Grabtuch in Turin:Von Angesicht zu Angesicht

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Echt oder nicht echt, diese Frage diskutieren Besucher, die in Turin erstmals nach zehn Jahren das angebliche Grabtuch von Jesus sehen können.

Erstmals seit zehn Jahren ist das mysteriöse Grabtuch von Turin, das der Überlieferung nach den Leichnam Jesu bedeckt haben soll, wieder öffentlich zu sehen. Bei der sechswöchigen Ausstellung in der Kathedrale der norditalienischen Stadt werden etwa zwei Millionen Besucher erwartet.

Um dem ersten Ansturm der Gläubigen Herr zu werden, setzte die Stadt auf zahlreiche freiwillige Helfer, ein Zelt zur Verpflegung der Pilger und Absperrungen rings um die Kathedrale. Die Behörden der Stadt legten zusätzliche Parkplätze an und richteten mobile medizinische Versorgungszentren ein.

Nach dem Warten in der Schlange muss es dann schnell gehen: Jeder Besucher bekommt zwischen drei und fünf Minuten Zeit, um das Grabtuch zu sehen.

Normalerweise hängt in der Kathedrale nur eine Nachbildung des Tuchs. Das seit dem Jahr 1578 im Turiner Dom aufbewahrte Leinen ist eines der am meisten verehrten und gleichzeitig umstrittensten Reliquien des Christentums. Das Leinentuch wurde im 14. Jahrhundert in einer Kirche nahe Troyes im Nordosten Frankreichs entdeckt und soll den lebensgroßen Abdruck des gekreuzigten Jesus Christus zeigen.

Drei Laboratorien kamen allerdings 1988 nach Radiokarbonuntersuchungen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass das Tuch im Mittelalter zwischen 1260 und 1390 hergestellt wurde. Die Diskussionen über die Echtheit gingen im Anschluss daran unvermindert weiter. Der Vatikan selbst äußerte sich noch nie zur Echtheit des Grabtuchs. Zuletzt war das 4,4 Meter lange und 1,1 Meter breite Leinen im Jahr 2000 in der Öffentlichkeit zu sehen.

Die kroatische Studentin Daniela Kalatovic sagte, sie wolle das Grabtuch angesichts der wissenschaftlichen Zweifel gerne selbst betrachten. "Ich hoffe, wenn ich es sehe, kann ich daran glauben", sagte die 24-Jährige am Eröffnungstag der Ausstellung. "Ich bin selbst Wissenschaftlerin, also habe ich Zweifel."

Die Ausstellung des Grabtuchs läuft noch bis zum 23. Mai, dann ist wieder nur die Kopie zu sehen.

© sueddeutsche.de/AFP/kaeb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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