Süddeutsche Zeitung

Fuerteventura:Das Geheimnis der "Villa Winter"

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U-Boot-Stützpunkt, Schmuggel, Spionage: 1937 baut ein deutscher Ingenieur an einer einsamen Stelle der Kanaren-Insel ein imposantes Haus. Über den Grund wird noch heute gerätselt.

Die Kanareninsel Fuerteventura ist berühmt für ihr beständiges Klima und kilometerlange Sandstrände. Wer sich abseits der großen Touristenorte umsieht, findet irgendwann auch das größte ungelöste Geheimnis der Insel, die "Villa Winter".

Das Haus steht im Südwesten der Insel einsam in der kargen Landschaft, wenige hundert Meter vom Meer und einem der längsten Strände entfernt. Nur ein holpriger Weg führt zu dem zweigeschossigen Bau mit dem massiven runden Turm und den imposanten Rundbögen. Neben und hinter der Villa, deren Außenwände von Wind und Wetter der vergangenen Jahrzehnte gezeichnet sind, wächst in einem kleinen Garten Gemüse für den täglichen Bedarf.

Als ein Geländewagen mit Touristen hinter dem Haus hält, öffnet sich knarrend ein Tor zum Innenhof. Ein alter Mann begutachtet wortlos die Fremden und gewährt Einlass, als die Gäste ihm ein paar Euro in die Hand drücken. "Bitte sehr - Sie können sich umsehen", grummelt er und hält sich im Hintergrund. Außen am Haus fällt ein hölzerner Krokodilkopf am Ende einer Regenrinne auf. In die alten Türen unten ist ein geheimnisvoll anmutendes großes "W" gearbeitet - "W" wie Winter, Gustav Winter, die Spanier nannten ihn "Don Gustavo".

Niemand auf Fuerteventura kann verbindlich sagen, warum der deutsche Ingenieur und angebliche Vertraute Adolf Hitlers in der Einöde die Villa bauen ließ. Nicht einmal das genaue Datum wird genannt. Auch der alte Mann, der das ansonsten verlassene Gebäude seit 15 Jahren zusammen mit seiner Schwester bewohnt, kann keine Antwort geben. Über die Geschichte des Hauses und die Funktion des 1971 gestorbenen "Don Gustavo" will er ebenso wenig wissen wie die Bewohner des Fischerdorfes Morro auf der anderen Seite des Berges.

Unterirdisches Höhlensystem

Spekulationen gibt es viele: Die Rede ist davon, dass die Villa über ein unterirdisches Höhlensystem mit dem Meer verbunden war. Darunter soll angeblich ein U-Boot-Stützpunkt gewesen sein. Auch zwei verwitterte Rollfelder für Flugzeuge im Süden der Halbinsel Jandia sowie Überreste einer Bergbau-Lore von Krupp geben Anlass zu Rätseln.

Aufschlussreicher ist ein kulturhistorischer Führer der Bezirksregierung. Demnach unterschrieb Winter 1937 einen Pachtvertrag für die Halbinsel Jandia. Später soll er Verwalter einer Gesellschaft gewesen sein, die die Landwirtschaft der Region voranbringen sollte.

"Viele haben sich gefragt, was ein deutscher Ingenieur in Jandia machte, während in Europa der Zweite Weltkrieg und in Spanien der Bürgerkrieg tobte", heißt es in dem Buch der Bezirksregierung. "Für einige war die Antwort, Jandia zu einer deutschen oder deutsch- spanischen Militärbasis zu machen."

Nachbarn hat die "Villa Winter" nur wenige. Der kleine Ort Cofete, aus dem in Kriegszeiten die Bewohner evakuiert wurden, besteht heute nur aus einer Bar und wenigen Hütten. Mit der Beschaulichkeit könnte es jedoch bald vorbei sein. Die Rede ist davon, die Europäische Union wolle den Bau einer asphaltierten Straße nach Cofete finanzieren.

Und inzwischen hat der Dortmunder Andreas Winter, ein entfernter Verwandter von Gustav Winter, Interesse bekundet, die mysteriöse Villa in ein Wellness-Zentrum zu verwandeln. Einer Verwirklichung steht nach den Worten des Diplom-Pädagogen noch das spanische Baurecht im Wege: "Weil man sich nicht darauf verlassen kann, dass bereits erteilte Baugenehmigungen wenig später wieder entzogen werden, ist es schwierig, einen geeigneten Investor für das Projekt zu finden", bedauert Winter. "Doch das Thema bleibt aktuell."

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