Hotel Fatal:Schlaflos im Hotel

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Hotelzimmer können es dem Gast nachts schwer machen. Durch hinterhältige Lichtschalter und besitzergreifende Laken wird das Einschlafen zur Herausforderung.

Max Scharnigg

Eine gewisse Tragik erfährt das Prinzip Hotel dadurch, dass es sein Hauptversprechen, Schlaf in der Fremde, selten erfüllt. Zumindest selten in der ersten Nacht. Man ist doch im Pyjama ein sensibles Tierchen und die fremde Bettstatt ein ewiger Quell der Unzulänglichkeit.

(Foto: Foto: iStock)

Es fängt damit an, dass sich das vorgefundene Bett in der Höhe extrem, manchmal mehrere Zentimeter, vom gewohnten Standard unterscheidet und man sich fortan entweder fühlt, als würde man ein Steilwand-Biwak vornehmen oder so knapp über Bodenniveau nächtigen, dass man zum Einschlafen die Teppichknoten zählen könnte.

Trotzdem ins Bett geschlüpft, wird man, zumindest in Ländern des ehemaligen Commonwealth und den USA, zu einem menschlichen Einstecktuch - zwischen zwei straff gespannten Laken. Was ist das eigentlich für ein System? Die wenigsten Menschen benehmen sich doch im Schlaf wie Scheckkarten.

Auch als ausgeglichener Typ sieht man sich doch gelegentlich zum Umdrehen, Strampeln oder gar probeweise zum Beinheben gezwungen. Ein vernünftiges Bett, zum Beispiel das heimische, besteht genau deswegen aus einer "schwimmend" verlegten Decke, die im Verlauf einer Nacht die verschiedensten Kompressionszustände erfährt.

"Nun, wenn alles wäre wie daheim, wäre es ja auch langweilig und schließlich Marco Polo...", denkt man und zwängt sich also unter das akribisch gestraffte Leinentuch oder fetzt es mühsam aus seiner doppelt eingeklemmten Verankerung. Beides ist einer schlaffördernden Besinnlichkeit nicht gerade dienlich.

Hierauf keimt bald ein Gedanke, der nicht nur Hygienefreaks ein weiteres Viertelstündchen unterhält: Auf dem knochenhart gestärkten Laken liegt für gewöhnlich eine Steppdecke, die gerne auch den Charakter einer Tagesdecke hat. Diese Decke ist meist das, was man daheim "nicht bezogen" nennen würde.

Das Scheckkarten-Leintuch-System, so grübelt der darunter gefangene Gast, beruht also auf der Annahme, dass es genüge, das Strafftuch auszuwechseln, die Tagesdecke jedoch bleibt vom Direktkontakt mit den Bodys unberührt und wird, so der Generalverdacht, deswegen nur einmal im Jahr ausgeschüttelt.

Sicherlich, man ist kein Pedant, trotzdem fühlt man sich nach dieser Überlegung wohler, wenn die Decke den Knie-Meridian nicht Richtung Gesicht überschreitet. Dergestalt verunsichert hofft man auf schnellen Schlaf, der einen weiterführender Gedanken enthebt. Licht aus!

Lesen Sie auf der nächsten Seite, mit welchen Tücken man im Kontakt mit Stehlampen rechnen muss.

Man bedient sich hierzu der Schalterbatterie an der Bettseite und verursacht ein hübsches Illuminationsspiel in der ganzen Suite: Licht im Badezimmer an und aus, Deckenlicht an und aus, Nachttischlampe auf der anderen Doppelbettseite an und aus, eigene Nachttischlampe aus. Sehr schön.

(Foto: Foto: privat)

Die Bewunderung für den Elektriker der hier mehrere Kilometer Kabel verlegt hat, kann danach nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Zimmer immer noch hell ist. Es gibt eine Stehlampe.

Trickreiche Stehlampen

Diese Stehlampe hat man nicht selber angeschaltet, diese Stehlampen werden stets vom aufmerksamen Personal zur Begrüßung angeknipst. Stehlampen kann man nie vom Bett aus löschen.

So schält man sich aus seinem strengen Kokon und nähert sich der Lampe in unfreundlicher Absicht, fährt müde mit der Hand von der Glühbirne bis zum Stehlampenfuß in der Hoffnung, unterwegs dem Schalter zu begegnen. In den seltensten Fällen geht das in Erfüllung, denn ach, es gibt tausend Arten, eine Stehlampe zu bedienen!

Es gibt versteckte Schnürchen zum Ziehen, riskante Drehschalter an der Fassung, es gibt Fußpedale und Kabelschalter, ins Dekor integrierte Druckknöpfe und es gibt Design-Stehlampen, denen man durch Streicheln am Schirm das Leuchten ausreden muss.

Schließlich Triumph, Licht aus! Es ist stockdunkel. Man tappert Richtung fremdes Bett, fühlt sich endlich nahe genug, um mit einem befreienden Hopser darin zu landen und stößt sich umgehend Knie und Kopf an. Entfernung für den Hopser falsch eingeschätzt.

Später, wieder zwischen die Laken gepropft, geht befreit ausatmend der Blick ein letztes Mal gen dunklen Himmel - um dort festzustellen, dass der Hotelzimmerhimmel nicht dunkel ist. Es glitzern viele bunte Leuchtdioden an ihm. Eine grüne Leuchtdiode gehört zur Sprinkleranlage, eine rote zeigt den Rauchmelder an und eine große blaue krönt den Fernseher, der in der Zimmerecke hängt.

Und die Decke findet ihren Weg

Man fixiert die Privatdisko und redet sich dabei ein, dass diese klitzekleinen Lichtlein ja wohl nicht stören. Nach einer halben Stunde allerdings ist man sich sicher, dass nichts anderes vom verdienten Schlaf abhält, als die vermaledeiten, riesigen Leuchtdioden.

So geht es weiter. Es gibt ja auch noch eine Klimaanlage, die ein Geräusch macht, einen Aufzug auf dem Flur, es gibt zu warm oder zu kalt und überhaupt gibt es Kissen und es gibt das, was einem in den meisten Hotels als Ersatz dafür angeboten wird.

Irgendwann in diesem Strudel des Ungemachs übermannt einen der Schlaf des Erschöpften. Und morgens beim Aufwachen sieht man dann erstens Original-Hotelaugenringe und zweitens, dass man die olle Tagesdecke eben doch wieder halb im Mund hat.

Sehr gute Betten, nämlich jene aus der schwedischen Luxus-Manufaktur "Hästens" gibt es zum Beispiel in Hotel Stein in Salzburg - bei der Reservierung unbedingt ein Hästens-Zimmer verlangen! (Telefon: 0043 662 8743460), EZ 109 Euro /Nacht

Max Scharnigg, 28, arbeitet als Journalist in München und ist Mitglied der jetzt.de-Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Seine Wochenenden verbringt er am liebsten in interessanten Hotelzimmern mit Bad oder Dusche.

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