Ende der Reise:Stetes Körnchen

Jeder Erwachsene schleppt bei einem Badeurlaub 30 Gramm Sand vom Strand weg. Was man damit alles anfangen könnte, würde man ihn nicht abwaschen!

Von Stefan Fischer

Wir Urlauber haben ein zwiespältiges Verhältnis zum Sand. Der Bade- ist ja vor allem ein Strandurlaub. Denn im Meer ist es zu kalt, es gibt Quallen und Algen. Da bleiben wir lieber am Ufer, schwimmen können wir auch im Hotelpool. Wenn wir aber den ganzen Tag am Strand liegen, dann soll der bitte schön aus weichem Sand sein, nicht aus Kieseln und Felsen. Wir sind hier schließlich nicht bei einem Fakirkurs.

Aber der Sand! So wohlig wir uns auf ihn betten: Überall rieselt er hin. Zwischen die Seiten unserer Klatschzeitschriften und Regionalkrimis, zwischen die Zehen, in die Badehose respektive den Bikini. 30 Gramm Sand schleppt ein jeder von uns während seines Urlaubs weg vom Strand - jeden Tag. Ein durchschnittlicher Badestrand auf Mallorca, das hat nun ein Online-Bewertungsportal freundlicherweise errechnet, verliert so in der Hauptsaison 27 Tonnen Sand. In hinterhältig kleinen Portionen lässt er sich davontragen von uns Wirtstieren. Dabei reibt er und kratzt und knirscht. Wir fegen und duschen und schütteln dagegen an. Jeder Erfolg ist aber bloß ein Sieg auf Zeit.

Wären wir allerdings nicht so verweichlicht, die Welt wäre längst eine bessere für uns: Aller Sand Mallorcas und der Kanaren wäre mittlerweile nämlich in Deutschland. Hier ein paar Körner im Profil der Badelatschen, da eine Handvoll im Strandtuch, in den Taschen der Bermudashorts, in den Haaren - in gemeinschaftlicher Arbeit hätten wir über die Jahrzehnte unsere liebsten Urlaubsziele in die Heimat verfrachtet. Zollfrei.

Die nervenraubende, obendrein ökologisch bedenkliche Fliegerei entfiele. Wir müssten auch nicht mehr so tun, als interessierten wir uns für fremde Kulturen, wenn wir doch bloß im Sand faulenzen wollen. Der läge vor der Haustür, also im Garten oder auf dem Balkon. Wir müssten ihn noch nicht einmal an Nord- und Ostsee zusammentragen. Das Meer, wie gesagt, wird überschätzt. Und heiß genug ist es in Deutschland aufgrund der Klimaerwärmung auch bereits. Aber uns fehlt es eben an der notwendigen Schwarmintelligenz.

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