei uns ihre Ruhe."

Das Hotel-Konzept ist Offenheit - deswegen sind Bar und Restaurant, in dem es neben dem klassischen Clubsandwich auch Mini-Currywurste und Spreezander gibt, auch von der Straße aus einsehbar. Alle dürfen zuschauen, wenn an der Bar gefeiert wird. Und reinkommen sollen sie natürlich auch.

Am nächsten Morgen an der Rezeption: Eine ältere Dame im Pelzmantel fragt, ob man ihr ein Zimmer zeigen könne. Sie findet die Nähe zum Kurfürstendamm fantastisch und will ihre Freundinnen hier unterbringen.

Man kann. Sie reserviert. Allerdings ein Zimmer ohne Kingsize-Bett. Gibt es also auch.

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