Süddeutsche Zeitung

Hamburg Airport:Was kostet die Passagiere der Stromausfall?

  • Wegen eines Kurzschlusses hatte der Hamburger Flughafen - größter Airport Norddeutschlands und fünftgrößter in Deutschland - seinen Betrieb am Sonntag komplett einstellen müssen.
  • 30 000 Passagiere waren betroffen.
  • Sie haben nur teilweise Anspruch auf Entschädigung. Am besten sind Pauschaltouristen abgesichert, doch auch Individualreisende bleiben nicht auf allen Kosten sitzen.

Von Katja Schnitzler

Die Koffer sind gepackt, vielleicht sogar schon abgegeben, da erlischt das Licht. Terminals werden geräumt, Informationsschalter sind überlastet, genau wie die Airline-Hotlines. Ab Sonntagnachmittag geht nichts mehr am Hamburger Flughafen.

Statt in die Ferien, zum Termin oder Richtung Heimat abzuheben, versuchen Urlauber und Geschäftsreisende ein Weiterkommen zu organisieren, ihr Hotel auf anderem Weg zu erreichen und die Mietwagen-Abholung auf später zu verschieben. Doch wer zahlt, wenn das nicht klappt? Wenn der Flug ausfällt - aber nicht die Airline, sondern ein Kurzschluss im Flughafen schuld ist?

Es sei unklar, ob die Airlines für die Flugausfälle haftbar seien, sagte André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ). Die Fluglinien müssen laut Gesetz nicht entschädigen, wenn Flüge wegen "außergewöhnlicher Umstände" gestrichen werden müssen. Diese sind beispielsweise Streiks, extrem schlechtes Wetter, Sicherheitsrisiken und politische Instabilität. Ob aber ein Stromausfall am Flughafen auch dazu gehört, müsste laut Schulze-Wethmar gerichtlich geklärt werden.

Reiserechtler Paul Degott geht davon aus, dass in diesem Fall die Fluggastrechte-Verordnung der EU nicht voll zum Tragen kommt, in der eigentlich Ausgleichszahlungen bei annullierten Flügen vorgesehen sind. Denn auch für die Airlines verhinderte in Hamburg ein "Ereignis von außen" die Flüge. Doch damit seien die Fluggesellschaften nicht aus der Verantwortung entlassen, so Degott: "Bei Ausfällen müssen sie sich nicht nur um Verpflegung, sondern auch um zumutbare Ersatzbeförderungen kümmern." Seien diese am selben Tag nicht möglich, habe die Airline Hotelkosten für die Übernachtung sowie Taxikosten dorthin und zurück zu tragen. Auch wer auf die Bahn umsteigen konnte, kann seine Ticketkosten dafür bei der Airline einfordern.

Stellt diese sich quer, üben Betroffene schon mal den 2010 europaweit bekannt gewordenen Zungenbrecher Eyjafjallajökull, um die Fluggesellschaft an ihre Pflichten zu erinnern: "Nach dem Ausbruch des Vulkans in Island wollten Airlines die Ersatzbeförderung oft nicht zahlen, doch die Passagiere erhielten vor Gericht recht", berichtet Degott. Das gelte auch, wenn die Airline nicht zu erreichen sei: Wer sich dann selbst eine Bahnfahrt, einen Ersatzflug vom nächsten Airport mit Strom oder eine Hotelübernachtung organisiere, habe Anspruch auf Erstattung für diese Kosten. "Es sollte natürlich kein Luxushotel sein".

Das können Pauschalurlauber einfordern

Wer als Individualreisender zum Beispiel am Ziel einen Mietwagen gebucht und bezahlt hat, muss auf die Kulanz seines Vermieters hoffen, wenn er das Auto nicht wie vereinbart nutzen kann. Besser stehen Pauschalurlauber da: Sie können sich beim Reiseveranstalter die Tage, die sie keinen Urlaub machen konnten, zurückzahlen lassen. Denn bei dieser Minderung kommt es nicht darauf an, wer schuld daran war, dass der Kunde nicht ans Ziel kam.

Falls der Veranstalter zwar informiert wurde, aber untätig blieb - etwa keinen Flug vom nächsten Airport organisierte, weil dies für ihn teurer geworden wäre - kann sogar auf Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geklagt werden, erklärt Degott.

Die schlechte Nachricht für alle gestrandeten Passagiere: Den Hamburg Airport selbst können sie nicht in Haftung nehmen. "Da fehlt die Anspruchsgrundlage", sagt Degott: Es besteht kein direkter Vertrag zwischen Reisenden und Flughafen.

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