Hofbräuhaus in Las Vegas:Eine Kopie mit kleinen Fälschungen

Wer in Las Vegas nicht auf bayerisches Bier verzichten will, geht ins Hofbräuhaus und berauscht sich auch an chinesischen Plastikkastanien.

Wolfgang Koydl

Manchmal muss man auch einem Paradies auf die Sprünge helfen, vor allem, wenn es sich bei diesem Garten Eden um einen bayerischen Biergarten mit ewig gleichbleibend lauen Temperaturen und einem permanenten weiß-blauen Himmel handelt. Eigentlich hatte ja alles gepasst: das frisch gezapfte Bier in den Maßkrügen, die dampfenden Knödel und Schweinshaxn, und die feschen Mädel im Dirndl sowieso. Nur die Blätter an den Bäumen, die gefielen Stefan Gastager halt überhaupt nicht.

Hofbräuhaus in Las Vegas, oh

Jeden Tag Oktoberfeststimmung im Hofbräuhaus in Las Vegas

(Foto: Foto: Hofbräuhaus Las Vegas)

"Sie müssen nämlich wissen, dass das amerikanische Kastanienblatt anders aussieht als das deutsche", erinnert sich der Wirt und Manager. "Dem Amerikaner wär' das ja wurscht, aber einem Deutschen, dem fällt das auf, und es würde seine Experience dann schon ziemlich beeinträchtigen."

Gastager mischt in seinen breiten Münchner Akzent großzügig englische Vokabeln. In seinem Job passt das recht gut zusammen, denn Gastager leitet gemeinsam mit seinem Bruder Klaus das Hofbräuhaus in der amerikanischen Spielermetropole Las Vegas.

"In dieser Stadt ist alles andere gefälscht", sagt Klaus Gastager, "der Eiffelturm und der Markusplatz, der Comer See und die Pyramiden. Nur wir-wir sind ein Original".

Ein wenig geprahlt ist das schon, denn das Original-Hofbräuhaus steht noch immer am Platzl in München und nicht an der Ecke Paradise und Harmon Road in Vegas. Aber die zwölf Millionen Dollar teure Kopie im Wüstensand, die vor vier Jahren von dem ursprünglich aus Rosenheim stammenden Tiger-Duo Siegfried und Roy eröffnet wurde, ist mit einer an Besessenheit grenzenden Liebe zum Detail gebaut wurden.

Die Fassade, die Wandmalereien, die blank gewienerten Holzbänke und Tische in der Schwemme, und selbst die aus Deutschland importierten 75 000 Dachziegel unterscheiden sich nicht vom Stammhaus in München. Und die Kastanienblätter im klimatisierten Biergarten mit dem handgemalten Himmel an der Decke mögen zwar aus Plastik sein. Aber sie sehen aus wie deutsches Laub, dank einer chinesischen Firma mit den passenden Gussformen. Jedes Blatt wurde einzeln an den hölzernen Baumstämmen und Zweigen befestigt.

Eine Kopie mit kleinen Fälschungen

Es ist kein Geheimnis, wie populär bayerisches Bier, bayerische Küche und das, was als bayerische Lebensart mit lautstarker Umpah-Musik gilt, in Amerika sind. Hunderte Orte im ganzen Land organisieren ihr eigenes Oktoberfest, da sollte man denken, dass einem Lokal die Türen eingerannt werden, wo man nach Eigenwerbung "jeden Tag Oktoberfest" feiert.

Pamela Anderson im Hofbräuhaus in Las Vegas, Getty Images

Auch Pamela Anderson feierte schon zünftig bayerisch in Las Vegas

(Foto: Foto: Getty Images)

Doch es dauerte ziemlich lang, bis sich das Hofbräuhaus in Vegas etabliert hatte. Die Konkurrenz war groß, und weil das Haus abseits des Strip mit seinen Hotels und Kasinos liegt, verirrte sich kaum Laufkundschaft in die Schwemme. "Aber inzwischen läuft es, wir hatten schon 1,4 Millionen Gäste", rechnet Stefan Gastager vor, "und die Leute sagen nicht mehr, dass wir schräg gegenüber vom Hard Rock Hotel liegen; sie sagen jetzt, dass das Hard Rock Hotel schräg gegenüber vom Hofbräuhaus ist".

Mittlerweile ist die Bierschwemme auch auf Touristenkarten eingetragen - nicht als Restaurant, wie Gastager verschmitzt erklärt, sondern als eine der insgesamt zwölf Attraktionen von Las Vegas, "neben dem Haifischbecken im Mandalay Hotel oder dem Stratosphere Tower".

Bier wird aus München geliefert

Besonders stolz sind die Wirte, dass sie so gut wie keine kulinarischen Zugeständnisse an den amerikanischen Massengeschmack gemacht haben. Beim Bier sowieso nicht - das wird von der Hofbräu AG in München geliefert - Helles, Dunkles und Hefeweizen.

Auch der tiefgefrorene Breznteig und der süße Weißwurstsenf kommen aus Deutschland; die Würste produziert ein deutscher Metzger in San Francisco, und der Rettich ist die japanische Daikon-Variante, die in Kaliforniens Central Valley angebaut wird. "Wir schneiden ihn mit einem Original Münchner Radi-Schneider, und unser Radi-Teller unterscheidet sich in nichts von einem Radi daheim in Bayern", meint Gastager.

Ebenfalls auf der Speisekarte finden sich Bavarian Style Hamburger (Fleischpflanzerl), eine "Bavarian Cheese Specialty you will love" (Obazter), und Bavarian Grilled Sausage Loaf (Leberkäs). Jeden Samstag gibt es die allzeit populären Crispy Pork Shanks - vulgo Schweinshaxn.

"Nur in einem Punkt mussten wir den Amerikanern entgegenkommen", gibt Stefan Gastager zu. "Das Grillhendl muss mit Soße sein." Er seufzt. "Mir dreht sich da zwar der Magen um, aber der Amerikaner will's halt so." Manchmal, so scheint es, ist auch das Paradies nicht perfekt.

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