Günstiger reisen:Ferien auf der Pleite-Insel

Selten waren Kronen, Rubel, Pfund so wenig wert wie heute. Wo Urlauber derzeit besonders gut sparen können - ein Reisekompass.

A. Mühlauer und H. Wilhelm

"Island sagt Danke." Das behauptet zumindest Icelandair und wirbt so für günstige Flüge. Und tatsächlich: Ein Urlaub auf der Pleite-Insel war selten so erschwinglich wie heute. Das liegt natürlich weniger an den Frühbucherrabatten der Fluggesellschaft, sondern vor allem an dem Wertverfall der isländischen Krone. Bisher war ein Urlaub auf der Insel der Vulkane, Gletscher und Geysire für viele Deutsche kaum finanzierbar, doch nun ist der Wert der Währung zum Euro binnen eines Jahres um 34 Prozent gefallen. 150 Kronen bekommt man für einen Euro. Das heißt: Reisende kriegen mehr fürs Geld.

Günstiger reisen: Geysir in Island: Selten war ein Urlaub auf der Pleite-Insel so erschwinglich wie heute.

Geysir in Island: Selten war ein Urlaub auf der Pleite-Insel so erschwinglich wie heute.

(Foto: Foto: AP)

Aber nicht nur das kleine finanzkrisengeschüttelte Island wird als Reiseland finanziell attraktiver. Mehrere Währungen haben im vergangenen Jahr deutlich an Wert verloren. "Seit Anfang 2008 sind alle Hochzins-Währungen unter Druck geraten", sagt Michael Rottmann, Leiter der Zinsen- und Devisen-Strategie bei der Hypo-Vereinsbank. Der Grund: In den vergangenen Jahren war es in Investorenkreisen üblich, hochverzinsliche Währungen zu kaufen und sich parallel in niedrig verzinsten Währungen zu verschulden. So einfach ging das, so machte mancher ein gutes Geschäft.

Katalogpreis bleibt Katalogpreis

Doch im letzten Jahr änderte sich alles. "Spätestens seit der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers brauchen alle bares Geld, Liquidität", so Rottmann. Viele Anleger haben die Währungsgeschäfte deshalb aufgelöst, die hoch verzinsten Zahlungsmittel verkauft. In der Folge verloren australische sowie neuseeländische Dollar und viele Währungen Osteuropas dramatisch an Wert. "Wenn man in diesen dunklen Tagen überhaupt von Krisengewinnern sprechen will, fallen einem neben den Betreibern von Pfandleihen eigentlich nur noch die Urlauber ein", sagt Rottmann. So günstig war der Urlaub in manchen Ländern lange nicht.

Bei den Reisebüros ist dieser Trend nicht angekommen. Wird er wohl auch nicht. Katalogpreis bleibt Katalogpreis. Warum sollte der sich auch ändern, wollen doch die deutschen Reiseveranstalter im Krisenjahr 2009 am liebsten selbst verdienen. Dabei lohnt es sich, ein Auto erst im Urlaubsland zu mieten - oder bereits vorher im Internet zu reservieren. Auch bei Hotelbuchungen oder Ausflügen ist es billiger, in der jeweiligen Währung des Urlaubslandes zu zahlen. Wo es wie günstig ist - ein kleiner Reise-Kompass.

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Ferien auf der Pleite-Insel

Island

Die Pleite-Insel ist immer noch kein Billigreiseland, das wird sie wohl auch nie werden. "Aber wer schon immer dort hinfahren wollte und es sich nicht leisten konnte, der sollte dieses Jahr über eine Reise nachdenken", sagt Rottmann. "Vor allem Hotels und Essen sind günstiger geworden", ergänzt Ríta Duppler vom Veranstalter Island-Reisen, "früher zahlte man für ein Zimmer 220 Euro, heute sind es noch 160. Und die Zeiten, in denen man für ein Abendessen gut 50 Euro zahlte, sind nun auch vorbei." Nur Mietwagen seien noch immer so teuer wie zuvor.

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Australien und Neuseeland

Obwohl sie so weit weg sind, oder vielleicht gerade deshalb, sind Australien und Neuseeland bei den Deutschen so beliebt. Der starke Euro könnte die beiden Reiseziele noch beliebter machen. Blickt man ein Jahr zurück, so zeigt sich: Gegenüber dem australischen Dollar gewann der Euro 22 Prozent an Wert. Beim neuseeländischen Dollar sieht es aus europäischer Sicht noch besser aus: Um 36 Prozent legte der Euro gegenüber der neuseeländischen Währung zu. Wer also schon immer mal den Uluru, diesen spektakulär hässlichen Sandstein-Berg bei Sonnenuntergang sehen wollte, oder am Great Barrier Reef Korallen gucken wollte, für den ist Australien so billig wie schon lange nicht. Wer vor Ort ein Auto mietet, kann zehn bis 20 Prozent sparen.

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Großbritannien

Lange Zeit sah es so aus, als ob London für immer unbezahlbar bleiben würde. Die Finanzindustrie boomte, die Bonis der Banker ebenso und die Immobilienpreise kannten nur einen Weg: aufwärts. Selbst viele gebürtige Londoner konnten es sich nicht leisten, in der Stadt an der Themse zu leben. Stattdessen zog es russische Oligarchen nach Großbritannien. Touristen mussten tief in die Tasche greifen, das britische Pfund wollte einfach nicht schwächer werden. Das ist jetzt vorbei. Seit Ausbruch der Finanzkrise ist das Pfund weich geworden. So gab es Anfang August 2008 für einen Euro nur 0,79 Pfund. Heute liegt der Kurs von Pfund und Euro bei etwa 1 zu 1. Zugegeben, Hotels sind immer noch vergleichsweise teuer. Aber beim Shoppen lässt sich mittlerweile einiges sparen. Die britische Regierung hat die Mehrwertsteuer von ursprünglich 17,5 auf 15 Prozent gesenkt.

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Norwegen

Die günstigste Reisezeit für das skandinavische Land ist fast schon wieder vorbei. Seit ihrem Tiefststand im vergangenen Dezember hat sich die norwegische Krone etwas erholt, für einen Euro bekommt man im Umtausch nun etwa neun Kronen. Aber immerhin: Das sind noch neun Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Das macht sich bei einer Reise in das Land der hohen Preise durchaus bemerkbar. Billig ist es selbstverständlich immer noch nicht, zu Lyse- oder Geirangerfjord oder nach Oslo zu reisen. Ein großes Bier kostet nun immer noch gute sieben Euro. Aber im Februar 2008 zahlte man noch acht Euro.

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Ferien auf der Pleite-Insel

Südafrika

"Golfspieler können sich überlegen, in diesem Jahr in Südafrika zu überwintern" - so der Vorschlag von Währungsexperte Rottmann. Wer sagt, nun ja, Golf muss dann doch nicht sein, der kann sich zumindest unfertige Fußballstadien, U- und Autobahnen anschauen. Nächstes Jahr soll ja die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika stattfinden. Wie auch immer, es ist billiger geworden, in Südafrika Urlaub zu machen. Um fast 20 Prozent legte der Wert des Euro im vergangenen Jahr gegenüber dem Rand zu. Im Schnitt, so Rottmann, wurden Produkte für Europäer um etwa zehn Prozent günstiger.

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Osteuropa und Russland

Ob polnischer Zloty, tschechische Krone, ungarischer Forint oder russischer Rubel: Alle Währungen verloren im Vergleich zum Euro massiv an Wert. Die Preise für Produkte verbilligten sich in Russland und Polen um mehr als 20 Prozent. Wer in Moskau unterwegs ist, sieht woran das liegt: Die Oligarchen hat es erwischt, die meisten von ihnen haben verdammt viel Geld verloren. Sie können sich ihre Luxus-Labels zwar noch leisten - allerdings ist die Zeit des Prassens vorbei. Das Selbstbewusstsein der Russen leidet darunter nicht. Wer kein Geld hat, hat immerhin noch Gas.

Am Ende lässt sich eigentlich nur sagen: Schade, dass es inzwischen eine gemeinsame europäische Währung gibt. Zumindest aus Sicht des Reisenden, der gerne spart. Wirklich schade, sonst wäre ein Shoppingtrip nach Mailand oder Madrid jetzt ein absolutes Muss. Gäbe es noch D-Mark, Schilling, Franc, dann hätte die italienische Lira wohl gegenüber der D-Mark im vergangenen Jahr um 40 Prozent an Wert verloren. Bei der spanischen Peseta läge der Wertverlust bei etwa einem Viertel.

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