Flug MS804:Wieder trifft es das Reiseland Ägypten

EgyptAir Flight From Paris Missing Over Mediterranean

Angehörige der Passagiere von Flug MS804 werden in Kairo betreut. Das Unglück könnte der ägyptischen Tourismusindustrie weiteren Schaden zufügen.

(Foto: Getty Images)
  • Der noch ungeklärte Absturz einer Egypt-Air-Maschine auf dem Flug nach Kairo reiht sich in eine Serie von katastrophalen Nachrichten für Ägypten ein.
  • Das Land ist auf internationale Urlauber angewiesen, hat aber seit 2010 große Schwierigkeiten, sich als Reiseziel zu behaupten.

Teile des Wracks von Flug MS804 konnten mittlerweile gefunden werden. Noch völlig offen ist, was die Maschine abstürzen ließ. Einmal mehr steht Ägypten in Zusammenhang mit einer Katastrophe im Mittelpunkt weltweiter Aufmerksamkeit. Ägyptens Luftfahrtminister Sherif Fathy schließt einen terroristischen Anschlag nicht aus. Ein solches Szenario sei wahrscheinlicher als technisches Versagen, sagte er bei einer Pressekonferenz. Und diese Andeutung alleine dürfte nicht unbedingt dazu beitragen, das Land wieder stärker als sicheres Reiseziel zu bewerben.

Die kriselnde Wirtschaft Ägyptens ist von Urlaubern abhängig. Der Tourismus macht mindestens elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Fast 2,9 Millionen Arbeitsplätze hängen nach jüngsten Angaben direkt oder indirekt vom Tourismus ab - und damit etwa jeder neunte Beschäftigte.

Seit Jahren muss das Land jedoch einen Schlag nach dem anderen verkraften. 2010 kamen noch mehr als 14 Millionen Touristen. Die politischen Umbrüche und die Instabilität hatten seither jedoch deutliche Folgen: Die Zahl der Gäste lag 2013 nur noch bei 9,2 Millionen. Auch die deutschen Touristen blieben weg: mit 877 000 Urlaubern aus Deutschland war 2014 nach Angaben der ägyptischen Botschaft in Berlin das schwächste Jahr seit 2010.

2015 stiegen die Zahlen dann wieder an. Bis zur Katastrophe im Oktober: Nachdem eine Bombe einen russischen Ferienflieger kurz nach dem Start in Scharm el-Scheich über dem Sinai zum Absturz brachte, gingen die internationalen Buchungen erneut dramatisch zurück. Der Gouverneur des Südsinai sprach Anfang dieses Jahres von monatlich 230 Millionen Euro, die dem Land durch ausbleibende Besucher verloren gingen.

Dabei dürfte auch die allgemeine Terrorgefahr in Teilen des Landes eine Rolle spielen. Im Norden des Sinai liefert sich ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) heftige Kämpfe mit der Armee. Im Januar 2016 wurden auch Touristen angegriffen: Bei der Attacke auf einen Reisebus in der Nähe der Pyramiden von Gizeh wurde niemand verletzt, bei einem Anschlag auf ein Hotel in Hurghada am Roten Meer wurden dagegen drei ausländische Reisende verwundet. Dass Ende März ein Inlandsflug von Egypt Air von einem psychisch verwirrten Ägypter nach Zypern entführt wurde, offenbarte wie schlecht die Sicherheitsvorkehrungen für den Flugverkehr waren.

Dennoch äußerten sich Hotel- und Restaurantbesitzer zuletzt wieder optimistischer. "Wir haben das Licht am Ende Tunnels gesehen", sagte Peter-Jürgen Ely, der ehemalige deutsche Honorarkonsul in der deutschen Urlauberhochburg Hurghada.

Ob und in welchem Maß das Schicksal des Fluges MS804 diese positive Tendenz wieder zunichtemachen wird, ist noch nicht abzusehen. Klar dürfte aber sein, dass Urlauber Ägypten wieder einmal mit schlechten Nachrichten statt mit schönen Stränden und Pharaonenstätten in Verbindung bringen werden. Selbst dann, wenn ein möglicher Absturz weit entfernt von ägyptischer Verantwortlichkeit liegen würde. "Es ist schon schlimm, dass das jetzt wieder unter dem Stichwort 'Ägypten' läuft", sagt Peter-Jürgen Ely.

Unveränderte Reisehinweise für Ägypten, Nervosität in Frankreich

Die offizielle Einschätzung der Sicherheitslage bleibt derweil gleich. Die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts zu Ägypten gelten unverändert wie vor dem Absturz - mit einer Teilreisewarnung.

Der ungeklärte Absturz von MS804 führt derweil auch in Frankreich erneut zu großer Nervosität. Der Flug von Egypt Air startete am Pariser Airport Charles de Gaulle - besonders in französischen Medien wird spekuliert, ob eine Sicherheitslücke dort einen Anschlag ermöglicht haben könnte. Das französische Parlament verlängerte am Donnerstag den Ausnahmezustand, der nach den Pariser Anschlägen vom November verhängt worden war. Dieser Ausnahmezustand, der den Behörden Sonderrechte im Anti-Terror-Kampf einräumt, gilt nun bis Ende Juli und damit für die Zeit der Fußball-EM und der Tour de France. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sprach von einer anhaltend hohen Bedrohungslage. Das könnte auch Frankreich und Paris als Reiseziel schaden .

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