Hawaii:Ein Fisch namens Manini

Hawaii: Ab in die Mikrowelle - oder unter einen Farbpinsel: Naoki Hayashi mit einem Manini.

Ab in die Mikrowelle - oder unter einen Farbpinsel: Naoki Hayashi mit einem Manini.

(Foto: Jochen Temsch)

Naoki Hayashi macht Kunst aus dem Fang des Tages. Bringt man ihm einen Fisch, egal wie groß, taucht er ihn in Tinte und bedruckt damit Papier.

Von Jochen Temsch

Eine Garage mit Rolltor an einem trostlosen Parkplatz. Es gibt keinen erkennbaren Grund, warum man ausgerechnet hier, am Rande der verschlafenen Kleinstadt Kaneohe auf der hawaiianischen Hauptinsel Oahu, einen Zwischenstopp einlegen sollte. Kein Schild weist darauf hin, was hier geschieht. Doch wer sich auskennt, weiß, wo er den viel beschäftigten Meister aufstöbern kann, der seine Werke von dieser Garage aus bis ans andere Ende der Welt, bis nach Europa verkauft. Wann immer ein Tourist mit einem lokalen Skipper unterwegs ist und einen besonders stattlichen Thunfisch fängt oder ein einheimischer Junge zum ersten Mal in seinem Leben einen Mahi-Mahi aus dem Pazifik zieht, rufen sie Naoki Hayashi auf dem Handy an und fragen, ob sie vorbeikommen können. Denn es muss schnell gehen.

Hayashi bestreicht den Fisch mit Kalligrafie-Tinte und presst ihn auf Reispapier. Dann wäscht er die Tinte vom Fisch und gibt ihn dem Kunden zurück. "Wir fischen nicht aus Spaß, sondern für Nahrung. Und wir drucken den Fisch, um uns daran zu erinnern", sagt der 53-Jährige. Er ist in Japan geboren, in Neuseeland und Kalifornien aufgewachsen. Als er ein Junge war, zeigte ihm sein Großvater, wie man Fische verewigt. Später konnte er es selbst so gut, dass er seinen Job als Meeresbiologe aufgab, um sich als Künstler selbständig zu machen.

Auf dem Reispapier bleibt ein erstaunlich lebensechter, jede Schuppe zeigender Abdruck zurück, den Hayashi später koloriert. Die Farbgebung - "aus meiner Erinnerung an Tausende Tauchgänge", wie er sagt - ist die eigentliche Kunst an der Sache, die in Japan gar nicht als Kunst, sondern als traditionelles Handwerk gilt: Gyotaku heißt die 200 Jahre alte Technik, die es lange vor der Fotografie möglich machte, die Freude über einen Fang mit anderen zu teilen - und auch ein bisschen damit anzugeben.

Hayashi druckt mit handtellergroßen Manini-Fischen, die auf Hawaii schon von kleinen Kindern gefangen und zur Zubereitung einfach roh in den Mikrowellenherd gelegt werden, genauso wie mit Kraken oder 200 Pfund schweren Speerfischen, für die er fünf Leinwände aneinanderhängt. Um die 10 000 Dollar verlangt er für die Riesenwerke. In seiner Werkstatt empfängt er auch Schülergruppen und Touristen, denen er zeigt, wie man T-Shirts mit Fischen verziert. Die anfängliche Skepsis der Besucher weicht schnell einem großen Spaß und einer Erkenntnis: Hier wird nicht mit Lebensmitteln gespielt, sondern vielmehr der Wert des Lebens vermittelt (www.gyotaku.com).

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