Ende der Reise:Unterwegs mit Tieren

Zwar wurde der Mensch vor vielen tausend Jahren sesshaft. Doch das Nomadische ist noch in uns drin. Nicht nur das: Auch das Hirten-Gen können wir nicht leugnen.

Von Hans Gasser

Der Mensch ist ein Nomade. Auch wenn die meisten von uns diese Lebensweise schon vor vielen Tausend Jahren aufgegeben haben, um sich beim Ackerbau Bandscheibenvorfälle zu holen, so blieb der Wandertrieb doch irgendwie genetisch verankert.

Das kann man jetzt wieder gut beobachten, wenn sich Millionen auf den Weg machen, um die sogenannte schönste Zeit des Jahres am Meer, im Gebirge oder im Stau auf der Autobahn zu verbringen, egal wo, Hauptsache nicht zu Hause. Das ist so verständlich wie bekannt. Bei vielen Menschen kommt aber zur nomadischen auch noch die ebenso evolutionär bedingte Hirten-Veranlagung zum Tragen. Wir sind einfach gerne mit Tieren unterwegs. Und damit ist nicht das zufällige und oft konfliktreiche Zusammentreffen mit Kuhherden auf der Alm oder Mückenschwärmen an ökologisch wertvollen Badeseen gemeint.

Nein, es ist ein Wandern mit Viechern, bei denen wir die Kontrolle behalten. Die Tourismusindustrie hat das längst erkannt und bietet uns immer neue tierische Partner für unser halbnomadisches Hirtendasein an. Am längsten gedient hat natürlich das Lama. Dieses entgegen seinem Ruf als spuckende Bestie völlig friedfertige Tier eignet sich offenbar so gut zum gemeinsamen Wandern, dass gefühlt jeder zweite Bauernhof in den Alpen Lamatrekking anbietet. Dabei führen Erwachsene und vor allem Kinder die Anden-Kamele am Strick über schmale Pfade. Eigentlich sind es die Lamas, die die Touristen führen, aber das schmälert das Erlebnis nicht.

Beliebt sind auch Esel- und Ziegenwanderungen, so kann man etwa mit thüringischen Waldziegen durch die Sächsische Schweiz streifen oder mit Eseln auf sieben verschiedenen Touren durch Oberbayern gehen. Für etwas mehr Nervenkitzel gibt es jetzt ein Angebot aus Liechtenstein: Dort kann man in Malbun mit einem Steinadler wandern, den allerdings nicht der zahlende Gast, sondern der Falkner durch die Gegend trägt und immer mal wieder in die Luft fliegen lässt. Kostenpunkt: 134 Franken.

Aber wenn es um Tierliebe geht, was sind da schon ein paar Euro mehr. Bei Airbnb, wo man nicht nur Wohnungen, sondern auch "Erlebnisse" buchen kann, ist eine der gefragtesten Aktivitäten, einen "Dogwalker" durch den Grunewald zu begleiten: Der führt 15 Hunde Gassi, wofür er von deren Besitzern bezahlt wird. Er nimmt auf jeden Auslauf zwei Hundebegeisterte mit, die ihn auch dafür bezahlen, um mit dem Rudel Gassi gehen zu dürfen. Eine klassische Win-Viech-Situation!

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