Süddeutsche Zeitung

Flugreise:Fisch an Bord

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Fluglinien erlauben nur kleine Hunde und Katzen in der Passagierkabine. Aus guten Gründen.

Glosse von Stefan Fischer

Lebendige Tiere sind in der Passagierkabine eines Flugzeugs nicht erlaubt. Eigentlich. Denn wie so oft misst der Mensch auch in diesem Fall mit zweierlei Maß. Hunde und Katzen nämlich, jedenfalls wenn sie nicht allzu groß und schwer sind, müssen keineswegs zwingend im Frachtraum verstaut werden. Sondern dürfen mit Herrchen und Frauchen weitaus bequemer in der Economy oder gar Business Class reisen.

Das mag daran liegen, dass Hunde wie Katzen oftmals nicht in erster Linie als Tiere, sondern als Kinder- oder Enkelersatz angesehen werden und dementsprechend als integraler Bestandteil der Familie gelten. Entsprechend werden sie auch von den Fluglinien behandelt: So jemanden sperrt man nicht in den finsterkalten Gepäckraum.

Schon bei Hamstern, Meerschweinchen, Zwergkaninchen und Wellensittichen sieht die Sache anders aus. Obwohl ihr Niedlichkeitsfaktor nur unwesentlich geringer ist als der von jungen Dackeln, gelten für sie dieselben Regularien wie für Geckos und Schlangen: Zutritt verboten! Bei Nagern und Vögeln fänden sich womöglich noch etliche Fürsprecher, weshalb Fluglinien da mit ihrem Bann durchaus einen Konflikt mit ihrer Kundschaft riskieren.

Doch spätestens an Reptilien wie den genannten, die ja durchaus beliebte Haustiere sind, scheiden sich die Geister ziemlich klar: Jene, die ihnen ablehnend gegenüberstehen, dürften deutlich in der Mehrheit sein. Zumal dann, wenn Geckos und Schlangen sich an Bord eines Flugzeugs unmittelbar in einem Handgepäckfach über oder aber unter dem Sitz vor einem befinden.

Vollends klar auf der Hand liegen die Dinge in puncto gesellschaftlicher Akzeptanz schließlich bei Maden. Erst recht, wenn sie nicht auf der Hand herumkrabbeln, sondern in den Haaren oder im Ausschnitt. Entsprechend schrill wird unlängst das Geschrei an Bord eines Flugzeugs auf dem Weg von Amsterdam nach Detroit gewesen sein, als sich ein kleines Roll- oder in diesem Fall besser: Robbkommando über die Passagiere hergemacht hatte, um ihnen den Flug, nun ja: madig zu machen.

Tatsächlich drehte der Pilot kurz vor Manchester bei und kehrte nach Amsterdam zurück. Ob er befürchtete, dass die Passagiere den Maden weitere sechs Flugstunden nervlich nicht gewachsen wären oder er persönliche Konsequenzen in den USA fürchtete, wo man nicht einmal einen Apfel einführen darf, weil die fremden Kerne das heimische Ökosystem potenziell gefährden - darüber ist nichts bekannt.

Was man durchaus herausgefunden hat, ist, woher die Maden gekommen sind: aus dem Handgepäck eines der Passagiere nämlich. In dessen Koffer fand sich in Zeitungspapier eingewickelter Fisch, der offenkundig schon seit geraumer Zeit nicht mehr tauglich war für die Herstellung von Sushi. Unklar wiederum ist: Wie haben es Fisch und Maden durch die Sicherheitskontrolle geschafft? Und was hatte der Passagier mit diesem kulinarischen Notfall vor?

Zurück am Flughafen in Amsterdam hat man sich mit diesen Fragen jedenfalls nicht lange aufgehalten. Stattdessen wurde kurzer Prozess gemacht und das Gepäckstück mitsamt Inhalt verbrannt. Von dem erbosten Aufschrei einer Tierschutzorganisation ist nichts bekannt. Nach allem, was man weiß, kamen keine Hunde und Katzen bei dem Vorfall zu Schaden.

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