Fahrgastrechte bei der Bahn:Was bei Verspätung hilft

Ärgerlich, wenn sich der Zug verspätet - doch Passagiere können vor und während der Fahrt einiges tun, um zeitnah ans Ziel zu gelangen. Oder wenigstens Geld zurückzubekommen.

Daniela Dau

Wenn Fahrgäste unterwegs von Verspätungen erfahren, ist die Ruhe im Abteil dahin: "Ob der Anschlusszug wohl wartet?", fragen sich viele oder "Kriege ich meinen Flieger noch?" Verspätungen im Zugverkehr lassen sich nicht vermeiden, doch Reisende können schon vor der Fahrt und auch im Zug einiges tun, um doch noch zeitnah ihr Ziel zu erreichen. Und im Nachhinein gibt es in vielen Fällen Geld von der Bahn zurück.

Was Fahrgäste vor Reiseantritt tun können

[] Bewusst buchen

Sollten Sie unterwegs umsteigen müssen, planen Sie diese Zeit von vornherein nicht zu knapp ein. Bei der Online-Buchung kann man unter dem Punkt "Verkehrsmittel" bei "Angaben zur Verbindung" nach Zugverbindungen mit längerer Umsteigzeit suchen, zum Beispiel "mindestens zehn Minuten". Maximal sind 45 Minuten wählbar - ein nützlicher Service für Gehbehinderte und alle, die ganz sicher einen wichtigen Anschluss erwischen müssen. Wer gleich nach Direktverbindungen sucht, geht allen Umsteigerisiken aus dem Weg.

[] Informationen per E-Mail oder im Internet

Vorausschauende Fahrgäste informieren sich schon vor der Abfahrt, ob es pünktlich losgeht: Die Bahn bietet auf ihrer Website aktuelle Informationen über die Pünktlichkeit. Reisende, die ein Benutzerkonto "Meine Bahn" eingerichtet haben und mit dieser Anmeldung eine Fernverkehrs-Fahrkarte kaufen, werden im Störungsfall oder bei einer Verspätung von mehr als zehn Minuten seit kurzem automatisch von der Bahn per E-Mail informiert. Der Service beginnt frühestens zwei Stunden vor der geplanten Abfahrt, doch auch noch kurz bevor der Zug den Bahnhof verlässt, werden Reisende auf dem Laufenden gehalten. Die E-Mails sollen einen Link enthalten, der dem Fahrgast zudem individuelle Folgen der Verspätung aufzeigt - etwa, dass die Gefahr besteht, seinen Anschlusszug zu verpassen, möglichst gleich mit einer Alternativverbindung. Wer bereits ein "Meine Bahn"-Konto hat oder sich eines einrichtet, wird nun dort gefragt, ob das Informationsangebot genutzt werden soll. Ist das Häkchen gesetzt, kommen die Mails. Im Unterschied zur Bahn-App, die nur dann über Verspätungen informiert, wenn sie aufgerufen wird, bekommen Besitzer von Smartphones oder iPads die Mails unaufgefordert zugeschickt.

[] Die Bahn auf Twitter

Auch auf Twitter beantwortet die Bahn servicerelevante Fragen rund um den Personenverkehr. Passen die Antworten nicht in 140 Zeichen, bekommen die Fragenden passende Links zugeschickt oder der Dialog wird auf den E-Mail-Weg verlegt. Enttäuschte Fahrgäste sollten nicht zu viel erwarten: Das zwölfköpfige Team gibt nur Hilfe zur Selbsthilfe, selbst in kuriosen Fragen. Fahrplan- oder Verspätungsauskünfte gehören eigentlich nicht zu ihren Aufgaben. Doch ein Blick auf die Timeline zeigt: Auch diese Fragen werden gestellt und von Bahn-Twitterern beantwortet. Auf rund 300 Meldungen sollen die Mitarbeiter, die extra Social-Media-Schulungen bekommen haben, täglich reagieren können - vorerst immer von Montag bis Freitag von 6 bis 20 Uhr.

[] Wann ist spät zu spät?

Auf Zugreisen lohnt es in jedem Fall, die Uhr im Auge zu behalten. Bei Verspätungen zwischen 60 und 119 Minuten bekommen Bahnkunden 25 Prozent des Kaufpreises zurück. Beträgt die Verspätung zwei Stunden oder länger, können sie die Hälfte des Preises zurückverlangen. Allerdings haftet die Bahn nicht für Folgeschäden der Verspätung: Wer wegen eines verspäteten Zuges seinen Flug verpasst, geht leer aus. Genauere Informationen zu Fahrgastrechten bei Verspätungen finden Sie auf der Website des Tarifverbandes der Bundeseigenen und Nichtbundeseigenen Eisenbahnen oder beim Fahrgastverband Pro Bahn.

[] Reise abbrechen

Ist schon vor Abfahrt am Bahnsteig absehbar, dass Sie Ihr Ziel mit mehr als 60 Minuten Verspätung erreichen werden, können Sie ganz auf die Fahrt verzichten und den gesamten Ticketpreis zurückverlangen.

Zug verspätet, was nun?

[] Zugbegleiter ansprechen

Ihr Zug hat Verspätung und Ihr Anschlusszug droht, ohne sie abzufahren. Sprechen Sie in diesem Fall frühzeitig den Zugbegleiter an, er kann versuchen, den Anschlusszug aufzuhalten. Je mehr Fahrgäste sich melden, desto größer sind die Chancen. Und wenn Sie sowieso schon beim Zugbegleiter sind: Fragen Sie nach Alternativen, falls das Aufhalten der Anschlussbahn nicht möglich ist.

[] Alternativen nutzen

Eine Verspätung kann auch zum Vorteil werden. So dürfen Reisende ohne Aufschlag auf andere, sogar höherwertige Züge umsteigen, um ihr Ziel zu erreichen - also beispielsweise statt des langsameren IC den ICE nutzen. Entscheidend ist dabei die Dauer der Verspätung. Im Nahverkehr sind 20 Minuten, im Fernverkehr müssen es 60 Minuten Verzögerung sein, erst dann entfällt die Zugbindung, die für viele Fahrkarten gilt. In jedem Fall sollten Sie sich die Verspätung vom Bahnpersonal bestätigen lassen, bevor sie in den anderen Zug umsteigen. Und: Bei günstigen Fahrkarten wie dem Schönes-Wochenende-Ticket ist das Wechseln in andere Züge nicht erlaubt.

[] Klassen wechseln

Der Anschlusszug mit Ihrem reservierten Platz ist weg, nun stehen Sie in einem anderen gut besetzten Zug im Gang. Sie können den Zugbegleiter fragen, ob er sie ohne Aufschlag in der 1. Klasse platziert, ein Anspruch besteht aber nicht. Das bereits bezahlte Reservierungsentgelt bekommen sie in jedem Fall zurück.

[] Taxifahrt oder Hotel

Wenn spätabends der letzte Anschlusszug ohne Sie abgefahren ist, haben Sie - je nach Uhrzeit - mehrere Ansprechpartner. In rund 80 deutschen Bahnhöfen findet man Schalter der "DB Information", die im Zuge der Ent-Anglisierung umbenannten ehemaligen "Service Points". Sie sind bundesweit einheitlich von mindestens 6 Uhr bis 22.15 Uhr geöffnet und an großen Knotenbahnhöfen teilweise rund um die Uhr besetzt. Auf den Bahnhöfen sind außerdem mobile Service-Mitarbeiter unterwegs, zu erkennen an den roten Mützen mit der Aufschrift "Service". Fahrgäste, die das Pech haben, wegen einer Verspätung zwischen 0 und fünf Uhr morgens auf einem Bahnhof hängenzubleiben, bekommen die Kosten für die Weiterfahrt mit Bus oder Taxi zurück, allerdings nur bis zu einem Betrag von 80 Euro. Und auch das Hotel zahlt in diesem Fall die Bahn, sofern ihr die entstandenen Übernachtungskosten "angemessen" erscheinen. Weitere Auskünfte erteilt die Bahn telefonisch unter 01805-996633.

Entschädigung und Beschwerde

[] Formular ausfüllen

Wer Entschädigungsansprüche geltend machen will (siehe Punkt "Wann ist zu spät zu spät?"), muss das sogenannte Fahrgastrechte-Formular ausfüllen. Bei Verspätungen teilen Zugbegleiter das Formular oft schon unterwegs aus. Wenn nicht, können Fahrgäste es auch in Reisezentren und der "DB Information" bekommen oder im Internet herunterladen. Vorausschauende Bahnfahrer haben immer ein Exemplar parat, das sie im Fall des Falles ausfüllen. Vorsicht: Bei Fahrkarten, die weniger als vier Euro kosten, kann man sich die Mühe sparen - sie werden nicht erstattet.

[] Belege einreichen

Kein ausgefülltes Formular ist komplett ohne die Originalfahrkarte, eine Kopie der Fahrkarte oder Zeitkarte und gegebenenfalls weiterer Nachweisbelege, zum Beispiel die Bestätigung der Verspätung durch den Zugbegleiter. Einreichen können Sie das Formular in den Reisezentren der Bahn oder Sie schicken es direkt ans Unternehmen. In jedem Fall muss dies spätestens ein Jahr nach Ablauf der Gültigkeit der Fahrkarte geschehen sein, ansonsten gibt es keine Entschädigung.

[] Beschwerden adressieren

Ihrem Entschädigungsanspruch wurde nicht stattgegeben, Sie fühlen sich unfair behandelt? Dann kann vielleicht die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr helfen, die die außergerichtliche und einvernehmlich Regelung von Streitfragen zwischen Fahrgästen und Verkehrsunternehmen als ihre Kernaufgabe ansieht. Regionale Schlichtungsstellen kümmern sich speziell um Probleme im Nahverkehr, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder in Hessen.

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