Süddeutsche Zeitung

Erstes nordkoreanisches Restaurant in Europa:Bedienungen von Kims Gnaden

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Idyllische Landschaften an den Wänden, bunte Vielfalt auf den Tellern: Zwei Niederländer haben in Amsterdam das Restaurant "Pjöngjang" eröffnet. Köche und Bedienungen aber wählte die Regierung von Nordkorea aus.

Im traditionellen glockenförmigen Gewand und mit scheuem Lächeln begrüßt Miss So die Gäste des "Pjöngjang". Das kürzlich eröffnete Restaurant in einem ruhigen Vorort von Amsterdam ist den Besitzern zufolge das erste nordkoreanische Lokal überhaupt in Europa.

Im Inneren empfangen Abbildungen von furchtlosen nordkoreanischen Jägern und Soldaten die Besucher, ergänzt durch Porträts naiv wirkender junger Mädchen. Sie alle huldigen der Führung von Staatschef Kim Jong Un, der den kommunistischen Staat weiter hermetisch von der Außenwelt abriegelt.

"Pjöngjang"-Mitinhaber Remco van Daal betont, mit der nordkoreanischen Führung oder der Politik des Landes habe sein Restaurant überhaupt nichts zu tun: "Über Nordkorea kann man denken, was man möchte - wir wollen den Gästen nur helfen, das Land und seine Leute zu entdecken."

An einer der Wände ist eine Karaoke-Maschine installiert: Nachdem Miss So und zwei Kellnerinnen den Gästen vier von neun Gängen ihres Menüs serviert haben, greifen die drei Frauen dort für eine Gesangseinlage zu den Mikrofonen. In ihrem ersten Lied geht es um den Kumgangsan, den Diamantenberg, eines der Nationalsymbole Nordkoreas.

"Wir wollen ein Fenster sein zu einem Land, das kaum bekannt ist", sagt Van Daal, in der Hand eine Tasse mit nordkoreanischem Grüntee, am Jackett einen Anstecker, der an den verstorbenen nordkoreanischen Herrscher Kim Jong Il erinnert. Van Daal berichtet, er habe die Gelegenheit zu einer Reise nach Nordkorea gehabt und seither "stets versucht, Dinge über das Land zu lernen, die sonst keiner weiß".

Angestellte von der nordkoreanischen Regierung ausgewählt

Das Amsterdamer "Pjöngjang" ist nach einer ähnlichen Restaurantkette in Asien benannt, die mit der nordkoreanischen Führung in Verbindung gebracht und diverser Aktivitäten zu deren Unterstützung verdächtigt wird, darunter auch Geldwäsche. Das niederländische "Pjöngjang" jedoch sei eine "rein private Initiative", sagt Van Daal. Mutmaßungen, das Lokal könne ein Propaganda-Instrument der nordkoreanischen Regierung sein, weist er weit von sich: "Wir sind vollkommen unabhängig." Der Restaurantbesitzer berichtet allerdings, dass "der in der Schweiz ansässige nordkoreanische Botschafter, der auch für die Niederlande zuständig ist, bei unserer feierlichen Eröffnung im Februar anwesend war". Dies sei aber "reines Interesse an unserer Arbeit" gewesen.

Das Geld für das Restaurant hat nach Van Daals Angaben Mitbetreiber Remco Hellingman bereitgestellt, Besitzer eines Hotels in der Nachbarschaft. In Hellingmans Hotel ist auch das Personal des "Pjöngjang" untergebracht.

Die neun Angestellten des "Pjöngjang" sind allesamt nordkoreanischer Herkunft. Sie kamen Ende vergangenen Jahres in die Niederlande - und mit ihnen trafen 72 Kilogramm Gemälde, Bücher und Küchenutensilien aus ihrer Heimat ein. Das Team - vier Kellnerinnen, drei Köche, ein Übersetzer und Teamchefin Han Myong Hui - wurde von der nordkoreanischen Regierung ausgewählt und im "Pjöngjang"-Restaurant in der chinesischen Hauptstadt Peking ausgebildet.

Nach einer Reihe nordkoreanischer Lieder wendet sich Miss So wieder der Bedienung ihrer Gäste zu: Das Neun-Gang-Menü für 79 Euro pro Person umfasst neben gebratenen Austern auch "schwarze Hühnersuppe" und Kimchi, fermentierte Stücke von Chinakohl, Rettich oder Zwiebeln. Außerdem gibt es ein kleines traditionelles nordkoreanisches Barbecue. "Nordkoreanisches Essen ist gar nicht so viel anders als südkoreanisches Essen", sagt Van Daal: "Wussten Sie übrigens, dass Sushi aus Nordkorea kommt?"

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Maude Brulard/AFP
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