Süddeutsche Zeitung

Reise nach Rotterdam:Tanz die Stadt

Der Eurovision Song Contest findet vor allem virtuell statt. Rotterdam nutzt diese Gelegenheit, um sich jung und kreativ zu präsentieren.

Von Evelyn Pschak von Rebay, Rotterdam

Eigentlich hätte der 65. Eurovision Song Contest bereits 2020 in Rotterdam stattfinden sollen. Warum es im vergangenen Jahr dann doch nicht zu einer Großveranstaltung kam, ist hinreichend bekannt. Die Enttäuschung darüber war dennoch groß in dieser wohl internationalsten aller europäischen Metropolen, in der gerade einmal jeder zweite der 640 000 Einwohner gebürtiger Niederländer ist. Menschen aus 170 Nationen wohnen im "Manhattan an der Maas", wie Rotterdam aufgrund dieser gelebten Diversität und Skyline genannt wird. "Wir waren letztes Jahr wirklich traurig, dass der Song-Wettbewerb ausfallen musste", erinnert sich Renske Satijn. "Aber der Geist Rotterdams", so erklärt die Leiterin der Rotterdam Festival-Organisation, "das ist unser Can-do-Spirit."

Nun also der zweite Anlauf: Von 18. bis 22. Mai wird der Song Contest tatsächlich vor Publikum stattfinden. Allerdings sind - Stand jetzt - nur jeweils 3500 Zuschauer bei den drei Liveshows und sechs öffentliche Proben in der Ahoy-Arena zugelassen. Kommen werden wohl vor allem niederländische Fans.

Das Land wurde von Deutschland als Hochinzidenzgebiet eingestuft, bei der Rückkehr muss man mindestens fünf Tage in Quarantäne, die Wocheninzidenz lag zuletzt bei etwa 300. Für Einreisende aus Deutschland wird in den Niederlanden auch eine mindestens fünftägige Quarantäne empfohlen, verpflichtend ist sie nicht. Wer mit dem Flugzeug, der Bahn oder dem Bus einreist, braucht einen negativen PCR-Test, falls dieser älter ist als 24 Stunden, auch noch einen frischen Antigentest. Bei der Einreise mit dem Auto ist kein Test vorgeschrieben.

Aber die Organisatoren haben sich etwas einfallen lassen, um die Stadt virtuell erlebbar zu machen: "Wenn die Welt nicht nach Rotterdam kommen kann, dann bewegt sich Rotterdam eben in die Welt", sagt Renske Satijn. Eine der städtischen Online-Kampagnen ist #Swingalong. Über den digitalen Tanzwettbewerb laden die Festivalmacher auf sozialen Netzwerken dazu ein, kleine Tanzclips einzusenden, die anschließend auf die Hochhausfassade des World Port Center geworfen werden, also in direkter Nachbarschaft zu Rotterdams ikonischer Erasmusbrücke und dem New York Hotel im ehemaligen Hauptgebäude der Holland-Amerika-Linie, direkt an der Nieuwe Maas.

Außerdem hat Renske Satijn die Netzversion des EuroVillage auf den Weg gebracht: Hier flanieren Online-Besucher auf einer virtuellen, dreidimensionalen Stadtsimulation durch Rotterdam, besuchen die Highlights der Stadt, etwa den Euromast, die Kubushäuser und die Markthalle des bekannten Rotterdamer Architekturbüros MVRDV. Oder sie erhalten Einblick hinter die Kulissen der Ahoy-Arena und erleben die Eurovisionskünstler in Livestreams. "Es ist eine Premiere", sagt Satijn, "die erste Online-Eurovision-Ausgabe." Auf eine Million Besucher hoffen die Organisatoren, "vielleicht sogar mehr".

Für Roel Dusseldorp, Geschäftsführer des Hotels New York und Vorsitzender des Hotelverbands der Stadt, fühlt sich das nach Aufbruch an: "Die Hotels hatten sehr zu kämpfen. Wir hoffen, dass der Eurovision Song Contest einen Neuanfang bedeutet." In seinem Hotel hat man sich eine 3-D-Dinner-Show einfallen lassen: Auf die Tische der anwesenden Gäste wurden nicht anwesende Schauspieler projiziert. Hotels sind in den Niederlanden geöffnet, Restaurants und Cafés dürfen derzeit nur im Außenbereich Gäste empfangen, zwischen 12 und 18 Uhr. Kinos, Theater und Museen sind geschlossen. Wem das alles zu kompliziert ist, wie heißt es bei der #Swingalong-Kampagne so schön: "Tanze jetzt, besuche später!"

www.swingalong.eu, eurovisionvillage.com, en.rotterdam.info/about-rotterdam

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