Ende der Reise:Null Sterne

Die Schweizer gehen den Weg zum wahren Luxus steinbockschädelig. Nun gibt es ein Hotelbett, das im Freien steht. Die Nacht dort kostet 230 Euro.

Von Hans Gasser

Die Schweizer wieder! Hut ab! Sie gehen ihren Weg, unbeirrt, man könnte fast sagen: steinbockschädelig. Man weiß ja, dass der Tourismus seit der Frankenaufwertung im zügigen Abstieg begriffen ist. Besonders die preissensiblen Deutschen, jahrzehntelang die wichtigste ausländische Gästegruppe, fahren lieber nach Österreich oder Südtirol, wo sie für deutlich weniger Geld deutlich besser ausgestattete Hotels bekommen.

Jetzt könnte man sich natürlich überlegen, wie gute und gleichzeitig bezahlbare Drei- bis Viersterne-Unterkünfte hinzubekommen wären. Geht nicht, sagen sie kategorisch in der Schweiz, Lohnniveau zu hoch. Und stattdessen bieten sie nun ein "Null-Stern-Hotelbett" an, auf einer Alm in Graubünden, im wirklich schönen Safiental. Das Bett sieht aus wie ein richtig gutes, modernes Hotelbett, hat aber kein Dach, keine Toilette (zehn Minuten Fußweg entfernt) und natürlich keine Privatsphäre. Fuchs, Gämse und Milchkuh können unangekündigt vorbeischauen. Morgens kommt jemand und bringt einem das Frühstück. Falls es zu regnen beginnt, steht nebenan ein Stall mit einer "rudimentären Schlafgelegenheit". Und jetzt kommt's: Die Übernachtung kostet die Kleinigkeit von 250 Franken (230 Euro). Und zudem: Nach Angaben der Safientaler Tourismuswerbenden ist es bis Ende August fast durchgehend gebucht.

Ok. Vielleicht sind wir da falsch gewickelt. Klar, es ist eine schöne Werbeaktion, gleichzeitig auch noch Kunst, weil das Bett Teil eines Land-Art-Projektes ist, das sich über das ganze Tal verbreitet. Aber who the hell bezahlt eine solche Summe für etwas, was er mit Schlafsack und Isomatte auch für, genau, null Euro haben könnte? Aber gut, es gibt auch Menschen, die viel Geld dafür bezahlen, dass man ihnen im Urlaub ihr Smartphone wegschließt, damit sie digital entgiften können.

Am Ende ist der Satz eines Marketingprofis, der Designhotels verkauft, wohl die Wahrheit der Stunde: "Der größte Luxus ist die Abwesenheit von Luxus." Bravo Schweiz, weiter so!

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