Reiserecht bei Erdbeben:Was Santorin-Reisende jetzt wissen sollten

Lesezeit: 3 Min.

Zahlreiche Beben haben die griechische Insel Santorin erschüttert – die Angst vor weiteren ist groß (Archivbild). (Foto: Philipp Laage/dpa-tmn)

Bereits ein Drittel der Einheimischen hat die griechische Insel angesichts fortdauernder Beben inzwischen verlassen. Derzeit ist Nebensaison – doch auch Urlaubern, die in nächster Zeit reisen wollen, stellen sich Fragen. Die wichtigsten Antworten.

Von Eva Dignös und Irene Helmes

Die Nachrichten klingen beunruhigend: Seit Tagen bebt es in der Gegend um die griechische Insel Santorin, regelmäßig und zunehmend intensiver. Zwar hat dies noch zu keinen größeren bekannten Schäden geführt, doch die Sorge ist groß. Am Dienstagmorgen hieß es, etwa ein Drittel der circa 16 000 Einheimischen hätten die Insel inzwischen verlassen.

In der Nacht wurden wieder Beben gemessen, das stärkste lag bei 4,9, Live-Karten zeigen fortdauernde Erschütterungen. Angesichts der Nebensaison befinden sich vergleichsweise wenige internationale Gäste am Ort, viele haben jedoch für die nächste Zeit ihren Urlaub bereits gebucht. Was wird derzeit geraten? Sind Reisen auf die Insel jetzt riskant? Und könnte man sie kostenlos stornieren?

Wie schätzen Experten die Lage aktuell ein?

Das Auswärtige Amt (AA) hat am 3. Februar seine Reisehinweise für die Region um Empfehlungen des griechischen Katastrophenschutzes aktualisiert. Die Stärke der Beben lag demnach bisher zwischen 3 und 4,9, und die Beben wurden tendenziell intensiver. Beben dieser Größenordnung sind in der Gegend nicht ungewöhnlich, aufgrund ihrer hohen Frequenz seit dem Beginn am 24. Januar gehen griechische Seismologen allerdings davon aus, dass das Hauptbeben erst noch kommt. „Noch nie haben wir ein Phänomen so vieler Erdbeben binnen so kurzer Zeit registriert“, so die Geologin Evi Nomikou im Nachrichtensender Skai.

Menschen am Ort sollen sich laut Auswärtigem Amt demnach von Küstenregionen fernhalten, an denen Erdrutschgefahr besteht. Generell sollten Küstengebiete sofort verlassen werden, da die Beben unter Wasser das Risiko von Überschwemmungen mit sich bringen. Von Anfahrten und Aufenthalten in den Häfen von Ammoudi, Armeni, Korfu und dem alten Hafen von Fira rät das Auswärtige Amt explizit ab. Außerdem wird dazu geraten, Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen zu vermeiden.

Wie sollen sich die Menschen auf der Insel schützen?

Das Auswärtige Amt rät Deutschen vor Ort wie immer in solchen Fällen zum Eintrag in die Krisenvorsorgeliste. Außerdem sollten Menschen in der Gegend die Funktion Cell Broadcast auf ihren Mobiltelefonen aktivieren. Über diese Technik werden Warnhinweise und mögliche Evakuierungsmaßnahmen der griechischen Behörden auch in englischer Sprache übertragen.

Für iPhones findet sich diese Einstellung unter „Mitteilungen“ ganz unten im Menü unter dem Titel „Cell-Broadcast-Warnungen“, dort können zur Sicherheit alle angebotenen Punkte aktiviert werden.Bei Android-Geräten befindet sich die Option unter anderem unter dem Menüpunkt „Benachrichtigungen“, je nach Hersteller aber auch anderswo, zum Beispiel als „Notfallbenachrichtigungen an Mobilgeräte“.

(Foto: SZ-Grafik)

Menschen, die auf der Insel sind, sollten sich laut Auswärtigem Amt außerdem mit Verhaltenshinweisen bei Erdbeben und Tsunamis vertraut machen, etwa über die Merkblätter des Helmholtz-Zentrums.

Ist es derzeit möglich, die Insel zu verlassen?

Im Laufe des Montags waren örtlichen Medien zufolge alle Fähren sowie jeder der 15 Flüge von der Insel weg ausgebucht. Eine griechische Airline wollte demnach auch am Dienstag zwei Sonderflüge einsetzen, auch Reedereien senden extra Schiffe. Einheiten des griechischen Katastrophenschutzes sind am Ort, in der Hauptstadt Athen finden Krisentreffen der zuständigen Ministerien und Wissenschaftler statt.

Flüchtende besteigen am 3. Februar in Santorin eine Fähre, die sie zum Athener Hafen Piräus bringt. Zusätzlich zu regulären Schiffen wie diesem stellen Reedereien derzeit extra Schiffe bereit. (Foto: Petros Giannakouris/AP/dpa)

Können Urlauber ihren Aufenthalt ohne extra Kosten abbrechen?

Da die Reiseveranstalter die Saison auf Santorin erst im Frühjahr starten, sind derzeit wohl kaum Pauschalreisende betroffen. Wer schon gebucht hat, kann seinen Vertrag jedoch unter bestimmten Umständen kostenlos stornieren, wenn nämlich akute Gefahren drohen oder der Ablauf der Reise „erheblich“ beeinträchtigt ist. Ist man bereits unterwegs, muss der Veranstalter unter solchen Umständen den Rücktransport organisieren und das Geld für die nicht genutzten Leistungen zurückzahlen. Entscheidend ist allerdings das Stichwort „erheblich“: Ein Gefühl der Angst und Unsicherheit genügt nicht als Rücktrittsgrund. Es muss objektive Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung geben, beispielsweise eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts oder Sperrungen direkt am Urlaubsort.

Welche Rechte haben Reisende, wenn Flüge ausfallen?

Wird ein Flug wegen eines Erdbebens annulliert, muss die Airline den Ticketpreis erstatten oder den Passagier kostenlos umbuchen. Ein Anrecht auf eine zusätzliche Ausgleichszahlung besteht allerdings nicht, weil die Fluggesellschaft nicht für die Umstände verantwortlich gemacht werden kann.

Was, wenn eine Reise nach Santorin für die nächste Zeit bereits gebucht ist?

Individualtouristen, die ihr Quartier direkt buchen, haben nicht die rechtliche Absicherung von Pauschalreisen. Sie müssten also versuchen, sich persönlich mit ihren Vermietern zu einigen, wenn sie ihren Aufenthalt abbrechen oder gar nicht erst anreisen wollen.

Wie sich die Lage in den kommenden Tagen und Wochen entwickelt, ist nicht absehbar. Auch bei Pauschalangeboten gilt jedoch: Um kostenlos von einer Reise zurücktreten zu können, muss es eine begründete Prognose geben, dass der Urlaub nicht wie gebucht stattfinden kann. Bei einer Reise in einigen Wochen oder Monaten ist das kaum möglich: Wer jetzt absagt, muss deshalb mit Stornokosten rechnen, auch bei Pauschalangeboten.

Reiserechtler Paul Degott rät derzeit allen, die eine Reise nach Santorini für einen späteren Zeitpunkt gebucht haben, zu Geduld: „Die Reisenden, welche eine Reise nach Santorin gebucht haben, sollten zunächst einmal abwarten, wie die Dinge sich entwickeln.“ Seine Empfehlung: Kontakt zum Reiseanbieter aufnehmen und sich informiert halten lassen. Und sich dann erst entscheiden, ob man den Rücktritt vom Vertrag erklärt oder nicht.Mit Material von dpa

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