Unterwegs zu sein in der Bergwelt des Himalaya, bedeutet keineswegs, dass man Extrembergsteiger sein muss. Weil man einerseits auch ohne Kletterei weit in die Höhe gelangt. Und andererseits nicht unbedingt allzu hoch hinaufmuss, um trotzdem mittendrin zu sein in diesem faszinierenden Gebirge. Denn nicht bloß in entlegenem Gelände kann man eine faszinierende Aussicht haben auf außergewöhnliche Hochgebirgspanoramen.
Der Autor Cam Honan hat in dem Band "Wanderlust Himalaya" 40 Trekkingtouren zusammengestellt - wobei er das Nachbargebirge Karakorum miteinbezieht. Dort befinden sich vier der Achttausender, viele der besten Wanderungen in Pakistan, so Honan, lägen im Karakorum und nicht in dem kleinen Anteil, den das Land am Himalaya hat.
Unter den ausgewählten Wandertouren sind sehr anspruchsvolle, die ein höheres Maß an Erfahrung und Fitness erfordern. Allen voran der Advanced Everest Base Camp Trek, der vom Everest Base Camp auf der tibetischen Seite bis zum Camp III auf 6415 Metern Höhe führt. Das ist jener Ort, an dem Nicht-Kletterer dem Gipfel des Mount Everest am nächsten kommen können. Hin und zurück ist man circa eine Woche unterwegs.
Es geht aber auch einfacher: Gleich vier der fünf welthöchsten Berge sieht man, wenn man in Westbengalen auf dem Singalila Ridge Trek unterwegs ist: Mount Everest, Lhotse, Makalu und Kangchendzönga. Als leicht bis moderat wird die Tour eingestuft von Honan, vier bis fünf Tage ist man unterwegs auf einem Weg, dessen höchster Punkt auf rund 3600 Metern liegt - meistens ist man deutlich tiefer unterwegs. Es gibt bewirtschaftete Hütten, man erlebt also zugleich auch die indische Teehauskultur und sieht, wenn man im Frühling unterwegs ist, 18 verschiedene Rhododendren-Arten blühen.
Das Buch reicht natürlich nicht aus als Informationsquelle, wenn man sich konkret mit der Planung eines Trekkings befasst. Aber es vermittelt auch in praktischen Dingen einen ersten Eindruck: Braucht es eine Genehmigung, was gehört speziell auf dieser Wanderung ins Gepäck, wo und wie lässt es sich übernachten, und wann ist die jeweils beste Jahreszeit für dieses Abenteuer?
Vor allem aber setzt der Band optische Reize. Dazu gehören natürlich Bilder der Gipfelregionen. Aber ebenso Aufnahmen von Bergseen, Gletschern, Hochtälern - darunter enge Schluchten wie weite Ebenen -, außerdem von Klosteranlagen, Flüssen, Tieren und Pflanzen. Es ist eine weitgehend naturbelassene, aber keineswegs menschenleere Landschaft. Zwar gibt es Treks wie die Snow-Lake-Traverse in Pakistan durch das längste zusammenhängende Gletschergebiet der Welt außerhalb der Polarregionen, die nur von 200 Menschen pro Jahr gegangen wird. Auf anderen Treks sind Zehntausende unterwegs. Speziell in Bhutan werden Wanderer immer auch mit der Kultur des Landes konfrontiert.
Der letzte Trek führt den Autor ins Langtang-Tal in Nepal, in dem 2015 ein Erdbeben Tod und Zerstörungen gebracht hat. Von dort berichtet Cam Honan, wie die Bewohner ihr Leben wieder aufgebaut haben und auch die touristische Infrastruktur - die vor allem auf Wanderer zielt. Hier wird besonders deutlich, wie sehr die Bewältigung der Treks von der Unterstützung der Einheimischen abhängt. Ohne Guides und Gastwirte käme man vielerorts nicht weit.
Robert Klanten, Anna Diekmann, Cam Honan (Hrsg.) : Wanderlust Himalaya. Wandern auf dem Dach der Welt. Aus dem Englischen von Inotherwords. Verlag Die Gestalten, Berlin 2022. 304 Seiten, 39,90 Euro.