Galapagos-Inseln:Frühstück bei Seelöwen

Darwins Laboratorium der Natur kommt der modernen Vorstellung vom Paradies ziemlich nahe

Von Kurt Kister

Doch, es gibt schon Unterschiede zwischen dem Paradies und den Galapagos-Inseln. Im Paradies wohnten, dem Vernehmen nach, lediglich zwei Menschen; auf den Inseln 1000 Kilometer vor der Küste Südamerikas leben immerhin 25 000 Leute. Einen Flughafen gab es auch nicht im Paradies, dafür Engel, jede Menge, und einen sogar mit einem Flammenschwert.

Ansonsten aber kommen die Galapagos-Inseln dem Paradies schon ziemlich nahe - zumindest jener Vorstellung, die wir im 21. Jahrhundert von einem Paradieschen noch haben können. Das Meer ist, wenn nicht gerade wieder einmal eines dieser elenden Schiffe Öl verliert, kristallklar, der Himmel blitzblau und die Tiere tun so, als sei der Mensch nicht ihr größter Feind, sondern auch nur irgend so ein Lebewesen.

Etliche der Pflanzen auf den verzauberten Inseln, den Islas Encantadas, wie sie die Spanier früher genannt haben, erinnern den Reisenden ein wenig an Lanzarote. Andere Pflanzen wiederum erinnern an gar nichts, weil es sie - wie die meisten einheimischen Tierarten - nur auf den Galapagos gibt und sonst nirgends.

Sesuvium zum Beispiel ist so eine Pflanze: Ein widerborstiger, fleischiger Kriechteppich, rostrot, der sich über den Lavasand legt, und von dem man nicht wirklich weiß, ob er sich auf den Inseln entwickelt hat oder irgendwann einmal aus der Luke eines gestrandeten Raumschiffs gekrochen ist.

Entwicklung, Evolution, ist das Stichwort, das fast jedem einfällt, wenn er an die Galapagos-Inseln denkt. Hätte der junge Darwin im Jahre 1835 auf seiner großen Weltreise an Bord der Beagle nicht auch einige Wochen auf Galapagos zugebracht, wäre der Ruhm des Archipels als Laboratorium der Natur wohl nicht so groß wie er es bis heute ist. In der Abgeschiedenheit der Inseln nämlich hatten sich von wenigen Stammmüttern und -vätern so viele verschiedene, zum Teil nur dort vorkommende, so genannte endemische Arten und Unterarten entwickelt, dass Darwin am göttlichen Schöpfungsakt heftig zu zweifeln begann.

Die Galapagos-Inseln waren Darwins Funke, der jenes Feuer entzündete, aus dem schließlich eine der großen Revolutionen des menschlichen Denkens und des Selbstverständnisses entstand. Die Finken und Echsen der Inseln sind auf ewig mit der Evolutionslehre verbunden.

Es ist schön, wenn man das weiß und die Inseln besucht. Weiß man es nicht, bekommt man es dort sicher erzählt, denn aus guten Gründen darf man jene Inseln, die nicht ohnehin off limits für Touristen sind, nur mit einem Führer besuchen. Das aber schmälert den Genuss keineswegs - zumal dann nicht, wenn man sich eine Woche lang Zeit nimmt und auf einem größeren Boot mit Schlafgelegenheiten durch den Archipel schippert. Dies ist, ganz subjektiv gesagt, die schönste Form der Bildungsreise, die man auf dieser Erde absolvieren kann.

Das Galapagos-Grinsen

Eines Morgens zum Beispiel trieb uns vor Santa Fe die Sonne aus den Kojen. Beim frühen Bad im Meer neben dem Schiff konnte man mit einer ganzen Schule schwarzglänzender Rochen schwimmen. Hie und da schoss ein dunkelbrauner Schatten vorbei, ein Galapagos-Seelöwe, der großes Interesse hatte, mit dem Schwimmer zu spielen.

Das Frühstückspicknick nahmen wir am Strand ein, inmitten dutzender Seelöwen, die sich benahmen als seien wir keine Menschen, sondern Artgenossen. Eine ausgiebige Wanderung führte dann hinüber zu den schwarzen Lavaklippen. Sie sind das Reich der Meerechsen, mittelgroßer schwarz-roter Drachen, die sich auf den Felsen sonnen und im Wasser die Algen abgrasen. Sie haben uralte Gesichter und ihr breiter Mund sieht manchmal so aus, als grinsten sie unentwegt.

Die Vettern der Meerechsen sind die Landleguane, armlange Burschen, deren feister Körper schmutzig gelb mit einem manchmal grünlichen Stich gefärbt ist. Über ihren Rücken zieht sich eine Reihe spitzer Knorpeldornen, was sie assoziativ in die Nähe der Saurier rückt. Auch ihnen steht das Galapagos-Grinsen ins Gesicht geschrieben.

Am Abend zurück aufs Schiff

Auf manchen der Inseln sind die Galapagos-Iguanas bereits ausgerottet, weil sie den früher wenig auf Naturschutz gestimmten Siedlern sowie deren diversen Haustieren zum Opfer fielen. Gerade wenn man über eine der Inseln wandert, kommt einem oft auch in den Sinn, wie traurig es ist, dass wir Menschen so vielen Arten bereits unwiderruflich den Garaus gemacht haben.

Allerdings: So sehr der Tourismus mit rund 80 000 Besuchern jährlich die Inseln belastet, hat er doch dafür gesorgt, dass die Regierung Ecuadors ihre ferne Provinz draußen im Meer jetzt nach Kräften schützt. Es ist simpel: Die Menschen kommen (und bezahlen dafür), weil sie etwas sehen wollen, was noch so ist, wie es war, bevor die Menschen überhaupt irgendwohin kamen.

Keines der Tiere der Galapagos-Inseln, nicht die Seelöwen und Leguane, nicht die Blaufußtölpel und Fregattvögel, nicht die Pelikane und Pinguine, fliehen den Menschen. Und es ist auch überhaupt nicht wie im Zoo, sondern eher so, als hielte sich die Natur hier den Menschen: Er läuft herum, er schaut, und wenn es dunkel wird, verschwindet er wieder auf seinem Schiff. Das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt und deswegen stimmt, selbst im Zeitalter der wohlfeilen Superlative, jener Satz: Die Galapagos-Inseln sind einmalig und ihr Besuch ist eine Erfahrung fürs Leben.

Viele Reiseveranstalter wie Studiosus (www.studiosus.de) oder der DAV Summit Club (www.dav-summit-club.de) kombinieren den Besuch der Galapagos-Inseln mit einer Ecuador-Rundreise.

Hauser Exkursionen organisiert ein 12-tägiges Galapagos-Trekking ab 3390 Euro.

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