Höchstes Riesenrad der Welt:"Goethe wäre ein Fan"

Der 165 Meter hohe "Singapore Flyer" soll doppelt so viele Besucher anlocken wie das kleinere Pendant in London. Dieses Projekt ist nicht das letzte und kleinste des Deutschen Florian Bollen.

Katja Schnitzler

Florian Bollen, 42, ist Chairman der Great Wheel Corporation, die das Patent für richtig große Räder gekauft hat. Florian Bollen war so begeistert vom "London Eye", dass er sich die Rechte an der Technik sicherte und nun Singapur mit der neuen Touristenattraktion beglückte. Bald geht es auch in Berlin und Peking rund.

sueddeutsche.de: Goethe soll immer den höchsten Turm erklommen haben, eher er ein Gedicht über eine Stadt schrieb. Würde er heute in Ihr Riesenrad steigen?

Florian Bollen: Wir nennen es Aussichtsrad, weil wir einen großen Fortschritt zu den traditionellen Riesenrädern gemacht haben, an denen die Gondeln noch schwankend hängen. Unsere großen Kapseln für jeweils 28 Personen in Singapur sind aber außerhalb des Rahmens fixiert und stabilisieren sich selbst, so dass sie immer waagrecht bleiben und die Leute darin herumspazieren können.

sueddeutsche.de: Zurück zu Goethe - würde er denn mitfahren?

Bollen: Er wäre ein ganz großer Fan, schließlich lautet ein weiteres Zitat von ihm: "Man reist, um zu reisen - nicht um anzukommen." Und die Fahrt mit dem Aussichtsrad ist eine schöne Art, eine Stadt zu erfahren. So geht die Reise auch für denjenigen weiter, der schon angekommen ist.

sueddeutsche.de: Die Gondeln des "Singapore Flyer" sind Glaskapseln. Was empfehlen Sie Leuten mit einem Hang zur Höhenangst?

Bollen: Es gibt zwar viel Glas, so dass man ganz oben einen 360 Grad Rundumblick ohne störendes Gestänge genießen kann. Aber der Boden ist ja fest, das Rad bewegt sich ganz langsam, das ist selbst für Leute mit Höhenangst kein Problem. Zur Not kann man sich auf die Bank in der Mitte der Gondel setzen.

sueddeutsche.de: Das Riesenrad in Singapur ist 165 Meter hoch, das in Berlin wird 185 Meter, und das in Peking symbolträchtige 208 Meter passend zu den olympischen Spielen 2008. Wann ist die Grenze erreicht?

Bollen: Mit Peking sind wir sehr nah an dran. Ein noch größeres Rad wäre zwar technisch möglich, würde aber sehr viel teurer kommen. Und 200 Meter reichen wirklich aus, um einen Überblick über eine Stadt zu bekommen.

sueddeutsche.de: Doch auch Dubai will eines Ihrer Aussichtsräder, und dort wird gerne mit Rekorden gewuchert. Wie sind da die Pläne?

Bollen: Dubai steckt diesmal zurück, es sind 185 Meter geplant, mehr wäre nicht mehr ökonomisch. Schließlich kommen nach Dubai auch deutlich weniger Besucher als nach Peking.

sueddeutsche.de: In Katastrophenfilmen ist es eine beliebte Szene, wenn sich ein Riesenrad bei einem Erdbeben aus der Verankerung reißt und durch die Straßen rollt. Was ist Ihr persönlicher Albtraum?

"Goethe wäre ein Fan"

Bollen: Von dem Aussichtsrad habe ich noch nie schlecht geträumt. Das gute daran ist, dass es gegenüber Naturkräften sehr stabil ist: Vibrationen durch den Wind werden von der Konstruktion ausgeglichen, und weil es so dynamisch und beweglich ist, sagen unsere Techniker: Im Falle eines starken Erdbebens, bei dem Hochhäuser einfallen, würde unser Rad stehenbleiben.

Florian Bollen

Florian Bollen

(Foto: Foto: Great Wheel Corporation)

135 Meter ist das "London Eye" an der Themse hoch, das neue Rad in Singapur überragt es um 30 Meter und ist damit das höchste der Welt - noch. In Berlin wird an einem 185 Meter hohen Aussichtsrad gebaut, das in Peking soll sogar 208 Meter hoch werden. Die Fahrt in Singapur dauert 37 Minuten und kostet umgerechnet etwa 15 Euro. Die 28 Glaskapseln, in denen 28 Menschen mitfahren können, kann man mieten, etwa für Hochzeiten oder Geburtstage - dann kostet die Runde 500 Euro.

Das Rad dreht sich so langsam, dass es zum Ein- und Aussteigen der Gäste nicht halten muss. Da die Kapseln außen am Rad festgemacht sind, bietet sich am höchsten Punkt ein Rundumblick über die Stadt. Dann sind die Besucher etwa auf der Höhe der 42. Etage eine Hochhauses.

Der Deutsche Florian Bollen ist in Kiel geboren und aufgewachsen in Köln, außerdem lebte er in München und Hamburg. Inzwischen wohnt der 42-Jährige in Singapur, da dort auch die Great Wheel Corporation ihren Hauptsitz hat, deren Chairman er ist. Auf die Idee, das Patent zum Bau der gigantischen Riesenräder zu erwerben, brachte den früheren Filmproduzent die Begeisterung seiner Familie und Freunde, als das "London Eye" Silvester 1999 eingeweiht wurde. Auch er schwärmt von dem "Ausflug, bei dem man die wirkliche Welt verlässt". Die erste Runde mit dem "Singapore Flyer" nach sechs Jahren Planung und Bauzeit sei "nicht zu beschreiben.

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