Mit Rollenkoffer, Laptoptasche und Rucksack stehen sie in der Warteschlange: Mitreisende mit großem Handgepäck verderben schon am Gate die Laune. An Bord geht der Spaß erst richtig los. Gedränge in den Gängen, die Trolleyrollen ragen aus dem Fach über den Sitzen, hektisch wird versucht, die Klappe doch zuzudrücken. Beim Aussteigen dasselbe Spiel in umgekehrter Reihenfolge: Schwere Koffer fallen den Passagieren fast auf die Köpfe, das eigene Täschchen liegt zerknautscht ganz hinten in der Ecke. Denn es sind immer die Handgepäckstücke der anderen, die zu groß sind. Oder?
Seit bei vielen Billig-Flugtarifen das aufgegebene Gepäck extra kostet, wächst die Versuchung, nur mit Handgepäck zu reisen: Das spart Geld und außerdem Zeit beim Einchecken und bei der Gepäckausgabe. Doch was darf eigentlich alles mit in die Kabine? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Handgepäck.
Wie groß darf das Handgepäck sein?
Auch wenn viele Kofferhersteller damit werben, dass ihre Trolleys als Handgepäck zugelassen sind: Es gibt keine einheitliche Norm. Die Fluggesellschaften legen die maximale Gepäckstückgröße selbst fest, Reisende informieren sich am besten vorab auf der Webseite der Fluggesellschaft. Lufthansa und Air Berlin zum Beispiel lassen 55 mal 40 mal 23 Zentimeter zu, ein paar Zentimeter weniger sind es mit 56 mal 35 mal 23 bei den US-Airlines Delta, United und American Airlines, Condor und Ryanair gestatten 55 mal 40 mal 20 Zentimeter. Also muss man die kleinste erlaubte Größe wählen, sollte man zwischendurch auf eine andere Linie umsteigen.
Griffe, Außentaschen und Räder zählen grundsätzlich mit. Oft steht im Flughafen vor den Check-in-Schaltern ein Metallrahmen, mit dem sich prüfen lässt, ob die eigene Tasche den Vorgaben entspricht. Manchmal ist auch eine Waage integriert, denn auch beim Gewicht gibt es Grenzen. Die meisten Fluggesellschaften erlauben zwischen sieben und zehn Kilogramm, manche setzen etwas vage voraus, dass der Passagier in der Lage sein muss, die Tasche ohne fremde Hilfe ins Gepäckfach zu wuchten.
Wie viele Gepäckstücke kann ein Passagier mit in die Kabine nehmen?
Auch das hängt von der Fluggesellschaft ab - und von der gebuchten Reiseklasse. In der Economy Class dürfen meist ein Gepäckstück und dazu noch eine Akten-, Laptop- oder Handtasche oder auch ein Kinderautositz mitgenommen werden. Ein günstiger Flugpreis ist allerdings oft mit zusätzlichen Gepräckbeschränkungen erkauft: Bei der US-Fluggesellschaft United Airlines dürfen Reisende mit einem Ticket im Basis-Tarif als Handgepäck nur noch einen "persönlichen Gegenstand" mit den Maximalmaßen 22 mal 25 mal 43 Zentimeter mitnehmen, der unter den Vordersitz passt.
In der Business und First Class erlauben viele Airlines zwei Handgepäckkoffer oder -taschen, manchmal dürfen diese dann auch ein paar Kilo schwerer sein.
Nach der Bruchlandung:Gepäck oder Leben?
Das Flugzeug brennt, trotzdem zerren Passagiere ihr Handgepäck aus den Fächern - so etwas Dummes würde man selbst nie machen. Wirklich?
Kontrollieren die Airlines Größe und Gewicht der Handgepäckstücke?
"Im Interesse des Komforts und der Sicherheit an Bord haben unsere Mitarbeiter am Gate stets ein Auge darauf, dass das Handgepäck im Rahmen bleibt", sagt eine Sprecherin der Lufthansa. In Zweifelsfällen prüften die Mitarbeiter auch nach, ob sich das Handgepäck im Rahmen des Erlaubten bewege. Die meisten Reisenden beherzigten aber die Bestimmungen.
Beim Ferienflieger Condor hat man das Handgepäck ebenfalls genau im Blick - auch wenn es den Passagieren nicht unbedingt auffällt: "Nur wenn es den vorgegebenen Maßen und Gewichten entspricht, wird es mit einem Handgepäckslabel versehen", erläutert ein Sprecher. Da dies am Check-in und im Falle von Umsteigegästen am Gate so zügig wie möglich geschehen müsse, "ist es für unsere Gäste sicherlich nicht immer offensichtlich, ob das Handgepäck überprüft wird".
Fundstücke an US-Airports:Schatz, hast du an die Todeskralle gedacht?
Kaum zu glauben, was Passagiere in den USA alles ins Handgepäck packen. Da wirkt eine goldene Handgranate fast schon normal.
Was passiert, wenn das Handgepäck zu groß oder zu schwer ist?
Dann muss das Gepäckstück in den Frachtraum. Ist beim Ticket auch Gepäck inklusive, entstehen keine zusätzlichen Kosten, solange das Gewicht des gesamten Gepäcks, also Handgepäck plus aufgegebene Koffer, die Freigepäckgrenze nicht überschreitet. Zahlen muss dagegen, wer einen Billigtarif ohne Koffer gebucht hatte, im Schnitt werden 30 bis 50 Euro fällig. Das Risiko, dass das Gepäck auf der Reise abhandenkommt, ist übrigens in den vergangenen Jahren gesunken. 2016 gingen nach Angaben des Lufttransport-IT-Unternehmen SITA von tausend Gepäckstücken nur 5,73 verloren. Tipps, damit Ihr Koffer ankommt, finden Sie hier.
Haben Passagiere einen Anspruch auf ein Gepäckfach?
Wo Tasche oder Trolley während des Flugs aufbewahrt werden, dürfen die Flugbegleiter entscheiden, einen Anspruch auf einen Platz im Gepäckfach über ihrem Sitz haben Reisende nicht. Airline-Mitarbeiter machen von diesem Recht vor allem dann Gebrauch, wenn es eng wird oder wenn ihnen ein Gepäckstück fürs Fach zu schwer erscheint. Dann muss es unter den Vordersitz, auch wenn das die Beinfreiheit einschränkt. Ist in den Fächern und unter den Sitzen gar kein freies Plätzchen mehr, kann es auch passieren, dass das Gepäck doch noch im Frachtraum landet, obwohl es den Vorgaben entspricht. Zahlen muss der Passagier dafür dann aber nicht.
Gegenstände, die andere Menschen verletzen könnten, sind in der Kabine tabu. Dazu gehören neben Waffen auch Werkzeuge, Messer und Scheren. Die in der EU geltenden Bestimmungen kann man bei der Bundespolizei nachlesen. An vielen Flughäfen sind die Sicherheitsvorgaben sogar noch strenger: Laut EU sind kleine Scheren und Messer mit einer Klingenlänge unter sechs Zentimetern gestattet, am Sicherheitscheck muss aber oft auch die Nagelschere abgegeben werden.
Beschränkungen gelten auch für Flüssigkeiten, Sprays und Gele: Erlaubt sind nur kleine Flaschen mit maximal 100 Millilitern Fassungsvermögen, die wiederum in einen durchsichtigen Plastikbeutel mit einem Liter Inhalt passen. Medikamente, Baby- und Spezialnahrung müssen nicht in die Tüte und dürfen auch in größeren Mengen mitgenommen werden. Wie die übrigen Flüssigkeiten werden sie von den Security-Mitarbeitern gesondert kontrolliert.
Was sollte ins Handgepäck und nicht in den Frachtraum?
Wichtige Medikamente sind am besten im Handgepäck aufgehoben, zumindest der Bedarf für die nächsten Tage, um versorgt zu sein, falls der Koffer verloren geht. Auch Geld und Kreditkarten sind in der Kabine am sichersten, ebenso wertvolle elektronische Geräte, zumindest solange die USA den Laptop-Bann nicht ausweiten. Ein Feuerzeug muss sogar am Körper befördert werden und darf nicht in den Koffer. Erlaubt sind nur Flüssiggas-Feuerzeuge, Benzin- und Sturmfeuerzeuge sind im Flugzeug grundsätzlich verboten.
Wie wird das Handgepäck beim Sicherheits-Check kontrolliert?
Mit Hilfe eines Röntgenscanners wird bei der Sicherheitskontrolle der Kofferinhalt sichtbar gemacht. Für Mitarbeiter und Reisende ist die Strahlenbelastung nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz ungefährlich, weil außerhalb der Geräte "nur ein sehr geringfügiger Anteil messbar ist". Die Scanner liefern zweidimensionale Bilder, mit denen sich nicht alle potenziellen Bedrohungen sichtbar machen lassen. Laptops und Tablets werden deshalb oft noch einmal separat gescannt und einem Wischtest auf Sprengstoff unterzogen. Nicht alles, was gefährlich aussieht, ist es dann tatsächlich auch: Wegen Spielknete im Handgepäck einer Passagierin wurde ein Terminal des Berliner Flughafens Schönefeld kurzfristig gesperrt. Die Masse ähnelte Plastiksprengstoff.
Was ist mit Einkäufen aus dem Duty-Free-Shop?
Eine Flasche Whisky, ein Flakon mit Parfüm: Viele flüssige Mitbringsel aus dem Duty-Free-Shop entsprechen nicht den Handgepäckvorschriften. In den Koffer packen kann man sie aber auch nicht mehr, weil der schon längst eingecheckt ist. Die Tüte mit den Einkäufen darf beim Umsteigen innerhalb der EU trotzdem mit an Bord, sofern sie in einem genormten, durchsichtigen Duty-Free-Beutel transportiert wird, der im Shop versiegelt wurde. Unterwegs schon mal einen Schluck zu nehmen, empfiehlt sich nicht: Der Beutel muss bis zum Ende der letzten Teilstrecke verschlossen bleiben. Beim Umsteigen außerhalb der EU gelten möglicherweise andere Regeln, Reisende informieren sich am besten bei ihrer Fluggesellschaft.
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Sind Tiere in der Transportbox auch Handgepäck?
Katzenbox statt Handgepäcktrolley - das geht nicht. Kleine Hunde und Katzen dürfen zwar bei vielen Fluggesellschaften mit in die Kabine, dafür muss aber extra bezahlt werden. Die Preise variieren je nach Strecke und stehen auf den Webseiten der Fluggesellschaften. Voraussetzung für den Transport ist in der Regel eine wasserundurchlässige und bissfeste Box mit Handgepäcksmaßen. Außerdem gibt es Gewichtsgrenzen, bei Lufthansa beispielsweise dürfen Box und Tier maximal acht Kilo wiegen. Der Tiertransport sollte vorab bei der Fluggesellschaft angemeldet werden: Für eine spontane Reise mit Hund wird oft noch ein Aufpreis fällig.
Wie werden Musikinstrumente transportiert?
Mundharmonika und Blockflöte sind kein Problem, aber schon mit einem Gitarrenkoffer kann es am Check-in schwierig werden, weil er größer ist als die zugelassenen Handgepäckmaße. Der Frachtraum ist für viele Musiker keine Alternative: Zu groß ist die Sorge, ihr wertvolles Instrument könnte beschädigt werden. Ihnen bleibt deshalb nichts anderes übrig, als vorab mit der Fluggesellschaft die Transportbedingungen zu klären, denn jede Airline hat ihre eigenen Regeln. Manche akzeptieren nach Voranmeldung auch den Geigenkoffer als Handgepäck oder bieten an, fürs Cello einen eigenen Sitz zu buchen. Eine an den Rat der Europäischen Union gerichtete Petition, die sich für einheitliche Standards in der EU einsetzt, hatte noch keinen Erfolg. Prominente Wortführerin der Initiative ist Popsängerin Katie Melua.
Und wie bekommt man alles hinein in den Handgepäckkoffer?
Eine gute Packtechnik spart Platz: Schuhe kann man mit Socken ausstopfen, T-Shirts und Pullis werden nicht gefaltet, sondern gerollt. Ein Video mit Packtipps sehen Sie hier. Und so manches Teil kann ganz zu Hause bleiben: Einen Fön gibt es im Hotelzimmer und Shampoo und Duschgel kann man auch am Urlaubsort kaufen.
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