Süddeutsche Zeitung

Geothermie:Vulkanisches Wunderland

Geysire und Schlammtöpfe: Es blubbert höllisch um Rotorua. Die geothermische Energie wird zum Heizen und Kochen genutzt - und neuerdings auch zum Baden und zur Linderung von allerhand Leiden.

Von Anja Martin

Es dampft rund um den Lake Rotorua. Aus Spalten, unter Steinhaufen hervor, auf Plätzen, in Vorgärten oder Hinterhöfen. Da sind plötzlich aufblubbernde Tümpel und Gehwege, die so warm sind, als hätte sich die Gemeinde dafür eine Fußbodenheizung geleistet. Und immer wieder riecht es nach faulen Eiern. Denn die Gegend zwischen Rotorua und Taupo ist eine der aktivsten geothermischen Regionen weltweit. Viele Einwohner nutzen die natürliche Wärme zum Kochen, Duschen und Heizen.

Vor allem aber haben die heißen Quellen Rotorua zu einem Kur- und Badeort gemacht, der an einem See mitten in einer Caldera mit einem Durchmesser von 16 Kilometern liegt. Da der Vulkan zum letzten Mal vor 240 000 Jahren so richtig ausgebrochen ist, hält sich die Sorge in Grenzen. Wanderwege führen zu Dampfbecken, Schlammtöpfen, bunten Terrassen und Vulkanseen, deren Wasserstand um mehrere Meter differiert, je nachdem, wann man hineinschaut. Knapp außerhalb der Stadt schießt bis zu zwanzig Mal am Tag ein Geysir dreißig Meter in die Höhe. Man kann die Gegend getrost ein vulkanisches Wunderland nennen.

Am heißesten geht es in Hell's Gate her. Eine Dampfkammer heizt natürliche Wasserreservoirs, die durch Risse im Gestein Pools speisen. Temperaturen und pH-Wert schwanken von Pool zu Pool, ebenso der Schwefelgehalt. Mal ploppt es grau und dick, mal klar, mal dampft es bis zu den Wolken hinauf, dann zischt es, wenn Oberflächenwasser auf heiße Felsen fällt. Die Namen der Orte tun ihr Übriges: Hohepriesterpool, Teufelsbad, Sodom & Gomorrha, Inferno, Dampfende Kliffs.

Die Maori, die zu dem Gebiet Tikitere sagen, schickten früher ihre Kämpfer her, zum Wundenheilen. Heute hofft man dort in Neuseelands einzigem Schwefel- und Schlammspa auf Linderung bei Arthritis, Entzündungen und auf eine jüngere Haut. Seinen englischen Namen bekam die Gegend, als der Dramatiker George Bernard Shaw bei einem Besuch ausrief: Das könnte das Tor zur Hölle sein. Jüngst wurden Nasa-Mitarbeiter in Hell's Gate gesehen. Die Hölle ist denen egal, sie erhoffen sich stattdessen wegen ähnlicher Gesteinsstrukturen Aufschlüsse über den Mars (hellsgate.co.nz).

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Quelle:
SZ vom 14.11.2019
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