Grand-Canyon-Nationalpark:Die Bilderbuch-Schlucht

Es ist nicht die längste Schlucht der Welt, nicht die tiefste und nicht die breiteste. Und Fotos gibt es auch mehr als genug. Ist der Grand Canyon, vor 100 Jahren zum Nationalpark erhoben, überhaupt eine Reise wert?

Von Eva Dignös

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(Foto: NPS Photo/CC-BY-2.0)

Machen wir es kurz: Ja, der Grand Canyon ist mindestens eine Reise wert. Es mag noch so viele Bilder, Poster, Filme geben und der Besucher mag sich noch so sicher sein, dass er längst weiß, was ihn erwartet: Die Atmosphäre dieses Ortes lässt sich nicht in zwei Dimensionen einer Abbildung pressen. Sie packt den Besucher am Canyonrand, wenn der Blick über die steinernen Terrassen und Säulen, Abbrüche und Kanten schweift, bis zum Horizont wie ein aus Stein gehauenes Kunstwerk der Natur. "Lasst alles, wie es ist. Man kann es nicht verbessern", sagte US-Präsident Theodore Roosevelt. Das war zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Roosevelt kämpfte dafür, das Naturwunder im Südwesten der USA zu bewahren. Doch noch war der Widerstand zu groß, Roosevelt fehlten die nötigen Mehrheiten. Immerhin konnte er den Grand Canyon 1908 zum National Monument erklären lassen, ein erster Schritt. Doch zum Nationalpark wurde ein Großteil des Canyons erst kurz nach Roosevelts Tod: Vor 100 Jahren, am 26. Februar 1919, erhielt die Schlucht, die der Colorado River in Millionen Jahren mehr als 1000 Meter tief in die vielfarbigen Erdschichten ins Colorado Plateau gegraben hat, den Status eines Nationalparks - und immer mehr Touristen machten sich auf den Weg in den wilden Westen (sehen Sie hier mehr historische Bilder).

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(Foto: REUTERS)

Fünf Millionen Besucher zählt der Grand Canyon National Park heute im Jahr. Der meistbesuchte US-Nationalpark ist er nicht, in die Great Smokey Mountains im Südosten der USA kommen noch mehr Menschen. Ziemlich voll kann es trotzdem werden, vor allem am South Rim: Die meisten touristischen Angebote liegen entlang der Südkante des Canyons. An den Aussichtspunkten nahe des Grand Canyon Village, vor allem am Mather Point, sind diejenigen zu finden, die nur mal schnell einen Blick in die Schlucht werfen wollen.

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(Foto: NPS Photo/CC-BY-2.0)

Dabei wäre reichlich Platz für alle da: Fast 450 Kilometer ist der Grand Canyon lang, 350 davon liegen im Nationalpark. Zwischen sechs und 30 Kilometer liegen zwischen der Nord- und der Südkante, bis zu 1600 Meter sind es bis zum Colorado River am Grund des Canyons. Noch vor 150 Jahren war das Felsenlabyrinth ein weißer Fleck auf den Karten. 1869 gelang John Wesley Powell, einarmiger Bürgerkriegsveteran und entdeckungsfreudiger Geologe, mit einem wagemutigen Team die erste Durchfahrung auf hölzernen Booten - oder zumindest die erste derartige Expedition, die dokumentiert ist (lesen Sie hier in unserer Serie "Reisepioniere" mehr über den Mann, der den Grand Canyon erforschte).

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(Foto: NPS Photo)

Der Fluss, der im Gewirr der Felsspitzen oft gar nicht zu sehen ist, war damals ein unberechenbares Wildwasser. Doch der flussaufwärts gelegene Glen-Canyon-Damm hat ihn weitgehend gezähmt - und in seinem Charakter verändert: Sandbänke bildeten sich zurück, einige Fischarten starben aus.

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(Foto: NPS Photo/CC-BY-2.0)

Trainierte Wanderer wählen ihren Weg aus mehreren Trails hinab zum Fluss. Die Touren werden gern unterschätzt, denn ist man glücklich unten angekommen, steht die Hauptarbeit erst noch bevor: der Rückweg mit etwa 1500 Höhenmeter bergauf. Als Tagestour ist das kaum zu schaffen, erst recht nicht in Flipflops oder ohne Wasserflaschen im Rucksack. Jedes Jahr verunglücken schlecht ausgerüstete Wanderer oder Parkbesucher, die der Anstrengung konditionell nicht gewachsen sind oder in der Hitze kollabieren. Auf eine spontane Übernachtungsmöglichkeit kann der Wanderer nicht hoffen: Die Campingplätze müssen vorab gebucht werden, die Schlafplätze in der historischen Phantom Ranch werden verlost, bewerben muss man sich dafür bereits 14 Monate im Voraus.

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(Foto: Marco Gnaccarini/Unsplash)

Aber es lohnt auch, nur ein Stück in die Schlucht hinein zu gehen, zum "Ooh Aah Point" auf dem South Kaibab Trail zum Beispiel. Mit jedem Meter verändert sich die Szenerie, wechselt das Gestein seine Farbe, rücken bizarre Felsformationen ins Blickfeld. Noch bequemer ist der Rim Trail, fast ohne Steigungen verläuft er entlang der Südkante. Auch auf diesem Weg wird es deutlich leerer, sobald sich der Wanderer ein paar Hundert Meter von den Haltestellen der Shuttlebusse wegbewegt.

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(Foto: Jared Verdi/Unsplash)

Das Bilderbuch der Erdgeschichte, das der Grand Canyon für Geologen darstellt, werden die wenigsten Besucher lesen können. Müssen sie auch gar nicht, allein das Farbspiel der bis zu 1,7 Milliarden Jahre alten Gesteinsschichten fasziniert. Rosa, Rostrot, Violett, Grau, Grün und Braun - besonders schön leuchten die Felsen im Morgen- oder Abendlicht. Sonnenauf- oder -untergang erleben zu können, spricht für eine Übernachtung im Park, auch wenn dort die Unterkünfte etwas teurer sind als in den Motels außerhalb der Nationalparkgrenzen. Sie sollten auf jeden Fall vorab reserviert werden.

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(Foto: Stephane Paul/Unsplash)

Mit einem Geländer sind übrigens nur wenige Aussichtspunkte gesichert. Das ermöglicht spektakuläre Fotos - man sollte aber auch daran denken, dass das Gestein an der Kante abbröckeln könnte.

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(Foto: NPS Photo)

Der Eintritt in den Park kostet 35 Dollar pro Auto einschließlich aller Passagiere sowie 20 Dollar für Fußgänger oder Radfahrer, das Ticket bleibt sieben Tage lang gültig. Bei einem Roadtrip durch mehrere Parks - und davon hat der Südwesten der USA einige zu bieten - lohnt sich der Jahrespass für 80 Dollar pro Auto. Mehr Geld auszugeben, ist leicht: Rund um den Park lässt sich das volle touristische Programm buchen, von Rundflügen im Helikopter über Wildwasserrafting bis zum Tandemsprung mit dem Fallschirm.

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(Foto: NPS Photo/CC-BY-2.0)

Der ruhigere Teil des Grand Canyons liegt auf der anderen Seite der Schlucht, am North Rim. Weniger als 20 Kilometer Luftlinie sind es vom Grand Canyon Village aus - aber mehr als 300 Kilometer mit dem Auto, denn innerhalb des Nationalparks gibt es keine Brücke von einem Canyonrand zum anderen. Öffentlich zugänglich ist der North Rim allerdings nur von Mitte Mai bis Mitte Oktober, im Winter fällt dort viel Schnee. Im Nordteil herrscht deutlich weniger Rummel, damit steigen die Chancen, nicht nur Menschen, sondern auch Tieren zu begegnen. Hunderte Arten sind im Grand Canyon heimisch, die meisten eher scheu, manche durch den häufigen Kontakt mit Parkbesuchern aber oft schon zu zutraulich.

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(Foto: Chris Chow/Unsplash)

Mindestens 15 Meter Abstand empfiehlt die Parkverwaltung zu Vögeln, Reptilien oder kleineren Säugetieren, mindestens 30 Meter sollte man sich von Rehen oder Hirschen entfernt halten. Am gefährlichsten ist allerdings nicht das Großwild, sondern ein possierlicher kleiner Nager: Der Biss eines "Rock Squirrels" ist die häufigste Verletzung, die Nationalparkbesucher davontragen, weil sie den Tieren bei Fütterversuchen zu nahe kommen. Oder sich die frechen Hörnchen nicht an die Abstandsregeln halten.

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