Pünktlichkeit bei der Bahn:Eins, zwei, zu spät

Nach dem Lokführerstreik - Frankfurt/Main

Ihre Püntklichkeits-Werte im vergangenen Sommer nennt die Bahn selbst "nicht zufriedenstellend".

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Nur gut zwei Drittel aller Fernzüge kamen zuletzt mit weniger als fünf Minuten Verspätung am Ziel an. Eigentlich ist das Ziel der Bahn deutlich höher.
  • Als Grund für die vielen Verspätungen nennt der Konzern die Sommerhitze, aber auch viele Baustellen auf den Gleisen und zu wenige Züge in den Depots.
  • Eigentlich will die Bahn Kunden vor allem von der Fernbus-Konkurrenz zurückgewinnen und verlorenen Boden im Fernverkehr gutmachen.

Pünktlichkeit weit unter Zielvorgaben

Wenigstens 80 Prozent aller ICE- und Intercity-Züge sollten eigentlich pünktlich sein. So sieht das selbstgesetzte Ziel der Bahn aus. Eigentlich, mindestens. Die Realität ist eine andere: Gerade 69,3 Prozent aller Fernzüge kamen im August mit fünf Minuten Verspätung oder weniger an. Im Juli war der Wert noch schlechter. Zuletzt wurden die Vorgaben im März erreicht. Dass die Werte "nicht im zufriedenstellenden Bereich" liegen, räumt der Konzern selbst ein. Und offenbar ist man sich in der Zentrale auch darüber bewusst, wie gravierend das Problem ist.

"Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Situation zu verbessern", sagte ein Sprecher der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Trotzdem müssen wir uns eingestehen, unser Produktversprechen nicht eingehalten zu haben."

Wetter, Baustellen, zu wenige Züge

Als Ursache für die Misere werde intern ein "unseliger Mix aus Störfaktoren" genannt, heißt es in dem Bericht weiter. Zwar nennt die Bahn auf ihrer Webseite hauptsächlich einen Grund für die Probleme: das Wetter, genauer die Hitze im Hochsommer. Hinzu kommen allerdings auch strukturelle Probleme - und ein strategisches.

Denn die Bahn leidet nicht nur unter sommerlicher Hitze (oder Schnee im Winter oder Stürmen im Frühjahr oder Herbst), sondern vor allem unter verschärften Marktbedingungen. Dem Konzern macht die billige Fernbus-Konkurrenz zu schaffen, der Marktanteil im Fernverkehr schrumpft seit einigen Jahren deutlich. Auch das Autofahren ist durch gesunkene Spritpreise wieder günstiger geworden.

Zugleich plagen die Bahn zahlreiche Baustellen in ihrem Schienennetz. Für insgesamt 28 Milliarden Euro werden Strecken in den kommenden fünf Jahren renoviert - Verspätungen sind da quasi inklusive. "Die Investitionen verschlechtern die Pünktlichkeit, das schlägt durch auf die Statistik", habe Bahnchef Rüdiger Grube unternehmensintern gewarnt, heißt es in der FAS. Ein weiteres Problem ist die Fernverkehrsflotte: Es gibt zu wenige Züge, auch weil versprochener Nachschub oft erst mit Verzögerung geliefert wird. So agiere der Konzern ständig am Limit, an Freitagen und Sonntagen fahre alles, was irgendwie einsatzbereit ist. "Da haben wir keinen Spielraum mehr", sagte der Sprecher.

Kunden sollen zurückkommen

Dabei will die Bahn doch eigentlich Kunden von Bus und Flieger zurückgewinnen. So verzichtet der Konzern in diesem Jahr weitgehend auf Preiserhöhungen auf der Langstrecke. Bereits im vergangenen Jahr waren lediglich Erste-Klasse-Tickets teurer geworden.

Zudem sollen weiterhin Kunden mit Sparpreis-Angeboten in die Züge gelockt werden. Tickets ab 19 Euro waren im Sommer ein Erfolg und lockten in drei Monaten 600 000 neue Kunden in ICs oder ICEs. Nun soll getestet und geprüft werden, ob eine dauerhafte Einführung solcher Angebote sinnvoll und möglich ist.

Zugleich treibt der Konzern die Vernetzung seiner Züge voran - eigentlich. Zwar können Reisende in der ersten Klasse bereits seit vergangenem Dezember gratis im Internet surfen. In der zweiten Klasse könnte das allerdings ebenfalls länger dauern als geplant. Bahn-Manager hatten zwar mehrmals versprochen, dass der Anschluss im Lauf des Jahres 2016 möglich sein soll. Die neue Fernverkehrschefin Birgit Bohle äußerte sich zuletzt allerdings vorsichtiger: "Wir werden alles daran setzen, es möglichst 2016 noch hinzubekommen - aber nur zu einer guten Qualität."

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