Fluggesellschaften:Konquistadoren der Lüfte

Fast drei Viertel aller Fluglinien sind heute in Allianzen organisiert. Das nützt vor allem ihnen selbst, nicht so sehr den Kunden.

Hans Gasser

Weil es in der Wirtschaft nicht selten zugeht wie auf Schlachtfeldern, passt die Sprachwahl ganz gut: ,,Conquistadores del Cielo'' nennt sich eine Gruppe verschworener Luftfahrtmanager, die sich jeden Sommer seit 1971 auf einer Ranch in Wyoming trifft.

Fast drei Viertel aller Fluglinien sind heute in Allianzen organisiert, dpa
(Foto: Foto: dpa)

Dass Wyoming im einstmals Wilden Westen liegt, passt ebenfalls, schließlich möchte die ,,Star Alliance'', die dort entstanden ist, einen möglichst großen ,,Claim'' abstecken, was ihr in den vergangenen zehn Jahren auch gelungen ist.

Seit der damalige Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Jürgen Weber 1995 in der Wüste die Idee einer engen Kooperation zwischen Fluggesellschaften aufbrachte und Manager von Thai Airways, United, Air Canada, Varig und SAS zwei Jahre später darauf einstiegen, ist das Bündnis permanent gewachsen. Andere Allianzen sind daraufhin entstanden wie die von British Airways angeführte Oneworld oder Skyteam rund um Air France.

Da Fluglinien stets nationale Prestigeobjekte waren und weil es in der Luftfahrt strenge Wettbewerbsauflagen gibt, sind Fusionen dort nicht so einfach möglich wie anderswo. Man behilft sich mit lockeren Bündnissen, welche die Abstimmung der Netze aufeinander, gemeinsamen Kerosin- oder Softwareeinkauf, oder gemeinsame Vielfliegerprogramme umfassen.

Fast drei Viertel aller Fluglinien sind heute in Allianzen organisiert, nur wenige, wie etwa Emirates, können es sich noch leisten, darauf zu verzichten.

Allein für die Star Alliance, die vor kurzem in Kopenhagen ihren zehnten Geburtstag feierte, fliegen 17 Fluglinien, 16000 Flüge gehen jeden Tag weltweit unter ihrem Namen ab und befördern 400 Millionen Passagiere pro Jahr, ein Drittel des weltweiten Luftfahrtumsatzes fließt in ihre Kassen.

Durch die Allianzen sparen die Fluglinien auf der einen Seite Geld, auf der anderen verdienen sie mehr, weil auch Passagiere von anderen Fluglinien bestimmte Strecken mit ihnen fliegen - weil es schneller geht, oder weil man diese Strecke aus Rentabilitätsgründen gar nicht im Angebot hat.

Auch der Passagier hat Vorteile

Was aber hat der Passagier davon? Da ist zum einen das große, weltumspannende Netz, das Allianzen ihm anbieten. Das heißt, er kann etwa bei Lufthansa einen Flug nach Neuseeland buchen, der von Lufthansa so gar nicht angeboten, aber zum Teil mit Allianzpartnern abgewickelt wird. ´

Das Durchchecken des Gepäcks und die abgestimmten Anschlussflüge sind auch ein Vorteil, mittlerweile vom Kunden fast als selbstverständlich vorausgesetzt.

Der vielreisende Geschäftsmann hat zudem den Vorteil, dass er auch in die Flughafen-Lounges der kooperierenden Fluglinien darf und er seine Meilen auch bei den anderen Fluglinien sammeln kann.

Konquistadoren der Lüfte

Ob das allerdings ein reiner Vorteil ist, ist umstritten. Dadurch, dass sich mehrere Fluglinien eine Lounge teilen, seien diese oft überlaufen und ,,nicht mehr gerade der ruhigste Platz am Flughafen'', sagt Marcel Hausheer. Der Schweizer ist auf Geschäftsreisen spezialisiert und Vorsitzender der Fachgruppe Flug im schweizerischen Reisebüroverband.

Seit Swiss von Lufthansa übernommen wurde, generiert Star Alliance 60 Prozent des Flugaufkommens ab der Schweiz. Zwar hätten die Schweizer Wettbewerbsbehörden verfügt, dass etwa auf der Strecke Zürich-Frankfurt Startzeiten an eine dritte Fluglinie abgegeben werden müssen, ,,doch waren das natürlich nicht die attraktivsten''.

Dass durch Absprachen zwischen Allianzen-Mitgliedern weniger Wettbewerb herrscht auf bestimmten Strecken, sei eine langfristige Entwicklung, sagt Klaus Tonner, Reiserechtsexperte an der Uni Rostock. ,,Allianz ist eigentlich nur ein anderes Wort für Kartell'', Leistungen und Preise würden aufeinander abgestimmt.

Allerdings merke das der Kunde wegen der starken Stellung der sogenannten Billigflieger noch nicht so sehr. Das könne aber ganz anders kommen, wenn sich der Billigflugmarkt konsolidiert hat und nur mehr wenige Linien übrig bleiben, so Tonner.

Zwar ermittelt die EU-Wettbewerbskommission immer wieder mal gegen Flugallianzen, bisher wurde aber noch kein Verstoß geahndet. Bei Lufthansa und Star Alliance heißt es, das Gegenteil sei der Fall: Durch die Allianz könnten etwa Rund-um-die-Welt-Tickets günstiger angeboten werden, auch werde der Flugverkehr dadurch eher vermehrt als verringert, so ein Sprecher.

Der Haken beim Meilen sammeln

Meilen sammeln, der Sport der Vielflieger, wird durch die gegenseitige Anerkennung der Meilen kooperierender Fluglinien schneller möglich. Allerdings gibt es auch hier einen Haken.

Es gingen sehr viele Beschwerden seiner Kunden ein, sagt Marcel Hausheer, die als Geschäftsleute schnell auf die nötigen 30000 Meilen für einen Freiflug kämen, auch weil Meilensammeln mittlerweile in vielen Geschäften oder auch beim Automieten möglich ist.

Die Kapazitäten, die die Fluglinien freigeben für solche Prämienflüge, seien offensichtlich viel zu klein, das Buchen würde dadurch sehr erschwert. Auf viel frequentierten Strecken sei es deshalb auch lange vorher gar nicht möglich, noch einen Platz zu bekommen. Weil die Meilen häufig nach drei Jahren verfallen, müssten die Kunden auf andere Konsumgüter ausweichen, obwohl sie lieber Freiflüge wollten.

Beschwerden diesbezüglich gebe es, sagt Lufthansa-Sprecherin Amelie Lorenz. Zwar seien grundsätzlich auf jedem Flug Prämientickets buchbar, aber genauso, wie man Montagmorgen nicht für 99 Euro nach London buchen könne, könne man auch nicht mit einem Prämienticket hin.

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