"Er muss auch einmal ein bissl brav sein." Mit diesen Worten verabschiedete der Kaiser, alias Robert Palfrader, in der ORF-Fernsehsendung "Wir sind Kaiser!" stets seine Gäste. Wer sich derzeit mit den Einlassungen des realen - von Volkes Gnaden - österreichischen Regenten zum Sommerurlaub 2020 befasst, der muss unweigerlich an diesen gutsherrenhaften Satz denken.
Sebastian Kurz sagte, er könne sich durchaus Urlaub von Ausländern in seinem Land vorstellen: "Wir sind hier insbesondere in Kontakt mit Deutschland und Tschechien." Denn diese Länder seien "ähnlich erfolgreich wie wir". Klar, die Braven, die ihre Corona-Hausaufgaben fehlerfrei erledigt haben, dürfen dann wieder an den Wörthersee und ins Zillertal. Und weil Urlaub im Ausland derzeit noch höher gehandelt wird als Gold, dürfen andere brave Nationen, die zufällig auch ziemlich vom Tourismus abhängig sind, jetzt natürlich nicht hintanstehen, wenn es um die generöse Offerte eines Urlaubs in ihrem Land geht.
So tat sich auch der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenković mit Äußerungen hervor, er habe mit anderen Regierungschefs gesprochen, darunter Tschechien, Österreich und Deutschland, um ein Modell für den Sommerurlaub 2020 zu finden. In Tschechien, das sein eigenes Land ein Jahr lang abriegeln will für Ausländer, stellt man sich das so vor: Die Tschechen sollen in einer Art Cordon sanitaire durch die Nachbarländer bis an die kroatischen Strände fahren dürfen. Das erinnert jetzt weniger an die Kaiserzeit, als mehr an den Kommunismus, wo Urlauber so planwirtschaftlich verschoben wurden wie Kartoffelernten.
Gute Idee! Jetzt muss nur noch die EU-Kommissionspräsidentin einen Fünf-Monats-Plan erarbeiten lassen, wer wann wohin darf: Die wenig infizierten Österreicher dürfen höchstwahrscheinlich ans türkisfarbene Wasser von Cres und Krk, während die stärker infizierten Nationen leider an den Wörthersee oder gar nach Ischgl (im Sommer!) müssen. Die Bayern mit ihren hohen Fallzahlen werden zu Urlaub an der deutschen Ostsee verdonnert, während die Mecklenburger eventuell sogar an die kroatische Adria dürfen. Eine Art touristischer Länderausgleich, bei dem jeder bekommt, was er verdient, aber immerhin nicht zu Hause bleiben muss. Aber nur, solange er auch ein bissl brav bleibt.
Diese Glosse ist zuerst am 30. April 2020 in der SZ erschienen.