Florianopolis in Brasilien:Die Stadt, in der alles geht

volleyball or beachball players after sundown at campeche beach in Santa Catarina, Brazil

42 Strände gibt es auf der Insel, die Hälfte davon bietet sehr gute Surfmöglichkeiten. Was nicht heißt, dass man dort nicht auch eine olympische Sportart ausüben kann: Am Strand von Campeche wird auch noch während der Dämmerung geschmettert und geblockt.

(Foto: mauritius images/Jo Holz/Alamy)

Strandleben, Party, Regenwald: Florianopolis bietet eine wilde Mischung. Deshalb ist die Stadt längst nicht mehr nur bei Brasilianern beliebt.

Von Janek Schmidt

Die Tattoos von Bruno Chiappinelli sind ein klares Bekenntnis. Dick eingraviert stehen die Buchstaben "S-P-B-R" auf seiner linken Hand. Und als ob die Abkürzung für "São Paulo, Brasilien" noch nicht genug Lokalpatriotismus wäre, folgt auf den restlichen Fingern seine komplette Adresse: "CT" für sein Viertel "Cidade Tiradentes", die Postleitzahl "08490-600", der Apartment-Block "31 C" und sogar die Hausnummer "701". Doch für Chiappinelli ist diese verewigte Erinnerung auch eine Art Abschiedsschreiben, das er über die vergangenen Jahre komplettiert hat. Denn wie so viele seiner Landsleute ist auch er aufgebrochen, um woanders eine bessere Zukunft zu suchen.

"Ich liebe São Paulo, weil ich da aufgewachsen bin", sagt Chiappinelli. Aber das Leben dort sei gefährlich, teuer und stressig. "Mein Weg in die Arbeit dauerte täglich zwei Stunden, da habe ich jede Woche einen Tag meines Lebens im Verkehr verloren." Nach seinem Uniabschluss fuhr er 2009 erstmals auf die Insel Florianópolis. "Von da an hatte ich denselben Traum wie so viele Brasilianer: Ich wollte hier immer Urlaub machen, oder am besten gleich hier leben."

Diese Begeisterung teilen inzwischen immer mehr Ausländer. Das Time Magazine erklärte Florianópolis zum "Himmel für Wassersport-Fans", das Wall Street Journal schwärmte von der "ungewöhnlichen Mischung aus Großstadt-Komfort und roher Natur", und die New York Times kürte die Insel zur "angesagtesten neuen Party-Location Lateinamerikas".

Die Besonderheit von Florianópolis beginnt beim Namen. An sich steht er nur für die Hauptstadt des südlichen Bundesstaates Santa Catarina. Doch es schwingt mehr darin mit. Denn ein Teil dieser Stadt liegt auf dem Festland, der andere auf der vorgelagerten Insel. Verbunden sind die beiden Stadthälften durch eine 1200 Meter lange Brücke. Dort herrscht ständig Stau, da viele wie Chiappinelli hier die Verbindung mit dem Paradies sehen. Wenn sie von "Floripa" sprechen, dann denken sie an die gesamte Insel - und an ein bestimmtes Lebensgefühl.

"Schau mal da runter, besser geht's doch nicht", sagt Chiappinelli und deutet auf den Fischerort Barra da Lagoa an der Ostküste der Insel. Von der Terrasse der Bar, in der er arbeitet, sieht man einen Fluss, eine Bucht und einen langen Strand. "Als Barkeeper verdiene ich hier zwar ein Drittel weniger als in meinem Job als Englischlehrer in São Paulo", erzählt der 29-Jährige, "aber hier schaue ich den ganzen Tag übers Meer und fahre sogar mit dem Boot in die Arbeit."

Neben der Anlegestelle haben einige Backpacker auf Holztischen einen Miniatur-Markt aufgebaut. Es sind fast alles Argentinier, die jeden Sommer in Massen Florianópolis besuchen. Einige von ihnen verkaufen selbstgeknüpfte Armbänder und Muschelketten, um ihre Reisen durch den Kontinent zu finanzieren. Doch nicht selten bleiben sie hier hängen - zu verlockend ist die Mischung aus spektakulären Stränden, unberührten Wäldern zum Wandern und billigen Drogen.

Karten

Karte: SZ-Grafik

Doch Florianópolis ist mehr als ein Fluchtpunkt für Lebenskünstler und Hippies. Während Besucher in Barra da Lagoa gerne per Anhalter oder Fischerboot anreisen, nutzen Gäste im Norden der Insel am liebsten einen der Hubschrauber-Landeplätze. Hier, in der Villen- und Partysiedlung Jurerê Internacional, hat nicht nur Ronaldinho sein Ferienhaus. Auch die zwei berühmtesten Junggesellen des Landes, der Fußballer Neymar und der mit ihm befreundete Surf-Wunderknabe Gabriel Medina, feiern hier öfter. Sehen und gesehen werden funktioniert an wenigen Orten in Brasilien besser als hier.

"Als ich vor acht Jahren angefangen habe, war die Partyszene noch viel kleiner", sagt Solano Kaiser. Er ist Manager des Clubs P12, des bekanntesten unter dem knappen Dutzend Clubs im Norden der Insel. "Damals hatten wir gerade mal Platz für 1000 Gäste." Wenn heute bekannte DJs wie Bob Sinclar, David Guetta oder Fatboy Slim ihre Sets spielen, kommen bis zu 8000 Menschen. Allein für die Sicherheit sind dann 100 Angestellte zuständig, unterstützt von angeblich zehn Undercover-Polizisten. So hat es der Club geschafft, Drogenhändler fernzuhalten.

Eine Besonderheit von P12 ist, dass Brasilianer und Touristen hier ihren zwei größten Leidenschaften gleichzeitig frönen können: Sonnenbaden und Partymachen. Denn diese Großraumdisco mit eigenem Meerzugang und Pools ist eine Mischung aus Strand-Resort und Nachtclub: ein sogenannter Day-Club, in dem die Partys am frühen Nachmittag beginnen und bis Mitternacht dauern. An diesem Tag spielt das brasilianische DJ-Kollektiv "A Liga". Einige Sitzecken sind als private VIP-Boxen abgesperrt. Pro Abend kosten sie bis zu 2000 Dollar für zehn Gäste. Dafür gibt es ein paar Freigetränke und die Gelegenheit zu zeigen, wie weit man es gebracht hat.

Das Anliegen hat Manager Kaiser für die gesamte Insel. "Wir wollen, dass Florianópolis das Ibiza von Südamerika wird", sagt er. "Nur, dass es hier heißer ist, voller guter, hübscher Tänzer und brasilianischer Lebensfreude." Wie lebensfroh seine Gäste sind, ist nicht leicht zu sagen, denn die meisten tragen verspiegelte Sonnenbrillen. Doch hübsch sind sie allemal - und sie prüfen das auch gerne vor einer acht Meter langen Spiegelwand, an der stets großer Andrang herrscht. Und heiß ist es mit 37 Grad im Schatten unbestritten.

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