Entwicklung der Ticketpreise:Teurer Flug

Derzeit bezahlen Passagiere oft mehr als früher. Doch langfristig werden die Ticketpreise weiter sinken, weil der Konkurrenzdruck unter den Luftfahrtkonzernen hoch bleibt.

Jens Flottau

In der Luftfahrt spielen sich wunderliche Dinge ab und die vielen Billigangebote sollten nicht darüber hinwegtäuschen: Seit 2003 haben die Fluggesellschaften die Preise fleißig erhöht und durften zu ihrer größten Freude feststellen, dass die Nachfrage nach Flugreisen dennoch immer weiter gestiegen ist.

Easy Jet

Junge Billigflieger wie Easyjet machen den etabilierten Fluggesellschaften zu schaffen.

(Foto: Foto: AP)

Noch nie sind so viele Menschen geflogen wie derzeit, und auf vielen Strecken, auf denen nicht gerade die für etablierte Fluglinien unangenehmen Billig-Konkurrenten kreuzen, müssen die Passagiere mehr bezahlen als früher. "Was ist mit der Elastizität der Nachfrage passiert?", fragte sich Chris Avery, Analyst der amerikanischen Investmentbank JP Morgan, schon vor Monaten in einer Studie.

Wunderlich ist die Entwicklung deshalb, weil die Preise fürs Fliegen historisch betrachtet immer gesunken sind. So kostete 1953 ein Flug von Düsseldorf nach New York 3586 Mark, so viel wie ein VW-Käfer damals. Heute gibt es die Strecke schon zu Preisen ab etwa 350 Euro. In der Folge mussten die Fluggesellschaften bis auf wenige, durch Sondereffekte bedingte Ausnahmen damit auskommen, dass ihr Umsatz pro verkauftem Sitzkilometer, der sogenannte Yield, sinkt.

"Historische Vergleiche zeigen, dass die Luftverkehrsindustrie langfristig immer sinkende Yields hatte, unterbrochen von wenigen Jahren, in denen die Preise stiegen", erläutert Avery. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Bessere Technologie und effizientere Flugzeuge, Überkapazitäten, auf möglichst große Marktanteile ausgerichtete Strategien, aber auch Effizienzgewinne, die die Fluglinien wegen des großen Wettbewerbs teilweise an ihre Kunden durchreichen müssen.

Hohe Fixkosten

Es spricht alles dafür, dass es bei der ehernen Regel bleibt und die Passagiere im Durchschnitt wieder weniger für ihre Tickets zahlen müssen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Mittlerweile mehren sich die Anzeichen dafür, dass sie Elastizität der Nachfrage doch wieder zu begreifen beginnt - höhere Preise also die Nachfrage dämpfen. Sollte sich die wirtschaftliche Entwicklung tatsächlich verlangsamen, würde dies voraussichtlich zu weiteren Überkapazitäten und somit niedrigeren Preisen führen. Strukturell hat der Luftverkehr das Problem, dass der Anteil der Fixkosten enorm hoch ist. Einmal angeschafft, müssen die Flugzeuge möglichst viel fliegen, um die Investitionen wieder hereinzuholen.

Viele Fluglinien neigen in dieser Lage dazu, manche Strecken zu bedienen, auch wenn sie fast nichts verdienen, Hauptsache, sie bringen noch ein wenig Cash. Auch die Konsolidierung - in Deutschland durch die Übernahmen der Air Berlin und durch die mögliche Fusion von TUIfly und Germanwings besonders deutlich spürbar - dürfte an dem generellen Trend wenig ändern: "So schnell kann die Konsolidierung in Europa gar nicht stattfinden, dass die Wettbewerbsintensität in Europa in den nächsten drei bis fünf Jahren abnimmt", sagt Ralf Teckentrup, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) sowie Chef des Ferienfliegers Condor. "Es ist ziemlich schwer, höhere Yields zu erwarten", sagt Fernando Pinto, Vorstandschef von TAP Portugal und Präsident des Branchenverbandes International Air Transport Association (IATA). "Der Trend geht in die andere Richtung."

Zuschläge für Kerosin

Die Preissteigerungen der vergangenen vier Jahre sind vermutlich deswegen durchsetzbar gewesen, weil sie klar begründet waren. Weil der Ölpreis von einst gut 20 auf derzeit rund 100 Dollar gestiegen ist und sich damit auch die Preise für Flugbenzin drastisch erhöht haben, haben die Fluglinien sogenannte Treibstoffzuschläge eingeführt. Bei Langstreckenflugzeugen liegen sie bei rund 80 Euro pro Strecke. Sie machen deswegen mitunter mittlerweile einen signifikanten Teil des Ticketpreises aus, werden aber von den Kunden offenbar eher akzeptiert, weil diese Verständnis für das Problem aufbrachten.

Zumal sie es auch zu Hause an der Heizkostenabrechnung jederzeit selbst erleben müssen. Bei der Lufthansa sind in den ersten neun Monaten des vergangenen Geschäftsjahres die Preise währungsbereinigt deswegen gegen den langjährigen Trend um 0,6 Prozent gestiegen. Die positive Entwicklung hat sich damit allerdings schon merklich abgeschwächt, denn im Jahr 2006 waren es sogar 5,2 Prozent.

Die Treibstoffzuschläge haben allerdings für die Fluglinien einen großen Haken. ,,Sie waren schlicht und einfach ein anderer Name für Preiserhöhungen'', sagt JP Morgan-Analyst Avery. Um diese durchzusetzen, haben sie die Unternehmen, angeführt vom europäischen Branchenprimus Air France-KLM, erstmals real an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt. Durch einen Mechanismus verpflichtet sich Air France-KLM, die Preise wieder zu senken, wenn auch der Treibstoff über einen längeren Zeitraum günstiger wird.

Sollte bei einem wirtschaftlichen Abschwung die Nachfrage nach Kerosin sinken und damit auch der Preis des Flugbenzins, so würden die Fluglinien zwar entlastet, sie müssten aber auch die Ticketpreise senken, wenn sie nicht riskieren wollen, unglaubwürdig zu werden. "Wir erwarten, dass die Umsätze der Fluggesellschaften stärker zurückgehen, als sie selbst erwarten", so Avery.

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